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Erschienen in:

2022 | OriginalPaper | Buchkapitel

1. „Entzündet, vergrößert oder entartet?“

verfasst von : Peter Weib

Erschienen in: ProstaTALK

Verlag: Springer Berlin Heidelberg

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Zusammenfassung

ProstatTalk. Drei verschiedene Prostataleiden sind das Thema einer imaginären Unterhaltung zwischen Arzt und Patient. Neben den bösartigen, gutartigen und entzündlichen Prostata-Erkrankungen stehen Aspekte der „Männermedizin“ im Gesprächsfokus. Im ersten Kapitel erfährt der Leser mehr über seinen Gesprächspartner. Urologen erzählen etwas von sich. Medizinhistorische Schlaglichter und Geschichten schaffen die notwendige Vertrautheit für den späteren Dialog. Das propädeutische zweite Kapitel informiert über Bau und Funktion der Prostata und bereitet auf den Arztbesuch vor. Urologische Untersuchungsmethoden werden vorgestellt. Der Diskurs führt zur Frage, ob Vorsorge Sinn macht? Das gesamte dritte Kapitel ist der bösartigen Prostataerkrankung gewidmet. Der Parcours erstreckt sich von der Diagnose über die Therapie bis hin zu sozialmedizinischen Aspekten. Auch finden Risikobewertungen statt. Der gutartigen Prostatavergrößerung ist das vierte Kapitel vorbehalten. Von der Entstehung der auftretenden Beschwerden bis zur Behandlung liefert das Kapitel alle notwendigen Informationen. Prostata und Blase führen hierbei eine intensive Ehe. Alles Wissenswerte zu dieser Beziehung findet sich in diesem Kapitel. Im fünften Teil stehen die vier Formen der Prostataentzündung im Fokus. Wie unterscheiden sie sich? Wie ist die Behandlung? Das sechste und vorletzte Kapitel mit dem Titel Pharmakologie.io beschäftigt sich mit den zur Behandlung erforderlichen Präparaten. Abschließend werden im siebten Kapitel die im Text benutzten Fach- und Fremdwörter in Form eines Nachschlagewerkes erläutert.
Wieso ist eigentlich dieses Buch entstanden?
Dafür gab es einige gute Gründe. Fangen wir ganz vorne an. Die Idee folgt den strategischen Inhalten des nationalen Krebsplanes (2008). Eines der Ziele ist die Stärkung der Patientenorientierung (Patient-Empowerment). Eigene, d. h. selbst zu tragende Verantwortung verbessert die Heilungschancen. Eigenverantwortung meint aber keine Selbstdiagnosen, sondern das Bereitstellen von Patienteninformationen (Broschüren, Apps, Wearables oder mobilen Devices). Alternativ kann das auch in einfach konsumierbaren Formaten wie ProstaTALK erfolgen. Die wichtigsten Faktoren für ein Patient-Empowerment sind Know-how, Kenntnis der Gefahren und Motivation. Im Einzelnen steckt hinter „Wissen“ die Forderung: Patienten haben die notwendigen Daten über die Krankheit wie auch das notwendige Wissen und Verständnis über mögliche Behandlungsmethoden. „Risiken“ meint, dass Patienten die krankheitsbezogenen Risiken verstehen. Außerdem steckt aber auch darin, wie Risiken durch persönliche Einflussnahme verändern werden können. Letztlich braucht es „Motivation“. Patienten sind motiviert, die vereinbarte Therapie so gut wie möglich zu unterstützen. Und zwar so, wie es vom Behandlungsplan verlangt wird.
Gruseln in der Gruppe. Wie uns unsere PEER beeinflussen kann.
Aber lassen Sie uns die Meta-Ebene verlassen und zu uns selbst zurückkehren. Warum ticken wir Männer so, wie wir ticken? Ein Grund ist, dass uns Verhaltensmuster ein Leben lang beeinflussen können. Bestimmte Männlichkeitsmuster entstehen in der Zeit des Erwachsenwerdens („Adoleszenz“) im Kontext von Jugendkulturen und Peers.
Wenn Männer älter werden, passieren in ihrem Körper verschiedene Dinge. Über Nacht rückt das Thema „Prostata“ häufig völlig unangekündigt in den Fokus. Neben der Prostataentzündung sind es vor allem zwei altersbedingte Prostataprobleme, über die Männer Bescheid wissen sollten. Es ist die Rede von der gutartigen und der bösartigen Prostataveränderung. Aufgrund deren Häufigkeit ist die Frage, warum ausgerechnet ich betroffen bin, nicht wirklich zutreffend. Es gibt eine medizinische Redensart, die jeder Medizinstudent früh kennenlernt: „Was häufig ist, ist häufig“. Spätestens seit der Corona-Pandemie (SARS-CoV-2-Virus) kennt jeder Mensch den Begriff der Epidemie. Im Alltag sind es aber vor allem die nicht epidemischen Erkrankungen, die unserer Leben prägen. Nichtepidemische Krankheiten, die aufgrund ihrer Verbreitung und ihrer wirtschaftlichen Auswirkungen (Behandlungskosten, Anspruch auf Lohnausgleich bei Arbeitsunfähigkeit, Frühberentung) sozial ins Gewicht fallen, bezeichnet man als Volkskrankheiten. Ähnlich der Herz-Kreislauf- und Nieren-Erkrankungen (die Folgen von Bluthochdruck), Arthrose und Diabetes mellitus Typ 2 (die Folge von Überernährung) sind die gut- und bösartigen Prostata-Erkrankungen klassische und bedeutende Volkskrankheiten. Und selbst das so fürchterlich klingende „Prostatakarzinom“ ist durch die Trickkiste der neuen hormonellen Substanzen (Agentien), NHA, auf dem Weg in eine chronische Erkrankung. „Chroniker-Programme“ gibt es bereits für Diabetes, Asthma und Brustkrebs. Wo bleibt die Prostata, meine Herren?
Das vorliegende Buch heißt ProstaTALK. Also wird erzählt. Ein alternativer Untertitel hätte sein können: „Entzündet, vergrößert oder entartet?“ Ein Dreiklang aus gutartiger, bösartiger und entzündlicher Prostataerkrankung. In Dur und nicht Moll. Marktschreierisch könnte man auch sagen, es gibt drei zum Preis von einem. Neben der Schilderung der Krankheitsbilder erfolgt eine aktive Vorbereitung auf den ersten Urologen-Besuch. Berührungspunkte, neudeutsch „Touchpoints“, werden gesetzt. Die Schnittmengen des Arzt-Patienten-Kontaktes werden in Kap. 2 intensiv vorgestellt.
Wir alle kennen das: Im Alltag ist Medizin getaktet. Die Zeitfenster reichen oftmals nicht aus, den betroffenen Patienten ihr Krankheitsbild in der zur Verfügung stehenden Zeit ausreichend zu erklären. Nichtwissen führt zu Ängsten. Wissen macht hingegen sicher! Die durch einen Mangel an Zuwendung zwangsläufig entstehenden Informationslücken sollen ein wenig mit dem vorliegenden Buch geschlossen werden. Es soll ja einige Männer geben, die sich nicht trauen, beim Arzt nachzufragen. Die Stereotype sind ja bestens bekannt: „Ein Mann fragt nicht, er macht!“ In diesem Buch werden wir immer wieder auf den archaischen Bauplan des Homo sapiens als Jäger und Sammler stoßen. Seit 70.000 Jahren ist Homo sapiens auf sich alleine gestellt. In der Höhle gab es keinen Staat, kein Gesundheitssystem, dass sich um ihn gekümmert hat. Es gab nur ein Recht: das des Stärkeren. Quasi auf eigne Faust. Wie ein Cowboy streifte Homo sapiens John Wayne like umher. Me, Myself and My Gun. Halt fand er allenfalls in der Gruppe. Das geschah in erster Linie durch die Narrative und Mythen. Diese hielten die immer größer werdenden Gruppen zusammen. Vor allem diesen „Lonesome Ridern“, den „Machern“, sei die Lektüre zum besseren Verständnis und zur Urteilsfindung empfohlen.
„Riten geben Halt und Schutz!“
Wir kennen das vom Wandern. Auch da sind die Wege mit eindeutigen Symbolen beschrieben. Je nach persönlicher Fitness und abhängig von dem, was wir erleben wollen, können wir die individuelle Tour planen. ProstaTALK funktioniert ähnlich, erzählt das Buch nicht wahllos alles, was der Autor weiß, sondern nur das, was der fragende Patient draufhaben will. Und auch wissen muss. Um den Leser nicht zu über- oder unterfordern, wurden dem jeweiligen Nutzungsmotiv entsprechend drei Informationsebenen erzeugt:
Oberflächlich, tief, tiefer, detailliert, hochpräzise.
Am Anfang des jeweiligen Abschnittes ist ein Levelvermerk (#, * oder **) hinterlegt. Das Prinzip des Buches folgt hierbei dem Häuten einer Zwiebel. Mit jeder Schicht, mit jedem Satz hat Man(n) die Gelegenheit, etwas tiefer in das Thema einzudringen. Sprachlich folgt das Konzept dem geschilderten Inhalt und bewegt sich von allgemein verständlicher Schulsprache über Fachsprache bis hin zu den Ausläufern der Wissenschaftssprache. In extenso werden auf der letzten Stufe des Faktenchecks auch Studien und aktuelle Publikationen aufgeschlüsselt. Der Wunsch ist, dass der Leser bis zum Ende durchhält. Wem die höheren Niveaus zu langatmig erscheinen, der bleibt einfach im Text und verfolgt die Kennzeichnungen der anspruchsvolleren Wanderwege (*) nicht weiter.
1.
„Du und ich“: # Hash, die Doppellatten. Hoffentlich hat der nachfolgende Text alle am Zaun, handelt es sich in der Kurzzusammenfassung doch um wesentliche Inhalte. Der laufende Text vermittelt ohne weitere Markierung das Basiswissen. Alltagssprache:
Das Niveau entspricht einer Publikation wie beispielsweise der Zeitschrift „Apothekenrundschau“, ist gut und allgemein verständlich.
 
