Viszeral- und Allgemeinchirurgie
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Verfasst von:
Charlotte Müller-Debus, Ulrich Wellner und Tobias Keck
Publiziert am: 10.05.2022

Sporadische duodenale neuroendokrine Neoplasien

Sporadische duodenale NEN sind sehr seltene Tumoren. Klinisch am eindrucksvollsten sind die hormonaktiven Tumoren des Duodenums, die sich in auffallender Symptomatologie, wie Diarrhöen, Flush, dem Zollinger-Ellison-Syndrom oder kardialen Symptomen äußern können. Neben dem laborchemischen Nachweis des spezifischen Hormons eignen sich bildgebende Untersuchungsverfahren und die endoluminale Diagnostik zum Nachweis. Behandlungen können bei günstiger Tumorbiologie und kleinen Tumoren lokal endoskopisch erfolgen. In vielen Fällen sind jedoch komplexe lokale oder onkologische OP-Verfahren mit Lymphadenektomie zur Therapie nötig. Der Einsatz minimalinvasiver OP-Verfahren bei ausreichender Expertise bietet sich an.

Epidemiologie und Klassifikation

Tumoren des Duodenums sind sehr seltene Neoplasien. Zu dieser Entität gibt es daher in der Literatur nur Fallserien, die in der Regel wenige Patienten über einen längeren Zeitraum betrachten. Sporadische neuroendokrine Neoplasien (NEN) des Duodenums sind noch seltener und finden sich in der Regel in kasuistischen Berichten. Wenngleich die Inzidenz der sporadischen neuroendokrinen Tumoren über die letzten Jahre stetig angestiegen ist, so bleibt diese mit 1:100.000/Jahr in Deutschland sehr selten. In Autopsieserien ist die Inzidenz von NEN wesentlich höher (Noda et al. 1992; Eriksson et al. 2019). Auf den Gesamtdünndarm gesehen kommen neuroendokrine Tumoren am häufigsten im Duodenum vor.
Grundsätzlich können alle zellulären Entitäten des Zwölffingerdarms benigne oder maligne Tumoren bilden, wobei man grundsätzlich epitheliale (z. B. ampulläre und nichtampulläre Adenome), mesenchymale (z. B. Leiomyome oder Lipome) und sonstige Entitäten unterscheidet. Unter den sonstigen Tumoren werden auch die neuroendokrinen Tumoren des Duodenums subsumiert.
Die genaue Ätiologie der duodenalen sporadischen NEN ist unbekannt. Seltene Koinzidenzen finden sich im Rahmen von hereditären Syndromen, wie MEN1 oder Neurofibromatose Typ 1. Etwa ein Drittel der Gastrinome im Duodenum sind mit einer MEN1-Erkrankung assoziiert.
Zu den neuroendokrinen Tumoren (NEN) des Dünndarms gehören duodenale, jejunale und ileale epitheliale Tumoren mit neuroendokriner Differenzierung (s. auch Kap. X), gut differenzierte neuroendokrine Tumoren (NET) und schlecht differenzierte neuroendokrine Tumoren (NEC). Gemischte Tumoren aus neuroendokrinen und nichtneuroendokrinen Komponenten (MiNEN) gehören ebenfalls zu dieser Entität, wobei in diesen, auch als Kollisionstumoren bezeichneten Tumoren, in der Regel exokrine Tumoren (Adenokarzinome) und endokrine Tumoranteile zu finden sind (Rossi et al. 2018).
Histologisch zeigen duodenale NET ein einheitliches Zellbild mit runden bis ovalen Kernen und feinem granulären Chromatin. Gastrin-produzierende G-Zellen zeigen sich klassischerweise als Trabekel aufgereiht (WHO-Classification of Tumors Editorial Board 2019) (Abb. 1).

