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Viszeral- und Allgemeinchirurgie
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Publiziert am: 11.02.2022

Hereditäres medulläres Schilddrüsenkarzinom

Verfasst von: Frank Weber, Andreas Machens und Henning Dralle
Etwa 20–30 % aller medullären Schilddrüsenkarzinome (MTC) sind hereditären Ursprungs, verursacht durch eine aktivierende Keimbahnmutation im RET-Protoonkogen. Diese Mutation verursacht ein komplexes Tumorsyndrom, die multiple endokrine NeoplasieTyp 2, bei der verschiedene endokrine Erkrankungen syndromal auftreten. Es wird zwischen einer MEN2A und einer MEN2B unterschieden. Gemeinsam ist allen Formen, dass es zur Ausbildung eines MTC kommt. Durch die Identifizierung und Dokumentation betroffener Familien in Registern lässt sich eine Genotyp-Phänotyp-Korrelation bezüglich Genabschnitt (Codon) des RET-Protoonkogens und Entstehungszeitpunkt des MTC und der MEN2-assoziierten Erkrankungen beschreiben.
Die Genotyp-basierte, altersabhängige Progression der hereditären C-Zell-Erkrankung erlaubt die risikostratifizierte Planung der Operation. Aufgrund der hohen Rate an De-novo-Mutationen ist die klinische Früherkennung der hereditären C-Zell-Erkrankung insbesondere bei Kindern mit einer MEN2B von großer Bedeutung, da sich bei diesem Phänotyp das MTC schon im Säuglingsalter manifestiert. Die beste Therapie für Patienten mit einer hereditären C-Zell-Erkrankung ist die Nebenschilddrüsen schonende, prophylaktische Thyreoidektomie. Genträger mit normalen Kalzitoninspiegeln benötigen keine kompartmentorientierte Lymphadenektomie, weil kein Risiko einer lymphatischen Metastasierung besteht. Bei etwa 7–15 % aller vermeintlichen sporadischen MTC liegt eine Keimbahnmutation im RET-Protoonkogen vor. Klinisch auffällig für das Vorliegen eines hereditären MTC sind junges Alter (<35 Jahre) und ein multifokaler oder bilateraler Tumorbefall sowie der Nachweis einer C-Zell-Hyperplasie. Der Tumormarker Kalzitonin ist ein entscheidendes Diagnostikum für eine frühe Identifizierung eines MTC. Es erlaubt die Stratifizierung der kompartmentorientierten Mikrodissektion bei einem lymphatisch metastasierten MTC. Bei Patienten mit einer hereditären C-Zell-Erkrankung hat sich die Prognose über die letzten Jahrzehnte deutlich verbessert. Die Rate biochemischer Heilungen stieg über alle ATA-Risikogruppen kontinuierlich an und liegt zwischen 78 % und 100 %. Im gleichen Zeitraum ist die Rate der lymphatisch metastasierten MTC auf 0–33 % abgesunken.

Epidemiologie

Etwa 20–30 % aller medullären Schilddrüsenkarzinome (MTC) sind hereditären Ursprungs, verursacht durch eine aktivierende Keimbahnmutation im RET-Protoonkogen. Diese führt zur Ausbildung der hereditären C-Zell-Erkrankung, der multiplen endokrinen Neoplasie Typ 2 (MEN2). Das MTC entwickelt sich aus den C-Zellen der Schilddrüse. Lange Zeit wurde angenommen, dass sich diese Zellen embryologisch aus dem Neuroektoderm ableiten, weshalb das MTC den neuroendokrinen Malignomen zugeordnet wird. Aktuelle Untersuchungen stellen die embryologische Entwicklung infrage und zeigen, dass die C-Zellen entodermalen Ursprungs sind (Johansson et al. 2015).
Für die MEN2 wird eine Prävalenz von 1 auf 30.000–80.000 Einwohner angenommen (Lloyd et al. 2017; Machens et al. 2018b). Die Inzidenz des hereditären MTC liegt bei etwa 1 Fall pro 2 Mio Einwohner und Jahr bei der MEN2A und 1 Fall pro 38 Mio Einwohner und Jahr bei der MEN2B (Lloyd et al. 2017; Machens und Dralle 2019). Es liegt eine ausgeglichene Geschlechterverteilung vor.

Genetik

Der syndromale Zusammenhang verschiedener endokrinen Erkrankungen wurde durch präzise klinische Beobachtung erkannt. Die Assoziation des Phäochromozytoms mit einem Schilddrüsenkarzinom wurde erstmals 1961 von John Sipple beschrieben (Moodley et al. 2018). Zu diesem Zeitpunkt war das Wissen von dem keine 2 Jahre früher durch J. B. Hazard erstmals als eigene Entität charakterisierten MTC noch nicht verbreitet (Machens und Dralle 2015b, 2019; Wells 2018). Der Begriff der multiplen endokrinen Neoplasie Typ 2 wurde 1968 von Steiner, Goodman und Powers in Abgrenzung zum bereits 1954 von Wermer eingeführten Begriff der MEN1 geprägt (Wells 2018). Die Autoren beschreiben den familiären Kontext des MTC, des Hyperparathyreoidismus (HPT) und des Phäochromozytoms. Zwei Jahre früher berichteten Williams und Pollock über zwei Fälle mit dem syndromalen Auftreten von MTC, Phäochromozytom, Ganglioneuromatose des Intestinaltraktes und charakteristischen Stigmata, entsprechend dem, was heute als MEN2B bezeichnet wird (Wells 2018). Wahrscheinlich geht die Erstbeschreibung eines MEN2B-Phänotyps jedoch zurück auf das Jahr 1901. Walter Burk, Student an der Medizinischen Fakultät der Universität Tübingen, beschrieb damals im Rahmen seiner Dissertationsarbeit einen 12-jährigen Patienten von schlanker Gestalt mit knotigen Lippen und einem metastasierenden Amyloidtumor der Schilddrüse (Machens und Dralle 2019).
Durch klinische Identifizierung von mehreren MEN2-Familien begann seit den 1970er-Jahren mithilfe von intensiven molekularen Verknüpfungsstudien die Suche nach dem MEN2-Lokus (Simpson und Kidd 1989). Schließlich gelang es N. E. Simpson und C. G. P Methew Ende der 1980er-Jahre den für die MEN2 verantwortlichen Bereich auf die perizentromere Region des Chromosoms 10 einzugrenzen (D10S5-Lokus) (Simpson und Kidd 1989). In den frühen 1990er-Jahren gelang es schließlich Helen Donis-Keller und Lois M. Mulligan das für die MEN2 verantwortliche Gen RET auf dem langen Arm des Chromosom 10 (10q11.21) zu identifiziert (Moodley et al. 2018).
Das RET (REarranged during Transfection)-Protoonkogen kodiert für eine transmembrane Rezeptor-Tyrosinkinase (Abb. 1) (Mulligan 2018). Sie besteht aus 20 Exons mit 55kb Gensequenz, die für drei Isoformen (RET9, RET43 und RET51) mit 1072, 1106 oder 1114 Aminosäuren codieren. Die pathogenen Sequenzvarianten (Mutationen) im RET-Protoonkogen führen zu einem Austausch jeweils einer Aminosäure, was in einer Veränderung im Bindungsverhalten oder der Kinaseaktivität führt (Mulligan 2018). Betroffen sind hierbei drei funktionelle Domänen, die für Ligandenbindung, Dimerisierung und Komplexbildung des Rezeptors sowie Kinaseaktivität verantwortlich sind (Castinetti et al. 2018; Mulligan 2018; Plaza-Menacho 2018).
Die RET-Tyrosinkinase ist im inaktiven Zustand ein Monomer. Die Aktivierung erfolgt durch Komplexbildung mit einer weiteren RET-Tyrosinkinase und zwei Korezeptoren (Castinetti et al. 2018; Mulligan 2018; Plaza-Menacho 2018). Die verschiedenen Kombinationen des RET-Isoform/Korezeptor/Liganden-Komplexes erklären die unterschiedlichen, gewebsspezifischen Effekte von RET (Plaza-Menacho 2018).
Die gewebsspezifischen Effekte der RET-Mutation werden eindrucksvoll durch das vermeintlich paradoxe Auftreten eines Morbus Hirschsprung (HD) bei etwa 7 % aller Patienten mit einer MEN2A verdeutlicht. Während die phänotypische Ausprägung der MEN2A auf einer durch die Mutation verursachte Funktionssteigerung der Tyrosinkinase in den C-Zellen der Schilddrüse oder chromaffinen Zellen der Nebenniere beruht, wird der HD durch eine fehlerhafte Expression des Rezeptors auf der Zelloberfläche der Neuronen in der Darmwand und somit einem Funktionsverlust des RET-Proteins hervorgerufen (Wells et al. 2015).
Aufgrund der in vitro bestimmbaren, transformierenden Aktivität der verschiedenen Alterationen im RET-Protoonkogen wird zwischen Mutationen mit Krankheitswert und Varianten unklarer Signifikanz unterschieden. Die im Rahmen der MEN2 bisher identifizierten etwa 60 pathogenen Varianten treten in den Exons 5–16 auf und verteilen sich hauptsächlich auf etwa 15 Codons der Exone 8, 10, 11, 13, 14, 15 und 16 (Abb. 1) (Mulligan 2018). In Europa finden sich insbesondere die RET-Mutationen p.V804M (10–20 %), p.C634R (ca. 15 %), p.C634Y (ca. 10 %) und p.M918T (ca. 7 %). Die Allelverteilung ist aufgrund der Größe der Population auch relativ stabil, und manche Mutationen lassen sich bis in das 19. Jahrhundert nachvollziehen (Machens und Dralle 2019). Für die Mutation p.Ser891Ala ließ sich sogar ein Stammbaum bis ins Jahr 1493 zurückverfolgen, der auf den italienischen Ursprung hinweist (Machens und Dralle 2019). Über 90 % der p.Met918Thr entstehen durch De-novo-Mutation, sodass die europäischen Daten auf die Spontanmutationsrate in einer Population hinweisen können. Für seltenere Mutationen lassen sich durch ethnografische Studien und Haplotypanalysen sog. Founder-Mutationen nachweisen (Machens et al. 2018c). Hierbei kommt es zur Ausbreitung einer Mutation durch geografische oder kulturelle Isolation innerhalb einer kleinen Population. So konnte das häufige Auftreten der p.M918V-Mutation (die weniger aggressive Form der MEN2B) in Brasilien auf einen Vorfahren zurückgeführt werden, der um 1600 von Portugal nach Brasilien emigrierte (Machens und Dralle 2019). Darüber hinaus sind seltene Missens-Mutationen sowie Insertionen oder Duplikationen bekannt, die nur bei wenigen Individuen beobachtet wurden. Untersuchungen an kleinen Fallzahlen mit nicht hinreichend großen Kontrollgruppen können dazu führen, dass manche Varianten zunächst zu Unrecht als pathogen klassifiziert werden (Machens et al. 2018b). Als Beispiele sind hier p.S649L, p.Y791F oder p.I852M zu nennen (Lloyd et al. 2017; Machens und Dralle 2019).
Die MEN2 wird in einer autosomal dominanten Form vererbt (Eng 2010). Bei einem heterozygoten Genträger wird daher das mutierte Allel mit einer 50 %igen Wahrscheinlichkeit an die Nachkommen weitergegeben.
Die Identifizierung und Charakterisierung der aktivierenden Mutationen im RET-Protoonkogen haben über die letzten 25 Jahre maßgeblich dazu beigetragen, das Management zu revolutionieren und letztendlich die Prognose von Patienten mit einer MEN2 entscheidend zu verbessern (Moodley et al. 2018). Bei der MEN2A liegt die Rate an De-novo-Mutationen (d. h. das erstmalige Auftreten dieser Keimbahnveränderung in einer Familie) bei etwa 15 % (Lloyd et al. 2017). Somit besteht bei der Mehrzahl der Patienten mit einer MEN2A eine positive Familienanamnese, sodass nach entsprechender genetischer Beratung ein präsymptomatisches Screening möglich ist (Lloyd et al. 2017).
Das präsymptomatische Screening zum Nachweis der Transmission der pathogenen RET-Mutation zusammen mit dem Kalzitonin-basierten Screening zur Identifizierung einer Progression der C-Zell-Hyperplasie erlaubt somit die Identifizierung des günstigsten Zeitpunktes („window of opportunity“) für die prophylaktische und damit kurative Intervention (Abb. 2).