2.
Dr. Google * Asterisk. Mit einem Schluck Zaubertrank wird Zusatzwissen angeboten. Fachsprache:
Das Niveau ist deutlich gehobener und entspricht einem medizinischen Fachbuch. Vorsicht: Bereits hier kann die persönlich aufgebaute Meinungsblase aufplatzen.
 
3.
Experte ** Ein weiterer Schluck Zaubertrank erklärt kniffligen Fachjargon.
Faktencheck:
In trockener Wissenschaftssprache ist das Niveau nun deutlich sachlicher. Der Text entspricht einem medizinischen Fortbildungsniveau.
 
4.
Fazit: Hier gibt es eine allgemein verständliche Zusammenfassung.
 
5.
Think positiv ☺ An dieser Stelle kann man mehr Gesundheit gewinnen. Positiv eingerahmte Inhalte werden unter diesem Symbol eingereiht.
 
6.
DANGER ☹ Verlustrahmen. Informationen über Risiken oder schädliche Folgen von bestimmten Verhaltensmustern.
 
Klassische Fragen der alltäglichen Praxis leiten durch den Text. In gleicher Weise werden diese jeden Tag mehrfach gestellt.
Viele Ärzte kennen die Patienten mit einem maximal gesteigerten Interesse an Ihren Befunden. Es sind diejenigen, die ihre Arztbriefe analysieren, mit Marginalien verzieren und redigieren. Die mit ganzen Aktenordnern und DIN-A4-Seiten voller Fragen in die Sprechstunde kommen. Ein bisschen ist das so, wie bei Inspektor Columbo: „Just One More Thing.“ Man ist eigentlich nach gefühlt endloser Zeit fertig mit den Erklärungen. Der Mund ist trocken und fusselig und man hat den Besprechungsraum eigentlich schon verlassen. Da dreht sich Patient Peter Falk mit der Bitte um eine Zugabe um: „Ich habe da noch einige Fragen.“ Fassungslos oder völlig schmerzfrei realisieren die hier Angesprochenen, dass sie mit diesem Konzept in den Praxen und Ambulanzen nicht sonderlich beliebt sind. Warum nur? Das Abrechnungssystem sieht solche Patienten nicht vor und plant für die ganze Sache all-inclusive maximal 3 min ein! Getröstet sind auch diese Menschen. So finden die an mehr inhaltlicher Tiefe interessierten Männer und Frauen, die Zauberlehrlinge unter Ihnen, die bei der 360-Grad-Analyse aufpassen müssen, nicht wieder vorne anzufangen, in diesem Sachbuch unter (**) und Faktencheck ihre XXL- Antworten.
Wann immer es geht, werden zum besseren Verständnis lebensnahe Beispiele, Metaphern, Analogien und eingängige Bilder eingesetzt. Nicht zuletzt hilft bei der Einordnung von schwer erträglichen Sachverhalten manchmal ein kleines Augenzwinkern weiter. Cui bono gibt es neben den harten Fakten, quasi als Beifang, noch einige kleine Geschichten. Trivia. Im Ruhrgebiet sagt man „Dönekes“ dazu. Durch diese Parabeln und Geschichten werden Inhalte über Bande bewegt. Sie werden beim Lesen einige historische Gestalten der Urologie und andere berühmte Personen neu kennenlernen und feststellen, dass es urologische Probleme schon immer gab und sie Teil unseres Lebens sind. So konnte beispielsweise der Geigenvirtuose Nicolò Paganini infolge einer Schwermetallvergiftung nicht mehr Wasserlassen und musste sich selbst katheterisieren. So ganz nebenbei kann man beim Lesen erfahren, wie mühsam sich der medizinische Fortschritt erkauft wurde. Wir lernen, wie wach, klug und mutig die Pioniere waren und auch sein mussten, um den Menschen ein Stück ihrer Gesundheit zurückgeben zu können. Für das Verständnis des Buches spielen gerade die lebensnahen Beispiele oder Geschichten eine tragende Rolle. Sie vertiefen per analogiam das Geschriebene.
Keine Ahnung, ob das Buch diesen Ansprüchen im Weiteren nur annäherungsweise gerecht wird. Stecken wir den Parcours abschließend ab. Es ist vielleicht ein wenig so wie bei der längsten Praline der Welt. Anfänger, Fortgeschrittene, selbst für einen Fachkrankenpfleger oder einen Allgemeinmediziner ist was dabei (**, Faktencheck). Das auch Studiendaten präsentiert werden, macht deshalb Sinn, denn ohne die Orientierung der Wissenschaft geht es nicht. Gerade auch um aufzuzeigen, dass alles im Fluss ist. Besonders in pandemischen Zeiten scheint es notwendig, eine Lanze für die Wissenschaft zu brechen. Vielleicht kann der Leser das Ringen um Fakten so verstehen, dass Wissenschaft aus dem Bedürfnis entstanden ist, sich in der Welt zu orientieren. Deshalb kann es aber gleichzeitig nie eine hundertprozentige Wahrheit geben.
Es ist ein Beweis hoher Bildung, die größten Dinge auf die einfachste Art zu sagen. (Ralph Waldo Emerson)
Konzeptionell handelt sich im vorliegenden Fall um ein Hybrid aus einem populären, erzählenden Sachbuch und Ratgeber. Das ist zwangsläufig subjektiv. Und um beim Bild des Scouts zu bleiben: eher ein Reisebericht als eine in Stein gemeißelte Nachricht für die Ewigkeit. Es gilt: „Perfect ist boring.“ Wo viel Licht ist, ist im Übrigen auch viel Schatten. Der OP- wurde zum Schreib-Tisch, das Skalpell des Urologen zum Federhalter gemacht und der Versuch unternommen, auf dem Papier recht akkurate Linien zu ziehen. Aber lieber Leser, eines ist und bleibt dabei klar herauszustellen: Ein Buch ersetzt ebenso wie eine Suchmaschinenabfrage nie den Besuch und die Beratung beim Arzt. Wir leben in einer Zeit, in der einem das Wort im Munde veraltet. Die Lehrbuchmeinung des heutigen Tages ist der morgige Behandlungsfehler. Immer kürzer ist die zeitliche Phase, in der sich das Wissen verdoppelt. In den Fünfzigerjahren des letzten Jahrhunderts waren es ca. 50 Jahre. In den Achtzigerjahren, waren das sieben Jahre. 