Entwicklung der Medizin in Wilna. Anfänge der Urologieetablierung am Beispiel von Kornel Michejda (1887–1960) und Simon Perlmann (1898–1949)

Die polnische Universität in Wilna wurde im Jahre 1919 wieder geöffnet. 1924 entstand die Chirurgische Klinik mit 110 Betten. Als erster Ordinarius wurde Kornel Michejda, Schüler des Professors Kader aus Krakau, nominiert. Michejda war ein vielseitig ausgebildeter und universeller Chirurg und begabter Dozent. Er beschäftigte sich überdurchschnittlich mit urologischen Krankheitsbildern und operierte auch zahlreiche Patienten mit Krankheiten der Harnorgane. 1933 errichtete er als erster in seiner Klinik in Wilna eine urologische Station und eine getrennte urologische Sprechstunde in seiner Polyklinik. Erster Leiter der urologischen Station wurde Dr. Perlmann aus Berlin. Perlmann war ein erfahrener Chirurg und Urologe. Er erlernte die Chirurgie bei August Bier in Berlin und war ein langjähriger Mitarbeiter von Prof. Eugen Joseph. Nach dem Freitod seines Chefs emigrierte Perlmann 1933 nach Polen und bekam von Michejda eine Stelle als Leiter der Urologischen Station in Wilna. Von 1933 bis 1935 behielt er diesen Posten. In dieser kurzen Zeit modernisierte er diese Einrichtung erheblich. Dank seines Engagements und großer Facherfahrung gelang es Perlmann, die Abteilung von ihren Anfängen an zu organisieren und sie zu einer modernen Diagnostik und urologischen Versorgung zu gestalten. Das Fallbeispiel zeigt, wie ein Urologe der endoskopischen Richtung zur Fachetablierung an der ältesten polnischen Universität wesentlich beigetragen hat. Michejda, Perlmann und Janowicz kann man als Begründer der Urologie in Wilna bezeichnen. Ausführliche Recherchen in Archiven und Bibliotheken in Polen, Litauen, Deutschland und Israel sind zu diesem Thema unternommen worden. Bis Ende 1945 gab es in Wilna keine selbständige Urologische Abteilung.