Klinische Symptomatologie

Nichtfunktionelle NEN bleiben entweder asymptomatisch (Zufallsbefunde) oder werden im Rahmen ihres Größenwachstums symptomatisch, indem sie beispielsweise bei ungünstiger Lokalisation, wie z. B. ampulläre NEN, Obstruktionen, einen Ikterus oder eine akute Pankreatitis verursachen.
Funktionelle NEN führen dagegen zu Symptomen, die sich aus der Sekretion von Hormonen ergeben, was zur Diagnose hinführen kann.
Auch wenn die meisten duodenalen NEN asymptomatische Zufallsbefunde im Rahmen einer Endoskopie darstellen, führen einige zu klassischen syndromartigen Krankheitsbildern in Abhängigkeit von den produzierten Hormonen:
  • Ein klassisches Syndrom stellt dabei das durch Gastrinome verursachte Zollinger-Ellison-Syndrom dar. Dieses ist gekennzeichnet durch Hypergastrinämie, gastrale Hypersekretion, therapierefraktäre Ulzera und Diarrhöen. Protonenpumpeninhibitoren können die Symptomatik verschleiern (Guarnotta et al. 2018).
  • Das sog. Somatostatinom-Syndrom beinhaltet eine Kombination von Diabetes, Diarrhö, Steatorrhö, Hypohydierung oder Achlorhydrierung, Anämie und Gallensteinbildung (Vinik et al. 2017).
  • Karzinoid-Syndrome äußern sich durch Diarrhö, Bronchospasmus, Flush-Symptomatik und sekundäre Trikuspidalklappenfibrose (Ito et al. 2018).
Nach WHO (WHO-Classification of Tumors Editorial Board 2019) werden die in der nachfolgenden Tabelle dargestellten Subtypen unter dem Begriff der ampullären und duodenalen Dünndarmtumoren subsummiert. Tab. 1 gibt Informationen zu den klassischen Symptomen hormonaktiver duodenaler NET.
Tab. 1
ICD-11-Klassifikation der WHO und Subtypisierung von Dünndarm- und ampullären neuroendokrinen Tumoren. (WHO-Classification of Tumors Editorial Board 2019)
Diagnose
Symptomatik
ICD-11-Codierung
Neuroendokrine Tumoren G1
Asymptomatisch oder spezifische Symptome durch sezerniertes Hormon
8240/3
G2
Asymptomatisch oder spezifische Symptome durch sezerniertes Hormon
8240/3
G3 (NEC)
Asymptomatisch oder spezifische Symptome durch sezerniertes Hormon
8249/3
Gastrinom
Zollinger-Ellison-Syndrom, multiple Ulzera im Magen
8153/3
Somatostatinom
Symptome des Diabetes mellitus
8156/3
Enterochromaffines Karzinoid
Flush, Diarrhö, Hitzewallungen, Tachykardie
8241/3
Extraadrenales Paragangliom
Kopfschmerzen, Tachykardie, Tremor, pektanginöse Beschwerden
8693/3
Großzelliges neuroendokrines Karzinom
Asymptomatisch oder spezifische Symptome durch sezerniertes Hormon
8013/3
Kleinzelliges neuroendokrines Karzinom
Asymptomatisch oder spezifische Symptome durch sezerniertes Hormon
8041/3