RET-Protoonkogen und Genotyp-Phänotyp-Korrelation

Multiple endokrine Neoplasie Typ 2
Bei der multiplen endokrinen Neoplasie Typ 2 handelt es sich um eine komplexe Tumorerkrankung, bei der verschiedene endokrine Erkrankungen syndromal auftreten (Mulligan 2018). Es wird zwischen einer MEN2A und einer MEN2B unterschieden. Gemeinsam ist allen Formen, dass es zur Ausbildung eines MTC kommt, wobei die Dauer bis zur Manifestation des Malignoms (Penetranz) variabel ist (Tab. 1) (Machens et al. 2018b; Wells 2018).
Tab. 1
Mutationsbasierte Risikogruppen der morphologischen Transformation der hereditären C-Zell-Erkrankung. (Mod. nach Machens et al. 2018b)
RET-Risikokategorie
RET-Codon
Anzahl Patienten
(CCH/MTCN0/MTCN1)
CCH
Alter (Jahre)
MTC N0
Alter (Jahre)
MTC N1
Alter (Jahre)
Höchste
918
39 (1/13/25)
0,5
6,2
16,2
Hoch
634
184 (42/88/38)
4,9
19,0
31,1
Moderat-Hoch (MOD-H)
609, 611,618, 620, 630
144 (49,47,48)
10,7
33,0
41,8
 
609
7 (2/3/2)
5,5
36,0
29,5
 
611
42 (14/17/11)
11,2–23,6
26,5–42,0
49,0–55,3
 
618
53 (14/15/19)
5,0–15,0
8,0–39,7
29,0–53,6
 
620
38 (18/10/10)
5,0–36,5
29,0–40,5
38,0–66,0
 
630
4 (1/2/1)
13,5
48,0
71,0
Niedrig-Moderat (L-MOD)
768, 790, 804, 891
163 (63/55/45)
22,7
44,2
55,2
 