2010 brauchte es etwa vier Jahre und heute verdoppelt sich das Wissen innerhalb von nur 73 Tagen. Tendenz sinkend. Aktuelle Leitlinienempfehlungen sind bei Manuskriptschließung im April 2022 längst Geschichte! Zwischen Abgabe beim Verlag und Bücherregal liegen weitere 5 Monate. Spätestens an diesem Punkt wird jedermann klar, dass schon allein aus diesem Grund keine Haftung für die Inhalte übernommen wird. Ich bitte auch Folgendes zu bedenken. Irgendetwas in uns verführt uns dazu, dass wir meist nur das Herauslesen und Hören, was uns gerade passt. Männer sind geradezu erfüllt von einer „do-it-yourself“-Mentalität. In den elektronischen Plauder- und Echoräumen des Internets werden die Baumaterialien geholt, aus denen dann mit Baumarktmitteln und „YouTube“-Tutorials ein oftmals unzerstörbares Meinungshäuschen gezimmert wird. Wie fehlerhaft manche Videos sind, ist dabei völlig egal! „Ich mach mir die Welt, wie sie mir gefällt“, oder wie heißt der Slogan des Lieblingsbaumarktes? „Respekt, wer’s selber macht!“ Es sind die gleichen Werkzeuge, die Homo sapiens auch bei den Themen „COVID-19-Pandemie“ oder „Klimawandel“ zur Realitätsabwehr einsetzen. Manche dieser Selfmade-Meinungshäuschen haben leider den Baufehler, dass sie keine Fenster haben, sodass der unverstellte Blick über den Tellerrand verwehrt bleibt. „Ich sehe was, was Du nicht siehst.“ In der Psychologie nennt man dieses Phänomen „selektive Wahrnehmung“. Und irgendwann kommt im Leben, wie früher im Sandkasten, die berühmte Stunde der Wahrheit. Wir stellen das liebevoll gebastelte Meinungshäuschen dem Arzt vor, wollen für das gelungene Projekt gelobt werden. Und was macht der Scharlatan? Wer will es uns kaputtmachen, findet das nicht gut! Von kognitiver Dissonanz sprechen wir, wenn das eigene Bild und das Bild, das andere von Ihnen haben, nicht mehr zusammenpassen. Hocheffektiv und für uns unbemerkt belügen wir uns dann selbst. „Wir sind die besten Bilanzfälscher der eigenen Buchführung!“, lautet der Befund von Prof. Richard David Precht. Der klassische Abwehrmechanismus besteht darin, den Überbringer der uns nicht passenden Nachricht zu entwerten. Und meist übertreiben wir heute damit, denn in sozialen Medien kann sich auch niemand gegen Bashing wehren. Das soll beileibe nicht larmoyant klingen. Angeblich wurde im Mittelalter der Überbringer einer schlechten Botschaft geköpft. Dagegen ist die Methode des medialen Dekapitierens körperlich überlebbar. Ein weiterer klassischer Taschenspieler-Trick besteht darin, sich positiv zu vergleichen: „Mein Nachbar hat …“. Machen Sie es anders! Versuchen Sie eine gewisse Selbstverpflichtung für sich aufzubringen und lesen Sie weiter. Verantwortung zu übernehmen, ist eine Pflicht, der man sich gerne entzieht, während man Rechte überall einfordert. „Ich mache Ihnen ein Angebot, das man nicht ablehnen kann“, flüstert Ihnen Marlon Brando in Gestalt seines Alter Ego Don Vito Corleone zu.
Das Buch ist ein Angebot
Das Angebot steht. Probieren Sie mit dem hier angebotenen Baumaterial des Buches weiterzukommen. Versuchen Sie damit ein Meinungshäuschen zu zimmern. Informieren Sie sich! Denken sie immer daran: Niemand will Ihnen was wegnehmen, wohl aber helfen. ProstaTALK ist der Titel. Also wird sich gegenseitig ausgetauscht.
Ein vorletztes Wort zu Fremdwörtern und Ihnen meist unbekannten Vokabeln. Obwohl bereits im laufenden Text der Fachjargon erklärt wird, gibt es am Ende des Bandes ein kleines Glossar. Dieses Minilexikon erläutert Ihnen in gebündelter Form fremdartigen Worte.
Wie? Das Framing erfüllt Ihre Erwartungshaltung bislang noch nicht? Das kann sein, denn niemand hatte Ihnen einen Par-Force-Ritt durch die Prostata versprochen. Wir nähern uns dem eigentlichen Thema „Prostata“ über verschlungene Wege. Im Moment läuft immer noch der letzte Teil des Aufwärmprogramms. Ohne Warmmachen gehen wir nicht auf den Platz. Lassen Sie uns einen letzten Punkt machen. Wenn wir Tacheles reden würden, dann müssten wir klipp und klar sagen, dass der Kernpunkt, warum wir Männer nicht zur Früherkennung gehen, in der Angst vor der Person des „Urologen“ und der verteufelten Tastuntersuchung begründet liegt. Geben Sie sich einfach auf den nächsten Seiten noch etwas mehr Zeit, die Urologen*innen-Spezies näher kennenzulernen. Sie werden feststellen: Auch das sind Menschen. Und auch Urologen gehen zu Urologen. Wenn Sie wissen, was Urologen machen, wie sie denken, wie sich das Fach entwickelt hat, dann geht das Ganze schon leichter. Metaphorisch geframet kann man formulieren: Ist die Prostata der Gral, so ist der Urologe sein Hüter. Begleiten wir den urologischen Gralshüter ein wenig auf seinem parzivalhaften Weg bis in die Gegenwart.
Urologie. Die Königsdisziplin
Vorspiel über das Fach
Wie Sie alle wissen, bestehen Sinfonien klassischerweise aus vier Sätzen und haben weder eine Ouvertüre noch ein Finale. ProstaTALK erlaubt sich hier Regelbrüche und beginnt vor dem Hauptmotiv mit einem vordergründig völlig unabhängigen Vorspiel. Dieses beinhaltet einige grundlegende medizinhistorische Aspekte über die Entwicklung des Faches Urologie und der Medizin insgesamt. Für das Verständnis der eigentlichen Lerninhalte sind die folgenden Inhalte unwichtig. Aber vielleicht werden Sie bereits beim Lesen des Vorspiels eines der Hauptmotive der urologischen Tätigkeit erkennen. Es lautet: „Alles fließt.“ Fließt ab, fließt aber auch zusammen.