Diagnostik und Differenzialdiagnostik

Die Majorität der NEN des Duodenums sind in Pars 1 und Pars 2 des Duodenums lokalisiert, letztere vornehmlich in der periampullären Region. Somatostatin-exprimierende Tumoren und Paragangliome finden sich nahezu ausnahmslos periampullär. (Rossi et al. 2018)
Für die spezifische Diagnostik von hormonaktiven Tumoren des Duodenums ist der Nachweis des jeweiligen sezernierten Hormons oder seiner Abbauprodukte beweisend. Chromogranin A und neuronspezifische Elastase (NSE) sollten mindestens einmalig bestimmt werden (Baudin et al. 1998).
Das Gastrinom ist durch erhöhte Gastrinspiegel im Serum (>1000 ng/l) nahezu bewiesen. Eine evtl. Therapie mit Protonenpumpeninhibitoren ist vor der Messung abzusetzen. Nach Provokation der Sekretion mit Sekretin kommt es häufig zu einem 100 %igen Anstieg des Gastrinspiegels.
Die klassische Symptomatik des Gastrinoms besteht in den Symptomen des Zollinger-Ellison-Syndroms. Diese sind Oberbauchschmerzen, Ulcera duodeni mit Resistenz gegenüber der Standardtherapie und Neigung zu Komplikationen (Ulkusperforation und -blutung), Refluxerkrankung, wässrige, z. T. fettige Diarrhöen (Steatorrhö), Hypersekretion und Hypergastrinämie. Die Trias von exzessiver Magensäureproduktion, rezidivierenden Ulzera im Magen, Duodenum und proximalen Jejunum in Gegenwart eines nichtinsulinproduzierenden Tumors wurde von Zollinger und Ellison als eigenständiges Krankheitsbild bereits 1955 definiert (Deveney et al. 1978).
Patienten mit Somatostatinomen haben sehr stark erhöhte Somatostatinspiegel (>1 ng/ml) im Blut (Norm <100 pg/ml) bei Symptomen eines Diabetes mellitus.
Bildgebende Verfahren wie die Computertomografie (CT) zeigen in der Regel gut begrenzte, meist rundliche, hypervaskuläre Läsionen, wobei die Nachweisgrenze 1 cm nicht unterschreitet. Geeignete bildgebende Untersuchungen neben der CT sind die Magnetresonanztomografie (MRT), die endoskopische Sonografie (EUS) und die funktionelle Somatostatin-Rezeptor-Bildgebung, heute bevorzugt als Ga68-PET/CT. Letztere eignet sich besonders zum Metastasennachweis, insbesondere bei Gastrinomen und Somatostatinomen, darüber hinaus die Octreotid-Szintigrafie oder die Positronen-Emissions-Tomografie (PET) (Rinke et al. 2018).
Eine Vielzahl molekularer bildgebender Verfahren wie 68Ga-DOTA-SSA-PET/CT, 18F-FDG-PET/CT, 18F-DOPA-PET/CT, 11C-5-HATP radiomarkierte GLP-1R-Rezeptor-Liganden und radiomarkierte Somatostatinantagonisten (SRI) wurden in der Bildgebung duodenaler NET mit gutem Ergebnis eingesetzt (Lee et al. 2018), erlauben aber aus chirurgischer Sicht keine ausreichende Lokalisationsdiagnostik für eine detaillierte OP-Planung.
Duodenale NET sind in der Regel <2 cm messende polypoide Läsionen innerhalb der Submukosa. Insbesondere Gastrinome können mit einer geringen Größe von <0,8 cm im Durchschnitt innerhalb der Duodenalwand sehr schwer zu finden sein und benötigen häufig eine intraoperative palpatorische Exploration des Duodenums (Scherubl et al. 2011).
In der Lokalisation von kleinen NET des Duodenums kommt aus chirurgischer Sicht der Endoskopie und Endosonografie (EUS) eine besondere Bedeutung zu. Die EUS ist die akzeptiert sensitivste Diagnostik zum Nachweis kleiner NET der Duodenalwand <5 mm (Lee et al. 2018). Im Vergleich zum CT, welches nicht in der Lage ist kleinere, beispielsweise in der Wand des Duodenum gelegene NET nachzuweisen, war der Nachweis mit der EUS bei Tumoren <1 cm in 65 % der Fälle möglich (Ito und Jensen 2016). EUS-basierte Feinnadelaspiration oder Biopsie/Entfernung stellen den Goldstandard für die histologische Sicherung von im Duodenum gelegenen NET dar (Zilli et al. 2018).

Therapieziel und Indikationsstellung

Nichtgastrinome

Kurative Therapieoptionen ergeben sich nur im nichtmetastasierten Stadium.
Der in Abb. 2 dargestellte Algorithmus gibt eine Empfehlung zum Vorgehen bei Nichtgastrinomen. Therapieziel muss demnach die vollständige und kurative Resektion sein. Nach der Diagnostik durch eine endoluminale Biopsie und histologische Sicherung erfolgt die Therapie gemäß Größe des duodenalen NET.
Duodenale NET (außer Gastrinomen) werden entsprechend der ENETS (European Neuroendocrine Tumor Society)-Leitlinien (Delle Fave et al. 2016) wie folgt behandelt:
  • Periampulläre Tumoren <1 cm werden chirurgisch entfernt, nichtperiampulläre, falls technisch möglich, endoskopisch.
  • Tumoren zwischen 1 und 2 cm können nach Expertise chirurgisch oder endoskopisch entfernt werden.
  • Tumoren >2 cm benötigen eine EUS und eine CT. Bei nodal-positiven Befunden erfolgt die chirurgische Therapie mit Entfernung der Lymphknoten (onkologisches OP-Verfahren). Im metastasierten Stadium erfolgen die Durchführung eines Octreo-Scan und die medikamentöse Therapie (Abb. 2).