768
10 (4/4/2)
13,5
48,0
71,0
 
790
61 (19/20/22)
20,6–32,0
42,9–54,3
53,4–56,5
 
804
67 (30/22/15)
26,5–35,5
42,9–47,0
51,3–55,5
 
891
25 (10/9/6)
14,4
39,8
62,5
CCH C-Zell-Hyperplasie; MTC N0 MTC ohne Lymphknotenmetastasen; MTC N1 MTC mit Lymphknotenmetastasen; RET „REarranged during Transfection“; MOD-H „moderate high“; L-MOD „low moderate“
Die MEN2A tritt phänotypisch in vier Formen auf (Abb. 1) (Wells et al. 2015). Bei allen Varianten bildet das MTC jedoch die einzig maligne Manifestation. Als klassische MEN2A, bei der sich neben dem MTC das Phäochromozytom und der Hyperparathyreoidismus mit variabler zeitlicher Latenz ausbildet; als MEN2A mit Ausprägung eines kutanen Lichen amyloidosis (CLA); als MEN2A mit Ausbildung eines Morbus Hirschsprung und schließlich die isolierte Ausbildung eines familiären MTC ohne weitere Manifestationen (Wells et al. 2015). Letztere Form wird auch als FMTC („familial medullary thyroid cancer“) bezeichnet (Wells et al. 2015).
Die Mutation in der intrazellulären, katalytischen Domäne der Rezeptor-Tyrosinkinase RET mit einer Substitution der Aminosäure Methionin durch Threonin am Codon p.M918T führt zu einer Veränderung der Phosphorylierungskinetik und einer um das 10-Fache gesteigerten ATP-Bindungs- und Kinaseaktivität (Mulligan 2018). Diese Mutation ist in über 95 % der Fälle verantwortlich für die Ausbildung des MEN2B-Phänotyps (Wells et al. 2015). Das MTC weist eine sehr hohe Penetranz mit früher Manifestation auf. Etwa die Hälfte der Patienten entwickelt ein Phäochromozytom. In seltenen Fällen (ca. 5 %) wurde eine Mutation im Codon 883 (p.A833F) mit dem Auftreten einer weniger aggressiven Form der MEN2B beschrieben (Lloyd et al. 2017; Wells et al. 2015).
Die MEN2B manifestiert sich mit dem MTC und dem Phäochromozytom. Darüber hinaus weisen Patienten mit einer MEN2B immer eine Ganglioneuromatose und charakteristische muskuloskelettale Veränderungen auf (Castinetti et al. 2018). Ein Hyperparathyreoidismus wird bei der MEN2B nicht beobachtet.
Durch die Identifizierung und Dokumentation betroffener Familien in Registern lässt sich eine Genotyp-Phänotyp-Korrelation bezüglich Genabschnitt (Codon) des RET-Protoonkogens und Entstehungszeitpunkt des MTC und Penetranz der MEN2-assoziierten Erkrankungen beschreiben (Abb. 1) (Machens und Dralle 2015b, 2019; Machens et al. 2018b).
Über 95 % der MEN2A-Fälle weisen eine Mutation auf, die zu einer Substitution des Cysteinrestes in den Codons 609, 611, 618 oder 620 des Exons 10 und den Codons 630 oder 634 des Exons 11 führt (Abb. 1) (Lloyd et al. 2017; Machens und Dralle 2019). Diese liegen in der extrazellulären Domäne, welche für die Dimerisierung und konstitutiven Aktivierung der Rezeptor-Tyrosinkinase RET verantwortlich ist (Mulligan 2018).
Während die Penetranz für das Phäochromozytom bei Mutationen in den Codons 609, 611, 618, 620 (Exon 10) bis zu 30 % betragen kann, liegt diese bei den Mutationen in den Codons 631, 634 (Exon 11) deutlich höher. Im jungen Erwachsenenalter hat sich bei einer Mutation im Codon 634 das Phäochromozytom bei etwa 30 % der Genträger bereits manifestiert und lässt sich im Alter >70 Jahre bei 90 % der Patienten nachweisen (Wells et al. 2015). Der HPT manifestiert sich bei Patienten mit einer Mutation in den Codons 609, 611, 618 oder 620 (Exon10) bei bis zu 12 % der Patienten und bei Mutationen im Codon 634 (Exon 11) in etwa 1/3 der Patienten.
Die selteneren Mutationen der extrazellulären Domäne des RET-Protoonkogens wie p.G533C oder der intrazellulären Domäne wie p.E768D, p.L790F, p.V804M oder p.S89A1 zeigen einen indolenten Verlauf mit später Penetranz des MTC als einzige klinische Manifestation (Machens und Dralle 2018b; Mulligan 2018). So konnte für die Mutation p.V804M eine Penetranz des MTC von etwa 50 % in verschiedenen Studien nachgewiesen werden.
In wenigen Fällen wurden für Patienten mit einer Mutation in p.L790F oder p.V804M/L das Auftreten eines Phäochromozytoms beobachtet (Wells et al. 2015). Auch gibt es Berichte über das Auftreten eines HPT bei Patienten mit einer p.V804M/L-Mutation. Es ist daher empfehlenswert, auch bei Patienten einer vermeintlichen FMTC-Variante die Diagnostik bezüglich eines Phäochromozytoms oder HPT in die Vorsorge mit einzubeziehen.
Grundsätzlich gilt, dass sich die Genotyp-Phänotyp-Korrelation für die hereditäre C-Zell-Erkrankung als Schrittmacher des Tumorsyndroms besser vorhersagen lässt, als dies für die anderen endokrinen Manifestationen wie das Phäochromozytom oder den Hyperparathyreoidismus möglich ist. Tatsächlich kann die Penetranz dieser weiteren assoziierten Erkrankungen auch innerhalb einer Familie sehr heterogen sein. Es wird angenommen, dass sog. modifizierende genetische Veränderungen zusammen mit der pathogenen Veränderung im RET-Protoonkogen als sog. Haplotyp zur phänotypischen Präsentation beitragen (Kaczmarek-Rys et al. 2018). Darüber hinaus konnte gezeigt werden, dass Veränderungen im Nukleinsäurecode, die nicht zu einem Austausch einer Aminosäure führen (sog. synonyme Mutationen wie L769L oder S836S) die Penetranz assoziierter Erkrankungen wie das Phäochromozytom oder den Hyperparathyreoidismus beeinflussen können (Kacmarek-Rys et al).
Die American-Thyroid-Association (ATA)-Leitlinien haben die pathogenen Varianten des RET-Protoonkogens basierend auf dem Risiko, ein aggressives MTC auszubilden, eingeteilt (Wells et al. 2015). Die Einteilung hilft bei der Abschätzung des Phänotyps, der Empfehlung zur Thyreoidektomie, dem Beginn des Kalzitoninscreenings und der Diagnostik für assoziierte Manifestationen (Tab. 2). Während für die Höchst- bzw. Hochrisikomutationen im Codon 918 und 634 die Penetranz des MTC relativ sicher vorherbestimmt werden kann und hieraus die Empfehlung zur frühzeitigen prophylaktischen Thyreoidektomie gegeben ist, lässt sich dieser feste zeitliche Rahmen für die Niedrigrisikomutationen nicht exakt vorhersagen (Castinetti et al. 2019; Machens und Dralle 2019). Die aktuelle ATA-Klassifikation hat die ehemaligen Risikogruppen A und B unter der Gruppe MOD zusammengefasst (Wells et al. 2015). Es gibt jedoch klare Hinweise, dass eine weitere Stratifizierung dieser Gruppe für die Risikoabschätzung wichtig ist (Tab. 1) (Machens und Dralle 2019; Machens et al. 2018b). Eine Unterteilung in eine Gruppe „Niedrig-Moderat“ („low moderate“, L-MOD) und „Moderat-Hoch“ („moderate high“, MOD-H) erscheint daher angebracht. So konnte die Progression einer C-Zell-Hyperplasie (CCH) zum MTC in der MOD-H-Gruppe 10 Jahre früher als Patienten der L-MOD beobachtet werden (Tab. 1) (Machens und Dralle 2019). In den Gruppen L-MOD und MOD-H nimmt daher das Kalzitonin-basierte Screening zur Planung des optimalen Zeitpunkts für eine Operation eine wichtige Rolle ein (Tab. 2).
Tab. 2
Empfehlungen zur risikostratifizierten prophylaktischen Thyreoidektomie und Diagnostik auf Phäochromozytom und Hyperparathyreoidismus
Modifizierte ATA-Risikogruppe
RET-Codon
Beginn CTN-Diagnostik
Prophylaktische TTX
Beginn HPT-Diagnostik
Beginn Phäo-Diagnostik
Höchste (HST)
918
Geburt
<12 Monate
 
Ab 5. LJ
Hoch (High)
634, 883
3. LJ
<5 LJ oder CTN-Anstiega
Ab 8. LJ
Ab 8. LJ
Moderat-Hoch (Mod-H)
533, 609, 611, 618, 620, 630, 666, 912
5. LJ
CTN-Anstiega oder ab 5. LJ
Ab 10. LJ
Ab 15. LJ
Niedrig-Moderat (L-Mod)
768, 790, 804, 891
5. LJ
CTN-Anstiega oder ab 10. LJ
Ab 15. LJ
Ab 15. LJ
ATA American Thyroid Association; RET Rearrangend during Transfection; CTN Kalzitonin; HPT Hyperparathyreoidismus; Phäo Phäochromozytom; TTX Thyreoidektomie; LJ Lebensjahr
aÜber den oberen Referenzbereich

Diagnostik

Patienten mit einem klinisch symptomatischen MTC berichten neben dem typischen Befund der zervikalen Schwellung häufig über Durchfälle. Diese sind Folge des erhöhten Plasmakalzitoninspiegels und weisen auf eine fortgeschrittene Erkrankung hin (Tiedje et al. 2015). Tatsächlich ist davon auszugehen, dass bei Patienten mit einem tastbaren Schilddrüsentumor und Durchfällen in über 70 % eine Metastasierung eingetreten ist (Tiedje et al. 2015).
Bei etwa 7–15 % aller vermeintlichen sporadischen MTC liegt eine Keimbahnmutation im RET-Protoonkogen vor (Eng 2010; Wells 2018). Klinisch auffällig für das Vorliegen eines hereditären MTC sind junges Alter (<35 Jahre) und ein multifokaler oder bilateraler Tumorbefall sowie der Nachweis einer C-Zell-Hyperplasie (Eng 1993).
Es wird daher empfohlen, bei jedem diagnostizierten MTC unabhängig vom Alter des Patienten eine humangenetische Abklärung durchzuführen. Die De-novo-Mutationsrate für die MEN2A oder MEN2B liegen bei etwa 15 % oder 75 % (Lloyd et al. 2017). Obwohl somit weniger als 5 % aller MTC-Patienten Indexpatienten einer hereditären C-Zell-Erkrankung sind, die MEN2 in der Familie also noch nicht bekannt ist, sollte bei allen Patienten mit einem MTC eine gründliche Familien- und Eigenanamnese und ein Gentest zum Nachweis bzw. Ausschluss einer Mutation im RET-Protoonkogen erfolgen. Gelegentlich sind auch Manifestationen in der Familie bekannt, deren Relevanz aber bisher nicht erkannt wurde. Dies ist für die Planung und Durchführung der humangenetischen Beratung und Testung wichtig.
Cave
Die Durchführung einer molekulargenetischen Untersuchung erfordert die Einwilligung des Patienten und setzt eine humangenetische Beratung voraus (Eng 1993; Eng 2010; Moog 2018; Robert Koch-Institut 2011).
Zunächst erfolgt die Sequenzanalyse der Exone 8, 10, 11, 13, 14, 15 und 16. Um die Veränderungen der Keimbahn nachzuweisen, muss die Untersuchung an weißen Blutzellen, die aus 2 ml EDTA-Plasma gewonnen wurden, erfolgen. Eine Mutationsanalyse am Tumor erlaubt keine Rückschlüsse auf eine hereditäre Erkrankung, da somatische Mutationen beim MTC nicht selten sind (Wells 2018). Das Ergebnis dieser genetischen Untersuchung sollte in einer unabhängigen Analyse bestätigt werden, um Probenverwechselungen oder Kontaminationen auszuschließen.