1.1 Was macht ein Urologe?

Urologie. Im Studium ist es lediglich ein „kleines“ Lehrfach. Über 35 andere Fächer muss ein Medizinstudent obligatorisch belegen. Aber auch in der Öffentlichkeit und im modernen Medizinbetrieb herrscht ein verzerrtes Bild des Urologen vor. Herz und Hüfte. Das sind sexy Körperteile. Kardiologen und Orthopäden sind geeignet für die große Bühne. Mit deren Inhalten kann man Veranstaltungshallen füllen. Sie sind der komplette Gegenentwurf des Urologen. Urologen. Deren Arbeit wird mit Scham und Ekel in Verbindung gebracht. Hier geht es um die Ausscheidungsorgane von Flüssigkeiten. Der Camper spricht von Grauwasser. Die entgegengebrachte soziale Wertigkeit entspricht der Müllabfuhr. Der Müllmann des menschlichen Körpers, zumindest was die Wasserentsorgung angeht. Doch Vorsicht! In so manchen Ländern kann man sich ansehen, was passiert, wenn Entsorgungsunternehmen nicht so funktionieren, wie wir uns das wünschen. Da liegt der Müll am Wegesrand. Keine Angst, hier beschwert sich niemand. Schon gar kein Urologe. Wieso auch? Hybris hilft jedenfalls nicht immer weiter. Besonders dann, wenn man nicht mehr Wasserlassen kann. Das ist plötzlich ganz dicht am Existenziellen. Dann wird den Fähigkeiten des kleinen Faches auf einmal große Wichtigkeit beigemessen. Akut wie ein Herzinfarkt oder Schlaganfall, nur nicht so sozial akzeptiert. Aber Koliken, Harnverhalt, urologische Krebserkrankungen machen Symptome, die in ihrer Maximalausprägung keiner haben möchte. Heimwerkern hilft da nicht mehr weiter! Dann wird auf einmal der Profi gesucht. Nebenbei bemerkt: Die meisten bösartigen Tumore kommen aus dem urologischen Fachgebiet. Prostata, Blase, Nieren und Hoden. Selbst Darm und Lunge werden zahlenmäßig von diesen vier Krankheiten geschlagen. Wer den Urologen als „Katheter-Leger“ adressiert, der unterschätzt das Fach in seiner Komplexität und Breite. Über die steinschneidende Zunft wurde das Fach zunächst in die Chirurgie integriert, spaltete sich aber später wieder aus dieser ab. 1906 wurde in der Stuttgarter Liederhalle die deutsche Gesellschaft für Urologie gegründet. Felix Oberländer hatte den ersten Vorsitz. Und heute gibt es Urologie von A bis Z, von der Andrologie bis zur Zystoskopie. Diagnostik und Therapie liegen in einer Hand. Denken Sie nur an die komplexe Behandlung von Steinen in Niere, Harnleiter, Blase und Harnröhre. Kenntnisse zur Diagnostik und Regulation von speziellen Hormonen sowie komplexen Stoffwechselproblemen bis hin zur Sepsis-Therapie gehören zum Fach. Man mag es kaum glauben, aber das Fach „Urologie“ ist von galaktischer Größe. Ohne die operative Hightech-Endoskopie ist die moderne Urologie heute nicht mehr denkbar. Hier versteckt sich ein wahres Kleinod. Immer wieder sind Studenten und Hospitanten erstaunt, was alles „ohne“ oder mit „kleinsten Schnitten“ geht. Zum Beispiel die RIRS („Retrograde Intrarenal Surgery“). Mit Minikameras kommen wir bis in die entlegensten Galaxien, den letzten Winkel des Harntraktes.
„One Team – One Dream“
Unendliche Weiten – der Urogenitaltrakt
„Der Urogenitaltrakt, unendliche Weiten. Wir schreiben das Jahr 2022. Dies sind die Abenteuer des Raumschiffs „Nitze“, das mit seiner internationalen Besatzung jeden Tag unterwegs ist, um fremde Krankheiten zu erforschen, neues Leben zu ermöglich und neue Behandlungen zu erfinden. Ausreichend mit Lichtphotonen bestückt, dringt die „Nitze“ in Bereiche vor, die nie ein Mensch zuvor gesehen hat.“ Das, lieber Leser ist Urologie! Sie sind gerade dabei, das beste medizinische Fach der Welt zu entdecken. Worte wie „Pipischwenker“ prallen an der stolzen Besatzung ab. Denn jeder an Bord der „Nitze“ weiß: Urologie ist viel mehr, ein Hightech-Fach, ständig im Fluss, Fortschrittsmotor vieler neuer Techniken. Das Zystoskop ist das beste Beispiel dafür. Das Instrument zur Blasen-Spiegelung wurde von Maximilian Nitze erfunden. Deshalb trägt das Schiff mit Stolz seinen Namen.
Nitze, der wahre Gründer der Urologie. Mit seiner Erfindung wurde der Blick ins Körperinnere möglich. Spektakulär! Seine bahnbrechende Erfindung bereitete den Boden für alle minimal-invasive Techniken wie die Schlüsselloch-Chirurgie und Robotik.
