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Einfluss von Adenomyose auf plazentavermittelte Schwangerschaftskomplikationen

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Redaktion

Herbert Fluhr, Graz
Maren Goeckenjan, Dresden
Roxana Popovici, München
Barbara Sonntag, Hamburg
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Der Verlag bleibt in Hinblick auf geografische Zuordnungen und Gebietsbezeichnungen in veröffentlichten Karten und Institutsadressen neutral.
Originalpublikation
Matot R, Bar-Peled U, Geron Y, Danieli-Gruber S, Gilboa Y, Drukker L, Krissi H, Borovich A, Perlman S (2025) Effect of adenomyosis on placenta-related obstetric complications. Reprod Biomed Online. 50(1):104414. https://​doi.​org/​10.​1016/​j.​rbmo.​2024.​104414.
Hintergrund.
Die Adenomyose als gutartige gynäkologische Erkrankung betrifft schätzungsweise 20–30 % der Frauen im reproduktiven Alter und ist häufig assoziiert mit Symptomen wie Dysmenorrhö und Blutungsstörungen [1, 2]. Zusätzlich zum Einfluss auf die Lebensqualität spielt die Adenomyose eine relevante Rolle hinsichtlich Infertilität [3, 4]. Die Diagnose einer Adenomyose stellt mitunter einer Herausforderung dar, wobei hochauflösende Ultraschalltechniken heutzutage als Goldstandard zu betrachten sind [5, 6]. Im Zusammenhang mit einer Adenomyose werden zudem häufig Myome sowie auch Endometriose beobachtet.
Die aktuelle Datenlage hinsichtlich der Korrelation von Adenomyose und Schwangerschaftskomplikationen ist heterogen und nicht abschließend geklärt [79]. Als Schwäche der bisherigen Arbeiten sind einerseits beeinflussende Co-Faktoren wie beispielsweise eine „artificial reproductive technique“ (ART) sowie auch die nicht valide Diagnosesicherung der Adenomyose zu sehen. Vor diesem Hintergrund wurde in der vorliegenden Studie der Zusammenhang von sonographisch diagnostizierter Adenomyose sowie plazentamediierten geburtshilflichen Komplikationen in einer klar definierten Kohorte untersucht.
Studienaufbau.
Bei der vorliegenden Arbeit handelt es sich um eine retrospektive Kohortenstudie, welche Daten aus dem Zeitraum Januar 2010 bis August 2022 einschließt. Untersucht wurden Patientinnen mit einer Geburt nach SSW 23, bei denen zugleich in einem Zeitraum von 5 Jahren vor oder nach Geburt sonographisch die Diagnose einer Adenomyose gestellt worden war. Ausschlusskriterien waren uterine Malformationen, Myome, Endometriose, ART, Mehrlingsschwangerschaften sowie auch Geburten mit Kindern mit größeren Fehlbildungen. Als primäres Outcome wurde das Auftreten plazentamediierter Komplikationen betrachtet und mit einer Kontrollgruppe verglichen. Als plazentamediierte Komplikationen wurden von den Autoren definiert: Small-for-gestational-age(SGA)-Fetus, hypertensive Schwangerschaftserkrankungen, Plazentaablösung sowie eine postpartale Hämorrhagie.
Studienergebnisse.
Im Studienzeitraum wurden insgesamt 710 Frauen mit Adenomyose identifiziert, wobei 227 Patientinnen selektiert wurden, die entsprechend eine Geburt hatten. Nach Anwendung der strikten Ausschlusskriterien ergab sich eine Studiengruppe von insgesamt 121 Frauen, wobei 59 davon eine sonographisch diagnostizierte Adenomyose aufwiesen und 62 Frauen als Kontrollen betrachtet wurden. Insgesamt waren 203 Geburten zu verzeichnen, davon 90 in der Adenomyosegruppe und 113 in der Kontrollgruppe. Bereits nach dieser Gruppenzuordnung zeigten sich signifikante Unterschiede hinsichtlich des Alters der Patientinnen sowie auch der prophylaktischen Einnahme von Acetylsalicylsäure (ASS) zur Präeklampsieprophylaxe. Lediglich das „composite outcome“ „abnormal placental function“ war signifikant höher in der Adenomyosegruppe verglichen mit der Kontrollgruppe (27 % versus 11 %). Keine signifikanten Unterschiede zeigten sich allerdings in den Einzeloutcomeparametern (SGA, hypertensive Schwangerschaftserkrankungen, postpartale Blutung [Placenta praevia, Placenta accreta]). Hinsichtlich hypertensiver Schwangerschaftserkrankungen wurde eine Prävalenz von 9,8 % in der Adenomyosegruppe und 2,7 % in der Kontrollgruppe betrachtet, wobei dieser Unterschied nicht statistisch signifikant war.
Diskussion.
In der Gesamtschau konnten die AutorInnen der vorliegenden Studie bei Betrachtung eines „composite outcome“ zeigen, dass Frauen mit Adenomyose plazentamediierte Schwangerschaftskomplikationen haben, wobei dies bei Betrachtung der einzelnen Parameter nicht signifikant war. Als Grund hierfür ist die sicherlich kleine Fallzahl dieser Studie zu sehen ebenso wie auch die strikten Ein- und Ausschlusskriterien, welche das gemeinsame Vorkommen von Adenomyose und Myomen sowie Adenomyose und Endometriose im Studienkollektiv nicht zulassen. Auch der Aspekt des retrospektiven Charakters der Studie ist kritisch zu diskutieren. Mit Vorsicht kann aus den vorliegenden Ergebnissen geschlossen werden, dass das Krankheitsbild der Adenomyose allein auf einzelne plazentavermittelte Schwangerschaftskomplikationen keinen signifikanten Einfluss hat, dies jedoch in einer „Real-life“-Situation in den Hintergrund tritt, da bei der Mehrheit der betroffenen Patientinnen weitere Pathologien wie bspw. Myome oder Endometriose hinzukommen. Diese Kombinationen wurden in dieser Studie nicht betrachtet, weswegen eine Übertragung auf das tägliche Alltagsgeschehen schwierig ist. In jedem Fall sind zukünftig gut strukturierte prospektive Studien notwendig, um diese Thematik aussagekräftig zu adressieren.