Klinische Diagnostik einer hereditären C-Zell-Erkrankung

Die klinische Diagnose einer MEN2 wird durch folgende Kriterien gestellt (Eng 1993):
Klinische Kriterien einer MEN2
  • MEN2A (MIM# 171400): Auftreten von zwei oder mehr MEN2-assoziierten, endokrinen Tumoren (MTC, Phäochromozytom oder Nebenschilddrüsenadenom) bei einem Patienten oder Verwandten ersten Grades
    oder
    FMTC (MIM# 155240): Auftreten von vier oder mehr Fällen eines MTC in einer Familie, ohne Nachweis eines Phäochromozytoms oder eines Nebenschilddrüsenadenoms.
  • MEN2B (MIM# 162300): Frühzeitiges Auftreten eines MTC, charakteristische orale/dentale, muskoloskelettale, ophthalmologische und gastrointestinale Zeichen.
Die Früherkennung einer hereditären Erkrankung ist insbesondere bei Kindern mit einer MEN2B von großer Bedeutung, da sich bei diesem Phänotyp das MTC schon im Säuglingsalter manifestiert.
Aufgrund der hohen De-novo-Mutationsrate kommt der Identifizierung phänotypischer Charakteristika eine besondere Bedeutung zu (Castinetti et al. 2019).
Hierzu zählen die oralen Veränderungen mit vergrößerten, knotig veränderten Lippen und Neuromen an Lippe, Zunge und Mundschleimhäuten (Abb. 3) (Brauckhoff et al. 2008; Castinetti et al. 2019; Wells et al. 2015). Diese Zeichen treten bei über 80 % der Patienten schon im Säuglingsalter auf und können zusammen mit der bei etwa 1/3 der Patienten vorhandenen muskulären Hypotonie dazu führen, dass ein Bruststillen des Säuglings erschwert ist.
Tipp
Ein weiteres wichtiges, aber oft übersehenes Zeichen ist das tränenlose Weinen (Brauckhoff et al. 2008).
Dieses pathognomonische Zeichen tritt bei über 90 % der Säuglinge bereits unmittelbar nach der Geburt auf, wird aber leider oft von den betreuenden Ärzten und Hebammen nicht erkannt, jedoch von den Eltern, die dieses so wichtige Zeichen aber erst im Nachhinein zu deuten verstehen (Redlich et al. 2020).
Weitere phänotypische Manifestationen betreffen muskuloskelettale Charakteristika, die bei 70 % der Patienten auftreten, wie z. B. marfanoider Habitus, Wachstumsverzögerung oder Skoliose, die sich bereits ab dem Kindesalter manifestieren (Wells et al. 2015). Gastrointestinale Zeichen, wie chronische Verstopfung oder intestinale Ganglioneuromatose, finden sich ebenfalls bei über 60 % der Patienten bereits im Kindesalter (Brauckhoff et al. 2008). Das Erkennen der frühen phänotypischen Ausprägung der MEN2B ist von immenser Tragweite. In einer aktuellen Zusammenfassung aus dem GPOH-MET (Gesellschaft für Pädiatrische Onkologie und Hämatologie – Maligne Endokrine Tumoren)-Register wurde dargestellt, dass MEN2B-Patienten mit einer bekannten Familienanamnese im mittleren Altern von 1,6 Jahren prophylaktisch thyeoidektomiert wurden (Redlich et al. 2020). Demgegenüber wurden die Kinder, bei denen die klinischen Zeichen nicht erkannt wurden, erst im mittleren Alter von 7,6 Jahren und bei einem Kalzitonin von 148 pg/ml operiert. Kinder, die erst durch die Symptome des MTC erkannt wurden, waren bei Operation bereits im Durchschnitt 12,6 Jahre alt. Mit steigendem präoperativem Kalzitonin (4475 pg/ml und 17119 pg/ml) betrug die Rate der biochemischen Heilung in beiden Gruppen unter 10 % und das 10-Jahre-Überleben sank auf unter 50 % (Redlich et al. 2020).

Tumormarker Kalzitonin und CEA

Der Tumormarker Kalzitonin ist das entscheidende Diagnostikum für eine frühe Identifizierung eines MTC. Es erlaubt die Stratifizierung der kompartmentorientierten Mikrodissektion bei einem lymphatisch metastasiertem MTC (MTC-N1) und eröffnet die Möglichkeit der Nebenschilddüsen schonenden Thyreoidektomie (Tab. 3) (Machens und Dralle 2018a).
Tab. 3
Biochemische Heilungsraten beim hereditären MTC in Abhängigkeit vom basalen Kalzitonin. (Mod. nach Machens et al. 2009)
Kalzitonin
CCH
MTC N0
MTC N1
Heilung
Normal basal
89 %
23 %
0 %
100 %
Erhöhta basal
60 %
88 %
60 %
78 %
Heilung
100 %
100 %
27 %
 
CCH C-Zell-Hyperplasie; MTC N0 medulläres Schilddrüsenkarzinom ohne Lymphknotenmetastasen; MTC N1 medulläres Schilddrüsenkarzinom mit Lymphknotenmetastasen
aErhöht über den oberen Referenzbereich
Kalzitonin wird von den parafollikulären C-Zellen sezerniert, welche die Fähigkeit zur Hormonsekretion auch im neoplastischen Stadium beibehalten. Neben Alter und Geschlecht beeinflussen auch Ernährung und Lebensstil (BMI oder Rauchen) die Höhe des Kalzitoninspiegels. Auch verschiedene andere Erkrankungen wie die Hypergastrinämie, chronische Nierenerkrankungen, schwere Infektionen oder neuroendokrine Tumoren der Lunge und des Gastrointestinaltraktes können zu erhöhten Kalzitoninwerten führen (Basuyau et al. 2004; Castagna et al. 2015; Costante und Meringolo 2020). Bei >50 % der Bevölkerung liegt das Kalzitonin im Serum unterhalb der Nachweisgrenze und bei >90 % der Bevölkerung liegt es bei <10 pg/ml (Costante und Meringolo 2020). Entscheidend ist, dass die Grenzwerte für Kalzitonin methoden- und laborabhängig sind, sodass die Referenzbereiche des jeweiligen Labors zu beachten sind.
Tipp
Hieraus folgt, dass sowohl für präzise Identifizierung des „window of opportunity“ als auch für die Nachsorge bei Patienten mit MTC die Bestimmung des Kalzitonins vorzugsweise im gleichen Labor erfolgen sollte.
Kinder unter 6 Monaten zeigen deutlich erhöhte Kalzitoninspiegel (Basuyau et al. 2004). Ab dem 3. Lebensjahr entsprachen die Kalzitoninspiegel dem der erwachsenen Population (Castagna et al. 2015). In den ersten 6 Lebensmonaten wird daher ein Kalzitonin von <40 pg/ml und bis zum 3. Lebensjahr <15 pg/ml als Normwert angesehen (Costante und Meringolo 2020). Als optimaler Grenzwert für die Differenzierung zur Identifizierung einer CCH/MTC wird bei Frauen ein Wert von >10 pg/ml (Sensitivität 91,9 %, Spezifität 93,7 %) und bei Männern ein Wert von >8 pg/ml (Sensitivität 92,8 %, Spezifität 80 %) angenommen (Mian et al. 2014).
Der Stimulationstests mit Pentagastrin ermöglicht es, Patienten mit einer C-Zell-Hyperplasie oder Mikrokarzinomen bei noch normwertigem basalem Kalzitonin frühzeitig zu erkennen (Costante und Meringolo 2020). Pentagastrin steht jedoch nicht mehr zur Verfügung. Als Alternative wurde der Stimulationstest mit Kalzium (Injektion von 2,3 mg Kalziumglukonat pro kg Körpergewicht) mit einer Infusionsgeschwindigkeit von 5ml/min eingeführt. Diese weist in der klinischen Routine jedoch Einschränkungen auf. So sind die beschriebenen Grenzwerte für die frühe Identifizierung einer CCH/MTC sehr heterogen. Als suspekt wird ein Anstieg bei Frauen auf einen Wert von >79 pg/ml bis 780 pg/ml und Männern von >544 pg/ml bis >1500 pg/ml gewertet (Costante und Meringolo 2020; Mian et al. 2014; Niederle et al. 2018). In der klinischen Praxis spielt der Stimulationstest daher nur noch eine untergeordnete Rolle.
Neben dem Kalzitonin erlaubt der Tumormarker CEA (karzinoembryonales Antigen) die Abschätzung der Tumorlast und der Prognose. Bei erhöhtem CEA-Spiegel (Norm bis 4,7 ng/ml) bis 10 ng/ml kann bei über 50 % der Patienten noch mit einer biochemischen Heilung gerechnet werden, während bei CEA-Spiegel >30 ng/ml dies so gut wie nicht mehr möglich ist (Machens et al. 2007). Ein CEA-Spiegel >30 ng/ml war bei 70–93 % der Patienten mit einer lymphatischen Metastasierung assoziiert (Machens et al. 2007).