Röntgen und Ultraschall. Urologen machen ihre Diagnostik und Therapie weitgehend selbst! Vorbeugung, Erkennung, Behandlung, Nachsorge und Rehabilitation von Erkrankungen, Funktionsstörungen, Fehlbildungen und Verletzungen des männlichen Urogenitalsystems und der weiblichen Harnorgane. Dass alles und noch viel mehr umfasst das Gebiet der Urologie. Und ein Geheimnis kann man noch verraten. Die Arbeit in Praxis oder Klinik macht Spaß, gerade in einem tollen und großen Team. Denn „niemand kann eine Sinfonie flöten. Es braucht ein Orchester, um sie zu spielen“ (H.E. Luccock). Team kennt kein ich.
Die Urologie wird selbstständig
Im Pariser Hôpital Necker entstand 1890 der erste Lehrstuhl für Urologie. Durch Felix Guyon wurde die Urologie erstmals als eigenständiges Fachgebiet von der Chirurgie abgetrennt. Alle heute tätigen Urologen sind letztlich seine Schüler. Der erste Lehrstuhl in Paris; erst fast 100 Jahre später folgt Deutschland nach. Seit 1924 gibt es in der Bundesrepublik den Facharzt für Urologie. Die Ausbildungszeit beträgt 60 Monate und es gibt über 6000 Fachärztinnen und Fachärzte. Durch den demografischen Wandel ist der Bedarf an Urologen steigend. Wir brauchen mindestens 20 % mehr Ressourcen und Ärzte. Der Trend ist weiblich, immer mehr Frauen wählen den Beruf. An der jeweils zuständigen Ärztekammer wird die Ausbildung durch eine Facharztprüfung abgeschlossen. Aber der Beruf bleibt ein Leben lang spannend. Wer sich dem Beruf des Arztes verschreibt, entscheidet sich damit auch für lebenslanges Lernen.
Urologie. Eine ungewöhnliche Geschichte.
Das Event: die Harnschau
Es war keine Kristallkugel, in die man schaute, sondern die Matula. In diesem Glaskolben wurde der Morgenurin des Patienten vom Medikus untersucht. Im Mittelalter stellte die Matula das Statussymbol des Arztes dar. Je schöner und größer, je kompetenter war der Arzt. Die Harnschau war in dieser Zeit das Fenster in den Körper. Schätzungsweise kann man das im letzten Jahrhundert mit dem Stethoskop und im Zeitalter der Technisierung vielleicht mit dem Ultraschall oder MRT vergleichen. Anhand von zwanzig verschiedenen Urinfarben und Geschmacksrichtungen schloss der unerschrockene „Arzt“ auf den Zustand des Blutes. Bis Ende des 18. Jahrhunderts spielte die Urindeutung eine erhebliche Rolle. In dieser Zeit schälen sich dann die Konturen des Faches aus dem Nebel des Steinleidens. Und weniger aus der Matula. Es tauchen Steinschneider und Bader Chirurgen auf. Der bekannteste deutsche Steinschneider war Doktor Eisenbarth („Johann Andreas Eisenbarth“). Ob der in Frankreich als Steinschneider praktizierende Mönch, Bruder Jakob (Frère Jacques), der besagte Bruder Jakob des gleichnamigen Kinderliedes ist, bleibt unbewiesen. Warum sich die Blasensteine bilden, hat damals niemanden so wirklich interessiert. Ursachen waren dubiöse „Carnositäten“. Wildes Fleisch. Was sich hinter diesem Begriff konkret verbarg, bleibt bis heute nebulös. Man vermutete Folgen von Geschlechtskrankheiten wie dem Tripper. Die französische Sprache dominiert seit dem Mittelalter die Ausschöpfung der Wissensquelle. „Les mot savants“, kluge Wörter zeigen auch sprachlich die Entwicklung einer eigenen Fachsprache. Im 19. Jahrhundert wird der Einfluss der englischen und später amerikanischen „Urologie“ immer deutlicher. Aus „les Mots savants“ werden „inkpot words“ – Tintenfasswörter. Jenseits des Ozeans entstehen die ersten „Medical Schools“; amerikanische Mediziner reisen nach Europa und übertragen das dort Gelernte in die Neue Welt. Und das machen sie so, wie es in Amerika üblich ist: „better, bigger, prouder“. Sie perfektionieren die Umsetzung des europäischen Urologen-Wissens. Und es geht immer weiter. Am Ende des 19. Jahrhunderts wird die Röntgenstrahlung entdeckt. Viele Erfindungen im Bereich der Anästhesie, Analgesie und Technik halfen bei der enormen Weiterentwicklung des Fachgebietes mit.
Das erwähnte Instrument zur Spiegelung der Blase, das Nitze-Zystoskop, wäre ohne die Erfindung der Glühbirne durch Thomas Alva Edison nicht denkbar gewesen. Jedenfalls schließt dieses Erzeugnis die Initialphase der Urologie ab. Hundert Jahre der Etablierung folgen. Im 20. Jahrhundert konsolidiert sich die Urologie Mal für Mal weiter. Moderne Entwicklungen und eigenständige Forschung nehmen immer mehr zu. In einer extrem fruchtbaren „Battle of Knowledge“ treiben heute universitäre Exzellenzzentren ebenso wie periphere, unscheinbare Krankenhäuser, internationale und nationale Fachgesellschaften, Fachzeitschriften den Wissenszuwachs in immer schnellere Höhen.