Fazit für die Praxis

Im realen Alltag spielt sicherlich die häufiger vorkommende Kombination mit anderen Pathologien und deren nachweislich komplikationssteigernder Einfluss auf die Schwangerschaft eine Rolle in der Einschätzung. Hinsichtlich grundlagenwissenschaftlicher Fragestellungen sowie eines tieferen Verständnisses der Pathophysiologie bleibt es zunächst offen, welchen detaillierten Einfluss eine Adenomyose auf das Plazentationsgeschehen während einer Schwangerschaft hat.

Interessenkonflikt

H. Fluhr gibt an, dass kein Interessenkonflikt besteht.
Open Access Dieser Artikel wird unter der Creative Commons Namensnennung 4.0 International Lizenz veröffentlicht, welche die Nutzung, Vervielfältigung, Bearbeitung, Verbreitung und Wiedergabe in jeglichem Medium und Format erlaubt, sofern Sie den/die ursprünglichen Autor(en) und die Quelle ordnungsgemäß nennen, einen Link zur Creative Commons Lizenz beifügen und angeben, ob Änderungen vorgenommen wurden. Die in diesem Artikel enthaltenen Bilder und sonstiges Drittmaterial unterliegen ebenfalls der genannten Creative Commons Lizenz, sofern sich aus der Abbildungslegende nichts anderes ergibt. Sofern das betreffende Material nicht unter der genannten Creative Commons Lizenz steht und die betreffende Handlung nicht nach gesetzlichen Vorschriften erlaubt ist, ist für die oben aufgeführten Weiterverwendungen des Materials die Einwilligung des jeweiligen Rechteinhabers einzuholen. Weitere Details zur Lizenz entnehmen Sie bitte der Lizenzinformation auf http://​creativecommons.​org/​licenses/​by/​4.​0/​deed.​de.

Hinweis des Verlags

Der Verlag bleibt in Hinblick auf geografische Zuordnungen und Gebietsbezeichnungen in veröffentlichten Karten und Institutsadressen neutral.