Therapieziele und Vorgehen

Die hereditäre C-Zell-Erkrankung ist eine komplexe, syndromale Erkrankung, die bei Diagnose und Therapie die Zusammenarbeit eines Teams an endokrinen Chirurgen, Endokrinologen und Pädiatern mit Expertise auf diesem Gebiet erfordert. Die Behandlung in qualifizierten Zentren geht mit einer Verbesserung der Prognose einher. Die ATA-Leitlinien empfehlen daher keine Behandlung dieser Patienten außerhalb entsprechenden multidisziplinären Teams (Wells et al. 2015).
Das effektive und flächendeckende genetische Screening hat in Deutschland zu einer grundlegenden Veränderung im Management der MEN2A beigetragen (Machens und Dralle 2018a) (Tab. 2; Abb. 2). So sank für Patienten der Risikogruppe ATA-Hoch (i. e. Mutation im Codon 634) der Anteil der Indexpatienten seit den 1960er-Jahren von 50 % auf 15 % (Machens und Dralle 2018a). Dies führte dazu, dass das mittlere Alter dieser Patienten zum Zeitpunkt der Operation von ca. 30 Jahren in den 1960ern auf aktuell 4 Jahre gesunken ist (Machens et al. 2020). Während in den 1960er-Jahren noch 100 % der Patienten bereits ein MTC N1 aufwiesen und somit die Rate der biochemischen Heilung bei 0 % lag, findet sich heute bei der Risikogruppe ATA-Hoch nur noch bei 28 % der Patienten ein MTC und bei 0 % eine lymphatische Metastasierung. Hierdurch stieg die Rate der biochemischen Heilung auf 100 % an (Machens und Dralle 2018a).
Bei nachgewiesenem MTC ist es das Ziel, eine komplette Tumorresektion und Entfernung der lymphonodulären Absiedlungen zu erreichen (Abb. 4). Dies erfolgt durch eine totale Thyreoidektomie mit einer kompartmentorientierten systematischen Lymphadenektomie (Abb. 5) (Machens und Dralle 2018a, 2019; Machens et al. 2009, 2016).
Bei der Planung einer Reoperation ist neben dem präoperativen Kalzitonin und CEA auch eine genaue Kenntnis über Art und Umfang der Voroperationen entscheidend, da die Radikalität der Erstoperation entscheidenden Einfluss auf Planung und Ergebnis der Reoperation hat (Machens und Dralle 2013). Durch die Möglichkeit der molekularen Diagnostik und des Kalzitoninscreenings ist es jedoch möglich, Patienten vor Auftreten des MTC kurativ zu behandeln (Machens und Dralle 2018a, 2019).
Weder Patientenalter noch die im Rahmen des hochauflösenden Ultraschall erhobenen Befunde bei der Bestimmung des optimalen Zeitpunktes für die prophylaktische Thyreoidektomie weisen einen Vorteil gegenüber dem basalen Kalzitonin auf (Machens und Dralle 2018a, 2019; Machens et al. 2009).

Indikationsstellung und Therapiealternativen

Patienten mit hereditärer C-Zell-Erkrankung bei bekannter Familienanamnese einer MEN2

Die Genotyp-basierte, altersabhängige Progression der hereditären C-Zell-Erkrankung erlaubt die risikostratifizierte Planung der Operation (Tab. 2) (Machens und Dralle 2019; Machens et al. 2018b; Niederle et al. 2014; Wells et al. 2015).
Kinder mit einer Mutation p.T918M (MEN2B) gehören zur höchsten Risikogruppe (ATA HST). Eine prophylaktische Thyreoidektomie sollte im ersten Lebensjahr durchgeführt werden (Brauckhoff et al. 2014; Machens und Dralle 2018a, 2019; Wells et al. 2015). Die physiologisch erhöhten Kalzitoninspiegel bei Säuglingen erfordern eine besondere Erfahrung bei der Interpretation der Spiegel (Basuyau et al. 2004). Bei älteren Kindern muss der Eingriff risikostratifiziert erweitert werden (Abb. 5).
Bei Kindern der Risikogruppe „Hoch“ (ATA H) sollte die prophylaktische Thyreoidektomie vor dem 5. Lebensjahr, spätestens jedoch bei Kalzitoninspiegel über dem oberen Referenzbereich erfolgen (Machens und Dralle 2018a, 2019; Wells et al. 2015).
Sie sollte um eine kompartmentorientierte, zentrale Lymphadenektomie erweitert werden, wenn das präoperative basale Kalzitonin >40 pg/ml angestiegen ist (Dralle 2020; Rohmer et al. 2011; Wells et al. 2015). Bei Kindern der Risikogruppe „Moderat“ (ATA MOD) sollte spätestens ab dem 5. Lebensjahr eine Kalzitoninbestimmung im Abstand von 6–12 Monaten erfolgen (Machens und Dralle 2019; Wells et al. 2015). Aktuelle Untersuchungen zeigen, dass es sinnvoll ist, die Niedrigrisikogruppe „Moderat“ (ATA MOD) in eine Gruppe „Moderat-Hoch“ (MOD-H) und „Niedrig-Moderat“ („low moderate“, L-MOD) zu stratifizieren (Machens et al. 2018b). Die Gruppe L-MOD zeigt eine deutlich geringere Progression (Machens et al. 2018b). Der Zeitpunkt der prophylaktischen Thyreoidektomie sollte hierbei individuell zusammen mit den Eltern besprochen werden. Die nicht zu vernachlässigende Belastung durch eine regelmäßige Vorsorge muss gegen das Risiko der Operation abgewogen werden (Machens et al. 2018a; Wells et al. 2015). Die gründliche Erhebung der Familienanamnese mit Evaluation der Progression des MTC in der Familie, kann hierbei Hinweise auf mögliche, den Krankheitsverlauf modifizierende Faktoren geben.
Unabhängig vom Genotyp korreliert der Anstieg des Kalzitonins mit der Progression der C-Zell-Hyperplasie zu einem medullären Schilddrüsenkarzinom (Tab. 3) (Machens und Dralle 2018a, 2019; Machens et al. 2009).
Cave
Bei einem Anstieg des Kalzitonins auf >10 pg/ml ist bei Kindern über 2 Jahren eine Entwicklung zu einem N0 MTC eingetreten (Machens und Dralle 2019; Machens et al. 2009; Rohmer et al. 2011).
Bei einem präoperativ normwertigen Kalzitonin liegt keine lymphatische Metastasierung vor und eine zentrale Kompartmentresektion ist nicht erforderlich (Machens und Dralle 2018a, 2019; Rohmer et al. 2011). Hierdurch wird das Risiko einer postoperativen Hypokalzämie gesenkt.