1.2 Der lange Weg vom Steinschneider zum Urologen

Marin Marais (1656–1728) kam aus einfachen Verhältnissen. Vincent Marais, sein Vater, war Schuhmacher. Er ermöglichte seinem 11-jährigem Filius, die Chorschule von St. Germain-l’Auxerrois zu besuchen. Dort erhielt der Junge eine hervorragende musikalische Ausbildung, spielte hervorragend Geige und durfte ab 1675 im Pariser Opéra-Orchester spielen. Eigentlich ein schönes Leben. Glück gehabt. Bis jetzt.
„Cut and Run“ – das Motto der Bader Zunft und Steinschneider.
Die Steinschneider
Nun lag er im Alter von 64 Jahren auf diesem grässlichen Holztisch. Sein Kreuz ruhte auf einem knüppelharten Brett, dass im 45 Grad Winkel seinen Oberkörper nach oben presste. Sehen konnte er nur die finstere Zimmerdecke und die breiten Rücken der drei Männer, die sich seiner „belle étage“ zugewandt hatten. Zwei der Kerle hielten rechts und links seine Beine umklammert. Der in der Mitte, derjenige, der am dichtesten an seinem besten Stück stand, hatte ein Metallstück in seine Harnröhre gesteckt. Den Wegweiser. Das Ding brannte wie Feuer. Er nannte es das Itinerarium. Mit der rechten Hand fummelte dieser Barbar damit rum. Ein Vierter stand ihm zwar mit dem Gesicht zugewandt – sehen konnte er diesen aber durch die drei anderen nicht. Er war der Schlimmste: der sogenannte Steinschneider. Dieser arbeitete wahnsinnig schnell. Und das war das Letzte, was er mitbekam, bevor er das Bewusstsein verlor. So bemerkte er nicht, wie mit einem geballten Messer geschnitten wurde, die „Gorgeret“ eingeführt wurde und der Stein geborgen wurde. Obwohl es keine Antibiotika, OP-Handschuhe, Desinfektionsmittel, schmerzstillende Betäubung oder gar Narkose gab, überlebte Marais den gewagten Eingriff.
Viele Leidensgenossen hatten da nicht die gleiche Fortune. In seinem Werk „Tableau de l’Opération de la Taille“ konnte er musikalisch seine Erfahrungen mit Stein und Schnitt eindrucksvoll verarbeiten. Bei der Gelegenheit ein Satz zu „Cut and Run“. Traf das für mittelalterliche Bader oder reisende Chirurgen uneingeschränkt zu, so tut man beispielsweise der schwäbischen Familie Palm mit dieser Verkürzung Unrecht. Der Ulmer Wilhelm F. Palm führte zwischen 1788 und 1814 bis zu 60 Steinschnitt-OPs durch. Über 20 % seiner Patienten verstarben. Das wäre heute undenkbar. Mehrere Generationen aus dem Hause Palm traten in seine Fußstapfen. Alle waren keine „fliegenden“ Chirurgen, sondern blieben vor Ort in der Verantwortung. Es gab nicht akademische Wundärzte und akademische Ärzte, die ein Medizinstudium durchlaufen hatten. In Tübingen konnte man beispielsweise Doktor der Chirurgie werden (Dr. chir.). An die Studenten der Chirurgie wurden geringere Anforderungen gestellt als an die akademischen Ärzte, sie blieben auf ihre operative Betätigung begrenzt.
Geschlechtskrankheiten: Motoren der Evolution.
Die Venerologie
Venus, die Göttin der Liebe, ist die Patin der Namensgebung. Liebe und Laster, zwei Seiten einer Medaille. Aber es waren weniger die Geschlechtskrankheiten als deren Folgen, die den urologischen Erfindergeist beflügelten. Die qualvollen Engen in der Harnröhre allen voran! Der Anstieg von Syphilisfällen wird häufig Christoph Columbus angelastet, denn nach der Entdeckung Amerikas im Jahre 1492 nahmen die venerischen Erkrankungen zu. Aber Geschlechtskrankheiten gab es bereits früher. An Skeletten aus dem 14. Jahrhundert wurden Hinweise auf Syphilis gefunden. Wahrscheinlich sieht es deshalb nach einem Freispruch für Christoph Columbus aus. Berühmte Personen wie Heinrich VIII, Robert Schuman oder Henri de Toulouse-Lautrec waren von dieser Erkrankung betroffen.
Klangvolle Namen wie „chaude-pisse“ für den Tripper, „Papillon d’amour“ für die Filzlaus oder direkt „Franzosenkrankheit“ als Synonym der Syphilis. Französische Begriffe prägen die Sprache der Geschlechtskrankheiten. Quälende Harnröhrenengen sind häufige Folgen von Syphilis und Tripper. Um diese Harnröhrenengen zu überwinden, war Aufdehnen ein gängiges Prinzip. Der Fachbegriff für das Aufdehnen, das „Bougieren“, kommt nicht ungefähr von dem französischen Wort „Bougie“- ein Begriff für die gertenschlanken Wachskerzen. Mithilfe dieser dünnen Kerzen wurden Harnröhren gerne gedehnt. Glücklicherweise wurde 1871 die Chloroform-Narkose eingeführt. Zu dieser Zeit stellte Otis auch die „dilatierende Urethrotomie“ vor.
Maximilian Nitze und der Blick in die Blase
Tatort Dresden-Friedrichstadt (1877). An einer Leiche demonstriert der erst 28-jährige Maximilian Nitze der Königlich Medizinischen Gesellschaft den Prototyp und somit das erste von ihm gebaute Urethroskop und Zystoskop. Dieses Instrument ließ er sich patentieren. Später habilitiert er mit dem Thema: Es ist die Geburtsstunde der modernen Urologie.
Die ersten historischen Versuche, einen Blick in die Blase zu werfen, klingen heute spektakulär. Ein Zahnarzt aus Breslau leuchtete mit einem galvanischen Glühlicht den Enddarm aus und erhoffte sich so eine gute Sicht. Leider ohne nachhaltigen Erfolg. Licht über Spiegel in die Blase zu lenken, wie es Bozzini versuchte, war letztlich zu dunkel. Gasbogenleuchten erhitzten die Harnröhrenschleimhaut auf ein unerträgliches Maß.
Nitzes revolutionäre Idee bestand darin, die Blase von innen zu beleuchten. Das Instrument wurde in den nachfolgenden Jahren immer mehr verfeinert. Auf der Basis dieser Erfindung konnte die Urologie in den nächsten Jahren den Traum aller Chirurgen erfüllen. NOTES (Natural Orifice Translumenal Endoscopic Surgery) – Operation durch natürliche Körperöffnungen. Und, es legte die Grundlage für alle minimal invasiven „Schlüsselloch“-Verfahren bis hin zur Robotik.
Wir Urologen sind uns bewusst, dass wir nur eine kleine Insel im endlosen Meer derer Patienten sind, die einen Arzt aufsuchen. Wir lassen sie aber nicht allein und unterstützen Sie!
Nach diesem kleinen Ausflug ins urologische Hinterland wenden wir uns ab sofort wieder dem urologischen Credo „Prostata“ zu. Immerhin ist diese kleine Drüse so etwas wie der heilige Gral der Urologie.
Die Klimaanlage funktioniert nicht, die Software fürs Head-up-Display wird nachgeliefert. Irgendwie läuft es schlecht. Bei so einem Montagsauto merkt man schon relativ schnell, dass das gelieferte Produkt nicht dem Werbeprospekt entsprach. Ist das Männerorgan Prostata vielleicht so was wie ein Montagsorgan, das Enfant terrible des männlichen Körpers?
„Montags schuf Gott die Prostata.“
Warum kann uns das kleine Ding Ärger bereiten?
Es sind drei prostataspezifische Probleme, die uns Männern im Laufe des Lebens Ärger machen können und uns in diesem Buch immer wieder begleiten: der Krebs, die Obstruktion und die Entzündung. Die Kenntnis über die Existenz von Krebserkrankungen gehört zum allgemeinen Bildungsgut, sodass man an dieser Stelle nicht weiter darauf eingehen muss und im Kap. 3 ausführlich darüber informiert wird. Bakterielle Infektionskrankheiten sind ebenfalls wohl bekannt. Das gesamte Kap. 4 widmet sich der Entzündung.
Bleibt also der Begriff der Obstruktion zu klären. Was bedeutet das? Obstruktion kommt vom lateinischen Wort „obstructio“ (Verschließung) und bezeichnet in der Medizin den vollständigen Verschluss eines Hohlorgans durch Verlegung, Verstopfung oder Kompression (Einengung von außen). Und genau dies kann der Harnröhre auf ihrem Weg durch die Prostata passieren. Eines der bekanntesten und immer wiederkehrenden Hauptmotive der urologischen Symphonie ist: „Wir machen den Weg frei.“ Es taucht in jedem Satz der Symphonie ProstaTALK auf.
Der Urologe will, dass alles fließt, abfließt und nicht stagniert. Das unterscheidet seine Aufgabe nicht vom Kerngeschäft eines Sanitärinstallateurs. Überwachung und Instandhaltung einer sanitärtechnischen Anlage! Darüber hinaus aber möchte der Urologe nicht nur wissen, wie alles abfließt, sondern auch, wie alles zusammenfließt. Wie Heraklit in seiner Lehre von der Einheit aller Dinge verstehen, wie alles zusammengehört und sich weiterentwickelt. Panta rhei.
Panta rhei
Mehr dazu in den nächsten Kapiteln.