Univ.-Prof. Dr. Herbert Fluhr

ist Leiter der Klinischen Abteilung für Geburtshilfe; Leiter des Schwerpunkts für Gynäkologische Endokrinologie und Fortpflanzungsmedizin.

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Titel
Einfluss von Adenomyose auf plazentavermittelte Schwangerschaftskomplikationen
Verfasst von
Univ.-Prof. Dr. Herbert Fluhr, MHBA
Publikationsdatum
01.09.2025
Verlag
Springer Medizin
Erschienen in
Gynäkologische Endokrinologie / Ausgabe 4/2025
Print ISSN: 1610-2894
Elektronische ISSN: 1610-2908
DOI
https://doi.org/10.1007/s10304-025-00652-y
1.
Zurück zum Zitat Loring M, Chen TY, Isaacson KB (2021) A systematic review of adenomyosis: it is time to reassess what we thought we knew about the disease. J Minim Invasive Gynecol 28:644–655CrossRefPubMed
2.
Zurück zum Zitat Nirgianakis K, Kalaitzopoulos DR, Schwartz ASK, Spaanderman M, Kramer BW, Mueller MD, Mueller M (2021) Fertility, pregnancy and neonatal outcomes of patients with adenomyosis: a systematic review and meta-analysis. Reprod Biomed Online 42:185–206CrossRefPubMed
3.
Zurück zum Zitat Cozzolino M, Tartaglia S, Pellegrini L, Troiano G, Rizzo G, Petraglia F (2022) The effect of uterine adenomyosis on IVF outcomes: a systematic review and metaanalysis. Reprod Sci 29:3177–3193CrossRefPubMed
4.
Zurück zum Zitat Mishra I, Melo P, Easter C, Sephton V, Dhillon-Smith R, Coomarasamy A (2023) Prevalence of adenomyosis in women with subfertility: systematic review and meta-analysis. Ultrasound Obstet Gynecol 62:23–41CrossRefPubMed
5.
Zurück zum Zitat Harmsen MJ, Trommelen LM, de Leeuw RA, Tellum T, Juffermans LJM, Griffioen AW, Thomassin-Naggara I, Van den Bosch T, Huirne JAF (2023) Uterine junctional zone and adenomyosis: comparison of MRI, transvaginal ultrasound and histology. Ultrasound Obstet Gynecol 62:42–60CrossRefPubMed
6.
Zurück zum Zitat Harmsen MJ, Van den Bosch T, de Leeuw RA, Dueholm M, Exacoustos C, Valentin L, Hehenkamp WJK, Groenman F, De Bruyn C, Rasmussen C, Lazzeri L, Jokubkiene L, Jurkovic D, Naftalin J, Tellum T, Bourne T, Timmerman D, Huirne JAF (2022) Consensus on revised definitions of Morphological Uterus Sonographic Assessment (MUSA) features of adenomyosis: results of modified Delphi procedure. Ultrasound Obstet Gynecol 60:118CrossRefPubMedPubMedCentral
7.
Zurück zum Zitat Horton J, Sterrenburg M, Lane S, Maheshwari A, Li TC, Cheong Y (2019) Reproductive, obstetric, and perinatal outcomes of women with adenomyosis and endometriosis: a systematic review and meta-analysis. Hum Reprod Update 25:593–633CrossRef
8.
Zurück zum Zitat Neal S, Morin S, Werner M, Gueye NA, Pirtea P, Patounakis G, Scott R, Goodman L (2020) Three-dimensional ultrasound diagnosis of adenomyosis is not associated with adverse pregnancy outcome following single thawed euploid blastocyst transfer: prospective cohort study. Ultrasound Obstet Gynecol 56:611–617CrossRefPubMed
9.
Zurück zum Zitat Scala C, Maggiore ULR, Racca A, Barra F, Vellone VG, Venturini PL, Ferrero S (2018) Influence of adenomyosis on pregnancy and perinatal outcomes in women with endometriosis. Ultrasound Obstet Gynecol 52:666–671CrossRefPubMed

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