Indexpatienten mit klinisch symptomatischen MTC

Kalzitonin erlaubt die Stratifizierung einer kompartmentorientierten Mikrodissektion bei lymphatisch metastasierten MTC (Machens et al. 2009). Zusätzlich zur zentralen Kompartmentresektion sollte bei Patienten mit positivem Lymphknotenstatus eine ipsilateral laterale Kompartmentresektion erfolgen (Dralle 2020). Eine bilateral laterale Kompartmentresektion sollte bei Nachweis lateraler Lymphknotenmetastasen oder einem präoperativen basalen Kalzitonin von >200 pg/ml erwogen werden (Konstantinidis et al. 2017; Machens et al. 2009). Bei etwa 14 % finden sich bei Kalzitoninwerte >200 pg/ml okkulte Lymphknotenmetastasen kontralateral (Konstantinidis et al. 2017). Während dieses Vorgehen ein optimales lokoregionäres Staging ermöglicht und das Risiko einer Reoperation reduziert, besteht bei nicht abschließend geklärtem onkologischem Nutzen (Überlebensvorteil) das Risiko einer Übertherapie. Insbesondere bei möglicherweise prophylaktischer, links zervikolateraler Kompartmentresektion sollten wegen des erhöhten Risikos einer Lymphfistel Nutzen und Risiko abgewogen werden.

MTC-Persistenz oder -Rezidiv

Bei Patienten mit lokoregionärem Tumorrezidiv oder Persistenz ist eine Reoperation mit kompartmentorientierter Lymphadenektomie indiziert (Machens und Dralle 2013, 2015a; Wells et al. 2015). Bei noch nicht erfolgter, systematischer Lymphadenektomie sollte eine Resektion isolierter, pathologischer Lymphknoten (i. e. Berry Picking) vermieden werden (Konstantinidis et al. 2017).
Neben dem Kalzitonin ist auch die Radikalität der Lymphadenektomie im Rahmen der Erstoperation entscheidend für die Abschätzung der Möglichkeit einer biochemischen Heilung (Machens und Dralle 2013). Bei Entfernung von 0, <5 oder >5 Lymphknoten im Rahmen der Erstoperation lässt sich auch bei Kalzitoninspiegeln bis 1000 pg/ml noch in 44 %, 18 % oder 5 % eine biochemische Heilung erzielen (Machens und Dralle 2013). Bei zervikalem oder mediastinalem Tumornachweis und Kalzitoninwerten >1000 pg/ml sollte, auch wenn hierdurch selten (1 %) eine biochemische Heilung zu erwarten ist, bei fehlender Kontraindikation eine Reoperation erwogen werden. Hierdurch lässt sich die Progression der Erkrankung günstig beeinflussen (Konstantinidis et al. 2017). Darüber hinaus kann bei guter Patientenselektion die Reoperation bei Rezidiv oder Persistenz zu einem guten Langzeitüberleben beitragen (Konstantinidis et al. 2017; Kuo et al. 2018). Ein zervikozentrales, paratracheales Tumorrezidiv sollte auch bei vermeintlich stabiler Tumorsituation frühzeitig hinsichtlich einer Rezervikotomie evaluiert werden, sodass Infiltrationen in N. laryngeus recurrens, Ösophagus oder Trachea vermieden oder rechtzeitig operativ saniert werden (Konstantinidis et al. 2017; Russell et al. 2020).

Therapiealternativen

Die Systemtherapie bei einem progredienten MTC hat durch die Entwicklung von Multikinaseinhibitoren in den letzten Jahren an Bedeutung gewonnen (Raue und Frank-Raue 2018; Wells 2018). Die Indikation zur Systemtherapie sollte hierbei jedoch eng und nur bei entsprechendem Progress gestellt werden (Brandenburg und Führer 2020). Bei der Indikationsstellung muss insbesondere die Gefahr von Fistelbildung und Blutungen berücksichtigt werden, die bei bestehender Infiltration des Tumors in die ösophagotracheale Achse oder Gefäß-Nerven-Scheide auftreten können (Russell et al. 2020). Vandetanib (Caprelsa®) wirkt inhibitorisch auf den RET-, VEGF- und EGF-Rezeptor und steht für die Systemtherapie seit längerem zur Verfügung. Cabozantinib (Cometriq®) blockiert die drei Rezeptortyrosinkinasen RET, VEGFR2 und c-MET (Brandenburg und Führer 2020). Die Effektivität dieser Substanzen wurde in Phase-III-Studien getestet und konnte eine deutliche Verbesserung des progressionsfreien Überlebens nachweisen. Die aktuelle Weiterentwicklung zu selektiven RET-Rezeptor-Tyrosinkinase-Inhibitoren (LOXO-292 oder BLU-667) haben in den aktuellen Phase-I/II-Studien mit einer Ansprechrate von >50 % bei überschaubarem Risikoprofil eine aussichtsreiche Therapieoption für Patienten in metastasiertem Stadium ergeben (de Jong et al. 2020).
Der Nutzen einer externen Strahlentherapie (EBRT) wird kontrovers diskutiert, da keine randomisierten Daten vorliegen, die einen Überlebensvorteil nachweisen (Konstantinidis et al. 2017). Auch die Daten zum Nutzen der externen Strahlentherapie für die lokale Tumorkontrolle und Vermeidung eines Lokalrezidives bei R1/R2-Resektion sind uneinheitlich (Konstantinidis et al. 2017). Die Anwendung der externen Strahlentherapie als individuelles Behandlungskonzept bei Patienten mit hohem Risiko für ein lokales Rezidiv wird durch die internationalen Leitlinien abgedeckt. Der Nutzen der Therapie muss jedoch gegen die teilweise schweren Nebenwirkungen abgewogen werden. Die Durchführung einer lokalen Strahlentherapie ohne Konsultierung eines erfahrenen endokrinen Chirurgen muss jedoch als obsolet gewertet werden, da die EBRT eine mögliche lokale, operative Intervention sehr erschweren kann.

Verfahrenswahl und -technik der prophylaktischen Thyreoidektomie

Prophylaktische Thyreoidektomie
Die beste Therapie für Patienten mit einer hereditären C-Zell-Erkrankung ist die Nebenschilddrüsen schonende, prophylaktische Thyreoidektomie (Machens und Dralle 2019; Moodley et al. 2018).
Genträger mit normalen Kalzitoninspiegeln benötigen keine kompartmentorientierte Lymphadenektomie, weil kein Risiko einer lymphatischen Metastasierung besteht (Moodley et al. 2018).
Nach entsprechender Rückenlagerung mit Reklination des Halses erfolgt die Kocher-Inzision. Der zervikale Zugang sollte über eine breite supraklavikuläre Kocher-Inzision erfolgen. Die hockeyschlägerförmige Inzision entlang des Vorderrandes des M. sternocleidomastoideus resultiert nicht nur in einem schlechteren kosmetischen Ergebnis und mehr zervikalen Parästhesien, sondern kann auch mit einer geringeren Radikalität bzgl. der Entfernung der kaudal (Level IV/V) gelegenen Lymphknoten einhergehen (Simo et al. 2012; Song et al. 2017). Hingegen lässt sich die Resektion der kranialen, zervikolateralen Lymphknoten (i. e. Level II) auch durch eine tiefe, transversale Inzision mit gleicher Radikalität durchführen (Song et al. 2017). Die Bildung eines Haut-Platysma-Lappens nach kranial bis zum Kehlkopf und nach kaudal bis zum Jugulum unterscheidet sich nicht von einem Eingriff beim Erwachsenen.
Tipp
Zur Durchführung einer sicheren Mikrodissektion ist eine Lupenbrille mit mindestens 3-facher Vergrößerung zu empfehlen.
Bei Kindern fällt nach Eingehen in die Schilddrüsenloge in der Linea alba colli und Mobilisation des M. sternohyoideus und M. sternothyreoideus der regelmäßig sehr dominante Thymus auf, der sich gelegentlich retrothyreoidal weit nach kranial erstreckt (Abb. 6).
Tipp
Bei Kindern ab dem 4. Lebensjahr ist in den meisten Fällen die Verwendung einer Tubuselektrode möglich, sodass problemlos das intermittierende und kontinuierliche Neuromonitoring möglich ist und auch Verwendung finden sollte (Schneider et al. 2018) (Abb. 7).
Aktuelle Daten weisen darauf hin, dass das kontinuierliche Neuromonitoring mit einer niedrigeren Komplikationsrate assoziiert ist (Schneider et al. 2020).
Nach Platzierung einer Vagus-Stimulationselektrode erfolgt nun die streng kapsuläre Mikrodissektion in kaudo-kranialer Richtung. Hierbei ist entscheidend, die Integrität der Schilddrüsenkapsel allzeit zu respektieren, da v. a. in den dorsalen Anteilen der Schilddrüse embryologisch vermehrt C-Zellen zu finden sind (Gmunder-Lehner et al. 1983). Die Präparation kann hierbei durch einen dominanten Thymus erschwert werden (Abb. 6 und 7).
Tipp
Entgegen der bräunlich-gelben Farbe bei einem Erwachsenen weisen die Nebenschilddrüsen beim Kind eine deutlich hellere, rötliche Färbung auf (Abb. 8).
Die neurophysiologische Identifizierung des N. laryngeus recurrens (NLR) erlaubt das Mapping des Nerven im Verlauf nach kranial und die Bestimmung der Lage in Bezug zur A. thyroidea inferior (Abb. 6 und 7) (Film 1). Die Mobilisation des oberen Schilddrüsenpols erfolgt nach Darstellung des laryngothyreoidalen Fensters und elektrophysiologischer Identifizierung des N. laryngeus superior (EBSLN) mit der kapselnahen Darstellung der oberen Polgefäße und entsprechender Durchtrennung (Abb. 8). Die Mobilisation im kritischen Bereich des laryngeotrachealen Winkels und am Ligament von Berry kann durch ein prominentes Tuberkulum Zuckerkandl und tief in den laryngeotrachealen Winkel einziehende Schilddrüsenanteile erschwert werden. Ein Belassen von Schilddrüsenresten in diesem Bereich muss vermieden werden, um ein Ausbilden des MTC in diesem C-Zell-reichen Schilddrüsenrest zu verhindern (Gmunder-Lehner et al. 1983). Im Rahmen der prätrachealen Mobilisation muss auf die sichere Darstellung und Resektion eines Lobus pyramidalis geachtet werden. Die Transsektion beider en bloc dissezierten Schilddrüsenlappen und Fadenmarkierung zur Orientierung erfolgt ex situ mit anschließender Einsendung und histopathologischen Befundung am fixierten Präparat.

