Erschienen in:
20.01.2017 | Dysthymia | Leitthema
Geschlechtsinkongruenz und -dysphorie
Konzepte und Behandlungsempfehlungen für Trans*Menschen
verfasst von:
Dr. med. David Garcia Nuñez, Timo O. Nieder
Erschienen in:
Gynäkologische Endokrinologie
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Ausgabe 1/2017
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Zusammenfassung
Westliche Kulturen sind durch eine Geschlechterordnung geprägt, die nur zwei Kategorien kennt: Mann und Frau. Vielfältige klinische und Alltagserfahrungen führen dazu, dass dieses binäre Denksystem innerhalb der Medizin kaum hinterfragt wird. Gleichwohl suchen immer mehr Personen medizinische, psychiatrische und psychotherapeutische Hilfe, da sie sich dem Geschlecht, das ihnen bei Geburt aufgrund körperlicher Geschlechtsmerkmale zugewiesen wurde, nicht zugehörig fühlen. Diese Menschen werden als Trans*Menschen bezeichnet. Die biopsychosoziale Spannung zwischen ihrem biologisch markierten Körper und ihrem erlebten Geschlecht wird Geschlechtsinkongruenz (GI) genannt. Ferner wird unter Geschlechtsdysphorie (GD) die Verknüpfung der GI mit einem klinisch feststellbaren Leiden verstanden. GI und GD sind neue Begriffe, die das bisherige pathologisierende Konzept des Transsexualismus und seiner binären Zwangslogik überwinden. Auf der Basis dieser neuen diagnostischen Entitäten werden in diesem Beitrag praktische Schritte zur Abklärung, Behandlung und Betreuung von Trans*Menschen beschrieben. Hierbei werden unter Berücksichtigung aktueller Erkenntnisse aus dem sexualwissenschaftlichen Bereich verschiedene Spannungsfelder und Herausforderungen in der medizinischen, psychiatrischen und psychotherapeutischen Versorgung von Trans*Menschen thematisiert. Die Transition stellt eine sichere Methode dar, mit der sowohl GI als auch GD reduziert werden können. Sie bedarf eines inter- bzw. transdisziplinären Zugangs, in dessen Rahmen Trans*Menschen nach erfolgter Aufklärung innerhalb eines partizipativen Prozesses selbstbestimmt die beste individuelle Therapieoption für sich wählen können. Trans*Menschen sind zeitlebens auf eine gute medizinische und manchmal auch psychiatrische bzw. psychotherapeutische Nachsorge angewiesen.