Gastrinome

Eine Sondersituation stellt das Management der Gastrinome dar. Bei Patienten mit einem Zollinger-Ellison-Syndrom liegen bereits bei Diagnosestellung in >50 % Lymphknotenmetastasen und in >10 % Lebermetastasen vor. Die Indikation für die Operation ist auch in diesen Stadien großzügig zu stellen, wobei wenn möglich Primarius und Metastasen entfernt werden sollten, damit biochemische Heilungsraten um 50 % erreicht werden können (Norton et al. 2004). Biochemische Kontrolle ist nach der kurativen vollständigen Resektion ein wichtiges Therapieziel in der chirurgischen Behandlung der Gastrinome. Obwohl nach moderneren Studien die Kuration in <50 % der Studien durch die Chirurgie möglich ist (Norton et al. 2018), stellt die Chirurgie eine wichtige Komponente der biochemischen Kontrolle bei sporadischen Gastrinomen oder MEN1-assoziiertem Zollinger-Ellison-Syndrom dar.

Präoperative Planung und Verfahrenswahl

In den Deutschen S2k-Leitlinien (Rinke et al. 2018) wird für gut differenzierte, nichtfunktionelle NET (Nichtgastrinome) des Duodenums, die auf Mukosa und Submukosa beschränkt sind, einen Durchmesser bis 1 cm besitzen und eine niedrige proliferative Aktivität (Ki-67 <2 %, G1) und kein angioinvasives Wachstum zeigen, der Begriff NET ohne Risikofaktoren gewählt. Diese können mittels EMR (endoskopische Mukosaresektion) reseziert werden. Das Risiko für Lymphknotenmetastasen ist gering (Vanoli et al. 2017; Kachare et al. 2014). Dies kann auch für NET bis 2 cm erwogen werden (Randle et al. 2014).
Duodenale NET mit Angioinvasion, einer erhöhten Proliferationsrate (Ki-67 >2 %), einer Größe >2 cm oder Infiltration der Submukosa oder Muskularis sollten primär operiert werden (Soga 2003; O’Toole et al. 2012). Dies betrifft auch G3 neuroendokrine Tumoren des Duodenums unabhängig von der Größe (Ki67 >20 %) und kleine periampulläre Somatostatinome.
Bei lymphatischen Metastasen stehen die onkologischen Resektionsverfahren am Pankreaskopf, die Kausch-Whipple-Operation oder die pyloruserhaltende Longmire-Traverso-Operation (Duodenohemipankreatektomie) zur Verfügung, da diese eine routinemäßige Lymphadenektomie (LAD) inkludieren. (Abb. 3).
Gastrinome sollten generell nicht endoskopisch behandelt werden, da auch kleine Gastrinome sehr früh metastasieren können und in den beschriebenen Einzelberichten zur endoskopischen Gastrinomentfernung eine systematische LAD nicht erfolgt ist (Norton und Jensen 2004). Insbesondere beim Gastrinom kommt der Lymphadenektomie eine entscheidende Rolle zu. Es wurde in der Vergangenheit auch gezeigt, dass durch diese systematische LAD bei sporadischen Gastrinomen das Risiko für eine spätere Lebermetastasierung reduziert werden kann. Die routinemäßige Exploration von Patienten mit sporadischen Gastrinomen solle daher empfohlen werden (Norton et al. 2006).
Zur systematischen onkologischen Lymphadenektomie gehören die Lymphknotenstationen 8, 12 (Lig. hepatoduodenale), 13 a und b (periduodenal), 17 a und b (retropankreatisch), 14 a, b und c (A. mesenterica superior) sowie die interaortokavalen Lymphknoten (Sun et al. 2010).
Bildgebende Verfahren entbehren vielfach der Akkuratesse für einen präoperativen Nachweis der oftmals sehr kleinen duodenalen Gastrinome, weshalb die palpatorische Exploration des Duodenums im Bereich der duodenalen Vorderwand und Hinterwand sowie des Pankreaskopfes integraler Bestandteil einer chirurgischen Exploration beim Gastrinom darstellen sollte. Damit bleibt die operative Behandlung des Gastrinoms die Domäne der offen-chirurgischen Exploration.
Gastrinome finden sich dabei klassischerweise in dem sog. Gastrinomdreieck, wie in Abb. 4 dargestellt. Grundsätzlich ist die Rolle der Chirurgie für die kurative Behandlung des Gastrinoms jedoch nach wie vor nicht unumstritten (Hirschowitz et al. 2005).Für die Operation (Thompson et al. 1989) zur lokalisierten Entfernung von Gastrinomen aus der Duodenalwand empfehlen die Autoren folgendes Vorgehen:
  • Quere Oberbauchlaparotomie, rechtsseitig betont.
  • Exploration des Situs und der Leber ggf. intraoperativer Ultraschall der Leber.