Intra- und postoperative Komplikationen

Daten zu Komplikationsraten bei Kindern und Säuglingen beruhen auf wenigen Fallserien und Kohortenanalysen. Eine Studie von Kluijfhout et al. berichtete über eine Serie von 21 Kindern (<6 Jahre), die in einem Zeitraum von ca. 20 Jahren operiert wurden (Kluijfhout et al. 2015). In dieser Serie lag die Rate an transienten Hypokalzämien bei 43 %. Bei 4 von 21 Kindern (19 %) entwickelte sich ein permanenter Hypoparathyreoidismus. Drei Kinder benötigten eine intravenöse Kalziumsubstitution. Auch die retrospektive Auswertung von de Jong et al. an einem Kollektiv von 52 Kindern (<18 Jahre) nach Thyreoidektomie lag die Rate an substitutionspflichtigen Hypokalzämien bei fast 50 % (de Jong et al. 2020). Bumgarten et al. stellten kürzlich ihre Daten der pädiatrischen Thyreoidektomie (464 Kindern, mittleres Alter 17 Jahre) vor (Baumgarten et al. 2019). Jedoch wurde bei gerade einmal 7 Kindern (1,5 %) eine prophylaktischen Thyreoidektomie bei hereditärer C-Zell-Erkrankung durchgeführt. Die Autoren berichteten über eine passagere Hypokalzämierate von 37 %, die in 0,6 % persistierte. Im Gegensatz dazu lag in der größten retrospektiven Studie mit 167 MEN2-Kindern (mittleres Alter 6,8 Jahre) die Rate des transienten postoperativen Hypoparathyreoidismus bei 18,6 % (Machens et al. 2018a). Bei Kindern <3 Jahre (n = 35) war diese Komplikation sogar noch seltener und lag bei 3 % (Machens et al. 2018a). Bei allen Kindern normalisierten sich die Parathormonspiegel innerhalb von 6 Monaten postoperativ. Zur Abschätzung eines passageren Hypoparathyreoidismus, sollte am Ende der Operation eine PTH-Kontrolle durchgeführt werden, um eine Vitamin-D- und Kalziumsubstitution entsprechend anzupassen. Dies vermeidet insbesondere bei jüngeren Kindern eine unnötige Blutabnahme an den ersten postoperativen Tagen (Machens und Dralle 2015b).
Neben der Entwicklung der chirurgischen Technik der Nebenschilddrüsen schonenden Thyreoidektomie hat der routinemäßige Einsatz der neurophysiologischen Kontrolle der Stimmlippennerven dazu beigetragen, die Komplikationsraten deutlich zu senken (Machens et al. 2018a; Schneider et al. 2018).
In der Auswertung von Baumgarten et al. lag die passagere und permanente Pareserate des NLR bei 2,3 % und 0,4 % (Baumgarten et al. 2019). Andere Autoren verzeichneten hingegen bei 9 % der pädiatrischen Thyreoidektomien eine passagere Parese des N. laryngeus recurrens. Bei einem Kind war die Parese sogar beidseitig ausgeprägt und persistierte unilateral (Kluijfhout et al. 2015). Im eigenen Kollektiv lag die Rate der passageren Stimmlippenparese bei einer prophylaktischen Thyreoidektomie bei etwa 0,4 % und eine permanente Schädigung trat nicht auf (Dralle 2020; Machens et al. 2018a). Weitere Komplikationen wie interventionspflichtige Nachblutung oder Wundinfekte sind selten und treten bei etwa 1 % der pädiatrischen Thyreoidektomien auf (Baumgarten et al. 2019; Machens et al. 2018a).
Eine Erweiterung des Eingriffs um eine zentrale, laterale oder mediastinale Lymphadenektomie oder die Notwendigkeit der Durchführung erweiterter Resektionen bei organüberschreitendem MTC führt zu einer Veränderung des Komplikationsspektrums, das sich aber letztendlich nicht von anderen onkologischen Eingriffen der Schilddrüse unterscheidet (Abb. 5) (Machens und Dralle 2019; Machens et al. 2018a).
Reoperationen gehen mit einer erhöhten Morbidität einher (Russell et al. 2020). Neben Stimmlippenparese und permanentem Hypoparathyreoidismus beinhaltet das Spektrum der Risiken eine Verletzung des N. accessorius, N. phrenicus, N. hypoglossus, Plexus brachialis und die Entwicklung von Lymphfisteln, insbesondere bei der Operation des links-lateralen Kompartments (Konstantinidis et al. 2017; Russell et al. 2020). In den Händen eines erfahrenen endokrinen Chirurgen lag in einem Kollektiv von über 300 Patienten mit Reoperationen bei MTC, die Rate unilateraler Stimmlippenparesen bei 2,4 %. Ein Hypoparathyreoidismus trat bei 11 % der Patienten auf (Machens und Dralle 2013). Die Rate an Lymphfisteln und Wundheilungsstörungen lag bei 2,4 % und 2,7 %. Ein postoperatives Horner-Syndrom entwickelten 1 % der Patienten. Eine Verletzung des N. accessorius trat bei keinem Patienten auf (Machens und Dralle 2013).

