Erhöhtes Endokarditis-Risiko nach Hautverletzungen

Zwei Registeranalysen aus Japan deuten auf ein vierfach erhöhtes Risiko einer infektiösen Endokarditis nach einer Hautverletzung. Die Gefahr besteht vor allem in den ersten vier Wochen nach einem Trauma. Hinweis: Das Wichtigste in Kürze zu dieser Studie finden Sie am Ende des Artikels. Neben angeborenen Herzerkrankungen, Herzklappen- und Zahnoperationen wird auch über Hautverletzungen als Ursache für eine infektiös bedingte Endokarditis diskutiert. Fallserien hatten immer wieder eine recht hohe Rate von Hautverletzungen bei Endokarditis-Patienten ergeben, allerdings sind solche Verletzungen recht häufig, ohne Kontrollgruppen lässt sich schwer sagen, ob es tatsächlich einen Zusammenhang gibt. Einen solchen konnten Epidemiologen um Dr. Hiroyuki Ohbe von der Universität in Tokio nun anhand von Registerdaten belegen. Sie fanden ein rund vierfach erhöhtes Endokarditis-Risiko in den ersten vier Woche nach einer traumatischen Hautverletzung. Das Team um Ohbe hat für die Analyse Angaben aus zwei japanischen Krankenversicherungsregistern ausgewertet. Das erste umfasst rund sechs Millionen Personen, die zumeist bei großen japanischen Firmen beschäftigt und unter 65 Jahre alt sind, das zweite rund 800.000 gesetzlich Versicherte aus der Präfektur Kumamoto, fast alle im Alter von über 65 Jahren. Die Forscher schauten zunächst nach Endokarditis-Diagnosen in den Jahren 2012 bis 2018. In dem Register mit Firmenbeschäftigten fanden sie 552 Patienten mit einer erstmals diagnostizierten infektiösen Endokarditis, im Kumamoto-Register waren es 678. Jedem Patienten stellten sie jeweils vier Versicherte im selben Alter und mit demselben Geschlecht, aber ohne Endokarditis gegenüber. Die Endokarditis-Patienten im Firmenregister waren im Schnitt 48 Jahre alt und zu zwei Dritteln Männer, im Kumamoto-Register 79 Jahre und zur Hälfte Frauen. Enger zeitlicher Zusammenhang Bei 2,8% der Endokarditis-Patienten des Firmenregisters wurden in den vier Wochen vor dem Ereignis auch traumatische Hautwunden diagnostiziert, dies war dagegen nur bei 0,5% der Kontrollpatienten in den vier Wochen vor der Aufnahme in die Auswertung der Fall. Unter Berücksichtigung diverser Begleitfaktoren und Komorbiditäten ergibt sich daraus ein 4,3-fach erhöhtes Risiko für eine infektiöse Endokarditis nach einer Hautverletzung. Für länger zurückliegende Hautverletzungen fanden die Experten keinen statistisch signifikanten Zusammenhang mit der Herzinfektion. Der Zusammenhang wurde ebenfalls deutlich, wenn sich die Epidemiologen sämtliche Patienten anschauten, die in den rund sechs Jahren sowohl eine Endokarditis als auch eine traumatische Hautwunde aufwiesen. Die Endokarditis trat vermehrt in den ersten vier Woche nach der Hautverletzung auf, die Forscher fanden nach dieser Berechnung ein 3,8-fach erhöhtes Risiko für die Herzerkrankung im ersten Monat nach einer Hautverletzung. Die Auswertung des Kumamato-Registers mit älteren Versicherten ergab ähnliche Zahlen: 4,0% der Endokarditis-Patienten und 1,1% der Kontrollpersonen hatten im Vierwochenzeitraum vor der Auswertung eine traumatische Hautverletzung, danach ist das adjustierte Endokarditis-Risiko in den vier Wochen nach dem dermalen Trauma 4,2-fach erhöht. Wurden wiederum nur Patienten mit Endokarditis und Hautverletzungen berücksichtigt, ergibt sich ein 2,6-fach erhöhtes Risiko für die kardiale Infektion in den ersten vier Wochen nach einer Hautverletzung. Auch hier zeigte sich für längere Intervalle kein statistisch belastbarer Zusammenhang. Bei Hautverletzungen gibt es oft Infektionen mit Staphylococcus aureus, dieser Keim ist zugleich das häufigste Pathogen bei einer infektiösen Endokarditis, von daher liegt ein kausaler Zusammenhang auf der Hand, dieser wird zudem durch die zeitliche Abfolge gestützt: Nur in den ersten vier Wochen nach der Hautverletzung ist das Endokarditis-Risiko erhöht. Wie immer bei dieser Art von Analysen können aber nicht berücksichtigte Störfaktoren die Resultate beeinflussen. Der Zusammenhang müsste daher in weiteren Studien geprüft werden. Das Wichtigste in Kürze Frage: Ist das Risiko für eine infektiöse Endokarditis nach einer Hautverletzung erhöht? Antwort: Zwei japanische Krankenversicherungsregister deuten auf ein vierfach erhöhtes Risiko in den ersten vier Wochen nach einer Hautverletzung. Bedeutung: Möglicherweise begünstigt eine Wundinfektion mit Staphylococcus aureus eine infektiöse Endokarditis. Einschränkung: Fall-Kontroll-Studie, kausaler Zusammenhang bleibt offen.

Springer Medizin

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