  • Zugang zum Pankreaskopf und ausgedehntes Kocher-Manöver mit Mobilisation des Duodenums und Pankreaskopfes über die Vena cava inferior hinweg bis zur linken Nierenvene.
  • Palpation des Pankreaskopfes und der duodenalen Vorderwand und Hinterwand, ggf. auch mit intraoperativem Ultraschall des Duodenums und Pankreaskopfes.
  • Längsduodenotomie und isolierte Palpation der Duodenalvorderwand und Duodenalhinterwand.
  • Exzision der gefundenen Gastrinome und Verschluss der Duodenotomie.
  • Systematische LAD der Lymphknotenstationen 8, 12 (Lig. hepatoduodenale), 13 a und b (periduodenal), 17 a und b (retropankreatisch), 14 a, b und c (A. mesenterica superior) sowie der interaortokavalen Lymphknoten.
Sollte sich bei der chirurgischen Exploration zeigen, dass das bildgebend nachgewiesene Gastrinom nur einer Lymphknotenmetastasierung entspricht, so ist eine extensive Exploration von Duodenum und Pankreaskopf innerhalb der Grenzen des Gastrinomdreiecks (Abb. 4) durchzuführen. Ein mangelnder Nachweis des Primärtumors sollte eine systematische LAD nach sich ziehen, nicht aber die blinde Pankreatoduodenektomie (Norton und Jensen 2004). Da die lokale Exzision von nachgewiesenen Gastrinomen in der Duodenalwand bei MEN1-Patienten mit einer hohen Rezidivrate verbunden ist, wird die Pankreatoduodenektomie jedoch als Therapiealternative einer lokalen Exzision empfohlen und von den Autoren dieses Kapitels auch als solche praktiziert. Bei diesem Vorgehen ist dann auch der Einsatz minimalinvasiver Verfahren mit LAD bei ausreichender Expertise gerechtfertigt, da die sonst notwendige Palpation wegfällt. MEN1-assoziierte Gastrinome haben häufig multiple Lokalisationen innerhalb der Duodenalwand und weisen häufig eine ungünstige Prognose auf. Spezialisierte Autoren haben aber gezeigt, dass die frühe und aggressive Therapie von NET bei Patienten mit MEN1 die Entwicklung von Lebermetastasen verhindern kann (Lopez et al. 2011; Sadowski et al. 2020).
Für die transduodenale Resektion bei Nichtgastrinomen eignen sich bei ausreichender Expertise des Operateurs minimalinvasive oder robotergestützte OP-Verfahren. Abb. 5 zeigt die Da-Vinci-gestützte transduodenale Entfernung eines polypösen NET in der Duodenalwand durch Duodenostomie im Rendezvous-Manöver mit intraoperativer Gastroskopie.
Für die Entfernung periampullärer Tumoren eignet sich die transduodenale Papillenresektion und -rekonstruktion. Für die Papillenresektion empfehlen die Autoren folgendes Vorgehen:
  • Quere Oberbauchlaparotomie, rechtsseitig betont.
  • Ausgedehntes Kocher-Manöver mit Mobilisation des Duodenums und Pankreaskopfes über die Vena cava inferior hinweg bis zur linken Nierenvene.
  • Längsinzision am Duodenum und Aufhängen der duodenalen Vorder- und Hinterwand an Haltenähten zur guten Exposition der Papille.
  • Unterspritzen des periampullären Tumors mit 1:10.000 Adrenalin zwischen Mukosa und Muskularis zur Reduktion der Blutungsneigung.
  • Vorzeichnen der Resektionsgrenzen mit monopolarem Strom auf der duodenalen Mukosa.
  • Schrittweise Entfernung des Tumors mit Mukosa zunächst apikal am Gallengang. Sobald die Wand des Gallengangs sichtbar wird, erfolgt das Anheften derselben mit einem 5-0-PDS-Haltefaden. Die Haltefäden verhindern die Retraktion der Wand und erleichtern die spätere Rekonstruktion.
  • Zirkuläre weitere Präparation und Entfernung des M. sphinkter oddi bis zum Pankreasgang. Sobald die Wand des Pankreasgangs sichtbar wird, erfolgt das Anheften derselben mit einem 5-0-PDS-Haltefaden.
  • Vervollständigung der zirkulären Präparation und Entfernung des Tumors.
  • Evertierende Einzelknopfnähte (5-0 oder 6-0 PDS C1) zwischen Pankreasgang und Duodenalwand und Gallengang und Duodenalwand. Gegebenenfalls kann ein Stent oder ZVK-Schlauch in den Gallengang oder Pankreasgang zur Rekonstruktion platziert werden.
  • Verschluss der Duodenostomie in fortlaufender Nahttechnik (4-0 PDS SH).
Duodenale Manschettenresektionen (García-Molina et al. 2015) oder pankreaserhaltende Duodenumresektionen (Imamura et al. 2005) wurden vereinzelt beschrieben. Für duodenale NET unterhalb der Papillenregion in Pars III und Pars IV des Duodenums können segmentale Resektionen des Duodenums eine chirurgische Option darstellen (Mitchell et al. 2017).