Postoperatives Management

Bei Kindern erfolgt zur Vermeidung einer postoperativ symptomatischen Hypokalzämie die standardisierte Substitution mit Kalziumglukonat 10 % und Vitamin D (Calcitriol). Diese Medikation sollte bereits am Nachmittag bzw. Abend der Operation begonnen werden. Basierend auf dem nach Hautverschluss bestimmten Parathormonspiegel lässt sich Dauer und Dosierung der Substitution individuell anpassen.
Anders als beim PTH liegt die Halbwertzeit von Kalzitonin bei über 30 h, sodass der postoperative Abfall in den Normbereich längere Zeit dauern kann (Machens et al. 2019). Selbst bei einem MTC ohne Lymphknotenbeteiligung liegt dieser Zeitraum im Mittel bei 4,7 Tagen (Machens et al. 2019). Abhängig von der postoperativen Verweildauer sollte die Kontrolle daher frühestens am Entlassungstag (gewöhnlich 2. postoperativem Tag) erfolgen. Generell wird eine erste Kontrolle nach 3 Monaten empfohlen (Machens et al. 2019; Wells et al. 2015). Bei Patienten mit normalem oder nicht nachweisbarem Kalzitonin sollte die Nachsorge alle 6 Monate im ersten Jahr und dann jährlich erfolgen. Patienten mit einem CTN >10 pg/ml in wiederholten Messungen haben eine Persistenz ihrer Erkrankung, was in der Planung der Nachsorge berücksichtigt werden muss (Wells et al. 2015). Bei Werten <150 pg/ml ist a. e. von einer lokoregionären Persistenz auszugehen. Bei Kalzitoninwerten >150 pg/ml sollte die klinische Untersuchung durch eine Bildgebung ergänzt werden. Für die Beurteilung der Tumoraggressivität ist die Kalzitoninverdopplungszeit ein wichtiger Parameter (Barbet et al. 2005). Eine Verdopplungszeit zwischen 6–24 Monaten geht mit einem 5- und 10-Jahres-Überleben von 92 % bzw. 37 % einher (Raue und Frank-Raue 2018; Wells 2018; Wells et al. 2015). Hingegen sinkt die 5- und 10-Jahre-Überlebenszeit auf 25 % und 8 %, wenn die Verdopplungszeit unter 6 Monate fällt (Tiedje et al. 2015; Wells 2018; Wells et al. 2015). Hierbei ist entscheidend, auch die Verdopplungszeit des CEA mit zu berücksichtigen. Eine Diskrepanz zwischen beiden Tumormarkern kann auf einen aggressiven Tumorverlauf hinweisen. Eine CEA-Verdopplungszeit von <1 Jahr ist ein schlechter prognostischer Marker und weist auf eine Dedifferenzierung hin (Wells et al. 2015).
Cave
Bei der Interpretation der Kalzitoninspiegel muss man sich zwei Besonderheiten des Testverfahrens bewusst sein (Costante und Meringolo 2020). Sehr hohe Kalzitoninwerte können zu falsch niedrigen Testergebnissen führen. Dieses als Hook-Effekt bekannte Phänomen kann durch Probenverdünnung verhindert werden. Falsch hohe Kalzitoninspiegel können durch hochmolekulare Aggregationen (Makrokalzitonin) hervorgerufen werden.
Dieses Phänomen kann durch Präzipitation mit Polyethylenglykol gelöst werden (Costante und Meringolo 2020). Da es sich nicht um ein Routineverfahren handelt, ist es Aufgabe des betreuenden Arztes, das Labor auf diese Situation hinzuweisen.
Patienten mit einer MEN2 sollen nach Thyreoidektomie eine lebenslange Nachsorge erhalten. Neben der regelmäßigen klinischen Untersuchung sollte auch Kalzitonin und CEA bestimmt werden. Darüber hinaus erfordert die Betreuung der Patienten mit einer MEN2 auch die Vorsorge auf die im Rahmen des Tumorsyndroms möglichen syndromalen Erkrankungen, z. B. Phäochromozytom und Hyperparathyreoidismus, hin. Die Planung der entsprechenden Diagnostik erfolgt risikoadaptiert (Tab. 2).

Ergebnisse und Lebensqualität

Bei Patienten mit einer hereditären C-Zell-Erkrankung hat sich die Prognose über die letzten Jahrzehnte deutlich verbessert. Die Rate biochemischer Heilungen stieg über alle ATA-Risikogruppen kontinuierlich an und liegt zwischen 78 % und 100 % (Machens und Dralle 2015b). Im gleichen Zeitraum ist die Rate der lymphatisch metastasierten MTC auf 0–33 % abgesunken (Machens und Dralle 2015b).
Die Genuntersuchung der Familienangehörigen in Familien mit hereditärer C-Zell-Erkrankung und der Nachweis pathogener Keimbahnmutationen im RET-Protoonkogen erlauben die prophylaktische Operation und somit Heilung der hereditären C-Zell-Erkrankung. Bei einem präoperativ basalen Kalzitonin von <31 pg/ml ist mit 100 %iger Wahrscheinlichkeit von einer biochemischen Heilung nach Thyreoidektomie auszugehen (Rohmer et al. 2011).
Bei etwa 15 % aller MEN2A-Fälle handelt es sich um De-novo-Mutationen, d. h., der Patient wird bei negativer Familienanamnese durch die klinische Manifestation des MTC auffällig. In dieser Patientengruppe sinkt die 10-Jahres-Überlebensrate auf unter 40 %, wenn bereits eine Metastasierung eingetreten ist (Mulligan 2018). Die Langzeitergebnisse sind für Patienten mit einer MEN2B deutlich schlechter als für die MEN2A. Das mittlere Überlebensalter der Patienten mit einer MEN2B liegt bei etwa 25 Jahren (Castinetti et al. 2019). Bei Kindern, die vor dem 12. Lebensmonat operiert wurden, konnte bei 83 % eine biochemische Heilung erzielt werden. Bei älteren Kindern lag die Heilungsrate nur noch bei 15 % (Castinetti et al. 2019). Entscheidend ist daher die frühe klinische Identifizierung betroffener Säuglinge. Eine Heilung bei Kindern nach dem 4. Lebensjahr ist nur selten möglich (Machens und Dralle 2018a).
Die Lebensqualität der Patienten mit MEN2 wird ganz wesentlich von der Morbidität des Eingriffs bestimmt. Die risikoadjustierte Operation, insbesondere die Möglichkeit der Nebenschilddrüsen schonenden, prophylaktischen Thyreoidektomie, und die Entwicklung des neurophysiologischen Nervenmonitoring haben maßgeblich dazu beigetragen, die Komplikationsraten zu senken. Der persistierende Hypoparathyreoidismus mit den Folgen einer lebenslangen Substitution mit Kalzium und Vitamin D tritt bei diesen Patienten praktisch nicht mehr auf (Machens et al. 2016; Shoback et al. 2016).
Trotz aller Fortschritte ist es unvermeidbar, dass eine solch komplexe Erkrankung wie die MEN2 die betroffenen Patienten körperlich, emotional und psychisch beeinträchtigt (Grey und Winter 2018).
Die Lebensqualität von Patienten mit einer MEN2 wird hierbei nicht nur durch die Diagnose und Behandlung der potenziell malignen C-Zell-Erkrankung beeinflusst, sondern auch durch die Manifestation assoziierter Erkrankungen.
Bei Patienten mit einer MEN2B werden die durch die Ganglioneuromatose verursachten gastrointestinalen Beschwerden, insbesondere die chronische Verstopfung, oft unterschätzt. Außerdem kann sich die Notwendigkeit der lebenslangen Vor- und Nachsorge negativ auf die Lebensqualität auswirken (Grey und Winter 2018).
Darüber hinaus sehen sich Patienten mit einer MEN2 mit weiteren psychosozialen Problemen konfrontiert, die von den behandelnden Ärzten erkannt und angesprochen werden müssen (Correa et al. 2019). Die genetische Testung und die Verarbeitung des Ergebnisses bedeuten nicht nur für die Patienten, sondern auch deren Angehörige eine belastende Stresssituation. Neben der Sorge um die eigene Stigmatisierung kommen Schuldgefühle und Angst, die Erkrankung an Nachkommen weiterzugeben, dazu (Correa et al. 2019; Grey und Winter 2018). Hierbei reicht das Spektrum von einer gesunden Bewältigung bis hin zu schweren psychologischen und psychiatrischen Beschwerden. In einer brasilianischen Untersuchung bedurften 26 % der Patienten einer regelmäßigen psychotherapeutischen Betreuung (Grey und Winter 2018).
Erst in den letzten Jahren hat man begonnen, sich mit den psychosozialen Auswirkungen zu beschäftigen (Grey und Winter 2018). In Untersuchungen geben fast 50 % der Patienten Angstgefühle an und über 1/3 der Patienten beschreiben Depressionen oder somatoforme Störungen (Correa et al. 2019). In einer US-amerikanischen Patientenbefragung lagen Patienten mit einer MEN2A in den Kategorien „Depression“, „Ermüdung“ und „Angst“ ähnlich hoch wie Patienten mit einer schweren Depression, und deutlich höher als Patienten mit anderen Karzinomen (Mongelli et al. 2018). Untersuchungen zeigen auch, dass der Zugang zu Experten und die Qualität der Information über die Erkrankung ein wichtiger Faktor ist, um diese psychosozialen Effekte auf die Lebensqualität zu reduzieren (Correa et al. 2019). Die Behandlung in spezialisierten Zentren mit Betreuung durch ein interdisziplinäres Team von Experten ist daher auch unter diesem Gesichtspunkt von Bedeutung (Grey und Winter 2018).

Elektronisches Zusatzmaterial

Film 1 Mapping des NLR paralaryngeal bis zum laryngeotrachealen Winkel (MOV 5581 kb)
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