1.3 Die Rahmenbedingungen

Wenn wir heute zum Arzt gehen, dann ist die Erwartungshaltung hoch: Es darf nicht weh tun, operative Schnitte müssen klein sein, es soll flott heilen und man darf hinterher von der OP nichts mehr sehen. Alles muss schnell gehen, Gespräche sind oftmals weniger wichtig als tolle Maschinen. Technik dominiert. Alles ist selbstverständlich geworden. Alles ist 100 % keimfrei, sicher, schmerzfrei, erfolgreich und billig. Die „Geiz ist geil“ Mentalität durchdringt mittlerweile alle Lebensbereiche. Wie Kaufleute oder Ökonomen kalkulieren mitunter Mediziner heute durch, was dieses oder jenes bringt. Derweil versuchen wir, das Beste für uns herauszupicken. Wir kennen alle unsere Rechte und vergessen dabei unsere Pflichten. Wie Kunden soll uns der Staat, der Dienstleister und selbstverständlich auch der Arzt hofieren und bedienen. Ist das nicht unser Anrecht? Dafür sind wir doch versichert! Wofür zahle ich das denn sonst?
Durch Wohlstand und Hygiene haben wir uns gegen die Tücken der Natur gewappnet. Alle unsere gesundheitlichen Probleme werden technisch gelöst. Einige bahnbrechenden Erfindungen und Entdeckungen trugen maßgeblich zur Weiterentwicklung der Medizin und der operativen Fächer bei. Gerade für das Gebiet der Urologie war Arbeiten in Schmerzfreiheit ein Quantensprung. Die Entdeckung der Narkose, der Röntgentechnologie, der Keimfreiheit, die Entwicklung von Kathetern und vieles anderes mehr trugen zur Weiterentwicklung bei. Am Anfang stand die örtliche Betäubung. Eine nicht belastbare Geschichte der Urologie. Don’t spoil a good story with truth.
Dreimal betäubt und jede Menge Koks.
Schmerzfreiheit zum Ersten. Örtliche Betäubung
Bereits 1892 wurde Kokain zur Lokalanästhesie benutzt. Erkannt hatte das schmerzstillende Phänomen der Berliner Chirurg Carl Schleich. Zuvor hatte aber Sigmund Freud bereits 1884 die betäubende Wirkung des Rauschgiftes entdeckt. Das hohe Suchtpotenzial des Kokains war allerdings ein viel größeres Problem. Erst mit der Erfindung des Wirkstoffs „Procain“ (1904) besserte sich die gefahrlose Anwendbarkeit.
Schmerzfreiheit, die zweite. Spinalanästhesie
1898 trafen sich der Chirurg August Bier und sein Assistent August Hildebrandt zu einem heroischen Selbstversuch. Mit einer Nadel hatte Hildebrandt bei seinem Chef Bier den Spinalkanal punktiert. Nun sollte er „Cocain“ hineinspritzen. Dies misslang, weil die dicke 100 ml Janet-Spritze und die Punktionsnadel einfach nicht aufeinanderpassen wollten. Bei dieser Aktion verlor sein Chef viel Hirnwasser. Das hinderte August Bier aber nicht daran, seinem Gehilfen mal so richtig zu zeigen, wie das geht! Mit einem Mal war sein Assistent dran. Anschließend gelang Bier die Injektion ohne Liquor-Verlust. Das „Cocain“ wurde instilliert. Zum Testen malträtierte er die Kniescheiben seines Adlatus mit einem Hammer. Dankenswerterweise konnte er drauf rumhämmern, wie er wollte. Hildebrandt hatte keine Schmerzen. Die Strafe sollte am nächsten Tag folgen. Unerwartet verlief dieser für beide nicht ohne Probleme. Bier hatte im Stehen, bedingt durch den Liquor-Verlust, quälende Kopfschmerzen. Diese wurden nur im Liegen besser. Aber sein Assistent Hildebrand hatte ausgeprägte Knieschmerzen. 1899 publizierte der Kieler Bier seine Versuche über die „Cocainisierung des Rückenmarkes“.
Schmerzfreiheit, die dritte. Narkose
Zwar war die schmerzstillende Wirkung von Äther bereits über 300 Jahre bekannt, die breite Anwendung blieb jedoch verwehrt. „Böses muss man mit Bösem vertreiben.“ Was aus heutigem Blick völlig unverständlich erscheint, passierte wirklich. Über viele Jahr nahmen Chirurgen die schmerzstillende Wirkung von Äther bewusst nicht wahr. Pein oder englisch Pain kommt vom Begriff poena. Das lateinische Wort für Strafe. Schmerz galt damals als eine von Gott auferlegte Buße.
„Gentlemen, this is no humbug.“ Mehr Understatement geht nicht!
Die Schlüsselszene: Erfindung der Narkose
Der Indian Summer hatte sich aus dem nördlichen Kanada langsam nach Boston vorgearbeitet. Es wurde allmählich kälter in Massachusetts. Das Herz schlug ihm bis zum Hals. Als Gilbert Abbott am 16. Oktober 1846 den OP-Saal des Massachusetts General Hospital betrat, da schwitzten trotz der umgebenden kühlen Luft seine Hände. Nun lang er auf dem Rücken. Der Blick in die große Kuppel war wirklich beeindruckend, vor allem, wenn wie jetzt Sonne in den Saal fiel. Das ganze Gebäude war im Stil einer griechischen Tempelanlage gebaut. Und ein wenig fühlte sich Abbott in dieser Kathedrale wie bei seiner eigenen Beerdigung. Fehlte nur noch ein Requiem im Hintergrund. Wer weiß? Es konnte ja wirklich sein, dass heute sein letztes Stündlein schlug. Da passte so eine weihevolle Stätte schon gut. Aber was hatte er auch für eine Wahl? Der hässliche Tumor an seinem linken Unterkiefer tat höllisch weh. Mit der Zeit war das Ding immer größer geworden. Jetzt war die Stunde der Entfernung gekommen. Raus damit! Und da war es ihm auch völlig egal, dass so viele Studenten im Operations-Theater zusahen. Hauptsache, es wurde ihm geholfen. Schlagartig wurde es totenstill. Der eiserne Graf betrat den Raum. John Collins Warren, sein Chirurg, sollte ja angeblich eine Koryphäe auf seinem Gebiet sein. Seinen Spitznamen hatte er sich hart erarbeitet. Die Schmerzschreie seiner Patienten ließen ihn nach außen völlig kalt. Wie alle im Saal trug er Stehkragen und einen steifen Gehrock.
