Die Rekurrensparesen ist neben dem
Hypoparathyreoidismus die klassische Komplikation der Schilddrüsenchirurgie. Bereits Theodor Kocher erkannte die besondere Bedeutung einer subtilen anatomischen Operationstechnik und konstatierte auf dem deutschen Chirurgen Kongress 1883 in Berlin „Auch jede heftige Zerrung an der Drüse muss vermieden werden und bei hastigem operieren, wie es wegen mangelhafter Blutstillung oft vorkommt, ja wie erwähnt sogar zur Methode erhoben worden ist, kann von einer sicheren Schonung des Nerven keine Rede sein.“ (Kocher
1883). Im 20. Jahrhundert wurde zunächst kontrovers diskutiert, ob durch eine konsequente Nervendarstellung die Rekurrenspareserate reduziert werden kann. Es dauerte einige Jahrzehnte bis sich die subtile Präparation mit Sichtschonung des N. laryngeus recurrens durchgesetzt hatte. In den 1990er-Jahren, vor Einführung des intraoperativen Neuromonitoring (IONM), betrug die Rate passagerer Rekurrensparesen mit Darstellung des N. laryngeus recurrens in spezialisierten Zentren 0–3 %, die Rate permanenter Paresen 0–1,2 % (Röher et al.
1999). Eine aktuelle Auswertung multizentrischer Versicherungsdaten gibt eine permanente Pareserate von 1,5 % bezogen auf die Zahl der Patienten an (Maneck et al.
2017). Diese Häufigkeit entspricht den Ergebnissen der multizentrischen PETS-I-Studie (Dralle et al.
2004b). Durch die heute nahezu flächendeckende Anwendung des IONM und den empfohlenen Strategiewechsel, mit Operationsabbruch bei einem Signalverlust auf der ersten Seite, werden bilaterale Rekurrensparesen nur noch selten beobachtet und bewegen sich im Bereich von <0,1 %. Durch Untersuchung zum intraoperativen Neuromonitoring konnten weitere Erkenntnisse über die Art und Lokalisation der Nervenschädigung gewonnen werden. So zeigte sich, dass intraoperative Traktion des N. laryngeus recurrens mit 90 % die häufigste Ursache für einen Signalverlust im Rahmen des IONM und die resultierende Rekurrensparese ist. Deutlich seltener waren es Koagulationsschäden oder direkte mechanische Manipulation in Nervennähe (Schneider et al.
2015). Im Hinblick auf die Kausalität eines postoperativen Stimmbandstillstandes ist zu berücksichtigen, dass dieser auch Folge eines Intubationsschadens sein kann (Dralle et al.
2004a).