Intra- und postoperative Komplikationen

Typische intraoperative Komplikationen beinhalten die Blutung, insbesondere bei lokaler Resektion von Tumoren aus dem gut durchbluteten Duodenum. Die Unterspritzung von mukosalen und submukosalen Tumoren mit 1:10.000-fach verdünntem Adrenalin kann den Tumor von der Muskularis abheben und die Blutungsneigung der Mukosa minimieren.
Postoperative Komplikationen ergeben sich verfahrensspezifisch:
Onkologische Duodenopankreatektomien sind verbunden mit einem Risiko für Insuffizienzen der Anastomosen (Pankreasanastomose, biliodigestive Anastomose oder Gastroenterostomie), Blutungskomplikationen („post pancreatectomy haemorrhage“) oder funktionelle Folgen der Resektion wie exokrine oder endokrine Insuffizienz oder Magenentleerungsstörungen.
Lokale Resektionsverfahren am Duodenum haben ebenfalls ein inhärentes Risiko einer Nahtundichtigkeit, insbesondere wenn die Naht unter Spannung angelegt wird. Stenosen des Duodenums nach primärer Naht oder der periampullären Region können zu duodenalen Passagestörungen führen oder zu sekundären Stenosen des reinserierten Pankreas- oder Gallengangs.

Postoperatives Management

Monitoring postoperativer Drainagen beinhaltet die Messung von Amylase und Bilirubin in den Drainagen. Kostaufbau nach duodenalen Resektionen kann mit flüssiger Kost am 1. Tag nach der Resektion erfolgen. Bei periampullären Läsionen sollte auf die Entwicklung einer akuten Pankreatitis oder Gallengangsstenose mit Enzymerhöhung im Serum geachtet werden.

Prognose und Lebensqualität

Die 5- und 10-Jahres-Überlebensraten von Patienten mit periampullären und duodenalen NET betragen zwischen 70–80 %. Tumoren <2 cm haben dabei eine noch bessere Prognose. Lymphknotenmetastasen sind relativ häufig, haben jedoch scheinbar keinen wesentlichen Einfluss auf die Prognose im Sinne des Gesamtüberlebens und krankheitsfreien Überlebens, ebenso wie die Zahl der entnommenen Lymphknoten oder der lokale Resektionsstatus (Gamboa et al. 2019).
Gastrinome haben eine schlechtere Prognose und hormonaktive LK-Metastasen sind häufig. Lebermetastasen stellen den wichtigsten prognostischen Faktor dar (Yu et al. 1999).
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