Was Abbot nicht wusste war, dass Warren ein böses Spiel mit ihm vorhatte. Denn Warren hatte sich für heute etwas vorgenommen. Er wollte den Quacksalber William Thomas Green Morton, seines Zeichens Zahnarzt, mal so richtig vorzuführen. Und er wollte den vermeintlichen Hochstapler heute mit Pauken und Trompeten scheitern sehen. Und dafür brauchte er reichlich Publikum. Quasi Belastungszeugen des Scheiterns. Der heutige Freitag war perfekt dazu geeignet. Und das kleine Schauspiel am heutigen Morgen würde am Sonntag für reichlichen Gesprächsstoff unter seinen Studenten führen. Sollten sie doch heute ruhig etwas erleben, ging es durch Warrens Kopf. Zahnarzt! Was war das überhaupt für ein Berufsbild? Die Vorläufer der Zahnärzte waren die Barbiere. Und dieser Kerl mit der lächerlichen Maske in der Hand hatte die Unverfrorenheit zu behaupten, mit einem mysteriösen Gas die Schmerzen besiegen zu können. Das würde ein Spaß werden! Natürlich hatte der arme Abbott keine Ahnung von diesen maliziösen Gedanken. Morton trat hinter seinen Kopf und lies ihn durch einen, wie er es nannte, Inhalator atmen. Vorhin, beim Reinkommen hatte er es genau sehen können. In dem Gegenstand war hinter einem Lederventil ein getränkter Meeresschwamm versteckt. Und das Ding stank fürchterlich. Die ekligen Dämpfe machten ihn zunehmend müde. Er fühlte sich benommen, fast wie im Whiskeyrausch. Warren setzte sein Lieblingsmesser mit dem Knochengriff an. Der alte Haudegen schnitt tief in Abbotts Geschwulst an dessen Hals. Bis auf die Knochen. Und was passierte? Nichts! Kein Schrei, kein sich windender Körper.
Die kräftigen Kollegen zum „Festhalten“ waren umsonst mit an den Tisch getreten. Wirklich nichts! Keine Regung, kein krampfhaftes Zucken. Er konnte es nicht glauben. Mit fassungslosem Blick wand er sich nach einigen Minuten in Richtung der Studenten. Es war mucksmäuschenstill, als er zum Sprechen anhob. „Meine Herren“. In diesem Augenblick wurde Abbott wach. Wie viel Zeit vergangen war, wusste er nicht. Erinnern konnte er sich später nur, dass er nach dem Eingriff einen schlimmen Kater hatte. Und übel war ihm gewesen. Er hatte erbrochen. Ganz genau erinnerte er sich aber, was er wie durch einen Nebel schemenhaft wahrgenommen hatte. Nämlich, wie sich sein Operateur zu den Studenten umdrehte und sagte: „Meine Herren, dies ist kein Humbug.“
Entwicklung der eigenständigen urologische Röntgendiagnostik.
Röntgen
Zu einer der ältesten medizinischen Tätigkeiten gehört der Blick in den Körper. Mit seinem „Zystoskop“ ist Maximilian Nitze das beste Beispiel für das Sichtbarmachen des Unsichtbaren. Dass es auch anders ging, zeigte ein Mann aus Remscheid. Conrad Röntgen hatte per Zufall die „X“-Strahlen entdeckt und 1895 publiziert. Diese Strahlen sollten später zwar nicht sein Patent, wohl aber seinen Namen tragen. Zuerst wurden die Strahlen an Leichen getestet. In Glasgow wurde radiologisch der erste Nierenstein am Lebenden dargestellt (John McIntyre). Im Jahr 1896 gab es zu diesem Thema bereits 1100 Veröffentlichungen. Ab 1905 wurde die Röntgenuntersuchung des Harnleiters und Nierenbeckens durch die Blase, die sogenannte retrograde Ureteropyelografie, nach und nach etabliert. Die Suche nach einem geeigneten Kontrastmittel war sehr schwierig. Wegen gehäufter Todesfälle war diese Methode nicht unumstritten. Erst die Entdeckung von organischen Jodverbindungen ermöglichten die Darstellung der Harnwege. Unter Leitung von Alexander von Lichtenberg stellte der New Yorker Moses Swick die ersten brauchbaren Ausscheidungs-Urografien her (Juni 1929). Leider vergaß Lichtenberg, die Leistung von Swick auf späteren Kongressen zu erwähnen. Die Ausscheidungs-Urografie und die retrograde Uretero-Pyelografie hatten eine entscheidende Bedeutung für die Entfaltung der Etablierung des Fachgebietes und der Entwicklung der eigenständigen urologischen Röntgendiagnostik.
Hygiene und Asepsis
Jeden Tag besuchen wir gedankenlos den kleinsten Raum unserer Wohnung, die Toilette. 1857 stellte Joseph Gayetty in den USA erstmalig Toilettenpapier her und verpackte es blattweise in kleine Schachtel. Auf der einen Seite leisten sich besser betuchte „Closett“-Papier für die hintere Öffnung des Gastrointestinaltraktes. Im Krankenhaus hält auf der entgegengesetzten Seite ein anderer Lappen Einzug. 1897 stopft sich Johann von Mikulicz zum ersten Mal eine Maske aus Mull vor die Nase. Der Mundschutz war erfunden. SARS-Covid, Halleluja! 5 Jahre später übernahm Mikulicz von Halstedt die Idee mit den OP-Handschuhen.
„Klopapier, Handschuhe und Karbolmäuse“.
Asepsis ist aus dem Griechischen abgeleitet und bedeutet so viel wie „ohne Fäulnis“. Die Hypothese, dass die Luft mit krankmachenden Mikroben beladen sein, die man von Wunden fernhalten müsse, entwickelte Sir Joseph Lister (1827–1912) bereits um 1850. Karbol, eigentlich Phenol, war eine Zufallsentdeckung. Ein Kerzenfabrikant in Berlin entsorgte den Bodensatz aus Salmiakfässern mehr oder weniger wild. Heute wäre das sofort in den Medien. Ein erster Umweltskandal. Dort, wo er es auskippte, starben alle Insekten und keine Pflanze überlebte. Das Karbol war entdeckt. Es wurde zum wirksamsten Desinfektionsmittel des 19. Jahrhunderts. Lister besorgte sich Karbol und befeuchtete damit sein Operationsfeld. Ab 1867 besprühte er die Hände der Operateure, die Instrumente, die Operationswunde und die umgebende Luft. Penetrant riechendes Karbol verlieh vielen Krankenhäusern und Praxen ihren typischen beizenden Geruch. Arzthelferinnen und Krankenschwestern nannte man somit nicht von ungefähr „Karbolmäuse“. Bei der Infektionsbekämpfung spielte neben der Desinfektion vor allem die Herstellung von Latex-Handschuhen eine wichtige Rolle.
Schimmelpilz
Antibiose
Wie immer hatte er die letzte Nacht seines Urlaubs schlecht geschlafen. Zurück in London trat er durch die Eingangstür des St. Mary´s Hospitals. Es war der 28. September. Er wusste von sich selbst, dass er kein besonders ordentlicher Mensch war. Eher ein Schlunz. Witzige Duplizität, denn im Laborbereich bezeichnet man nach chemischen Reaktionen schwer zu beseitigende Laborgefäßrückstande als Schlonz. So überraschte es ihn nicht, in seinem Labor eine schlunzige Petri-Schale vorzufinden. Offensichtlich hatte er diese vor seiner Abreise nicht ordentlich gewaschen und zurückgestellt. Aber das, was er sah, war überwältigend. Die winzigen Mengen des Schimmelpilzes Penicillium waren dazu im Stande, die Bakterienstämme der Staphylococcus Aureus-Kulturen zu zerstören. Penicillin nannte er künftig die Substanz, die er aus den Pilzen extrahieren konnte. 17 Jahre später folgt der Nobelpreis für Alexander Fleming.
„Vom Möbelstück zum Spezialtisch“
OP-Tisch
Nachdem ursprünglich die Patienten im Bett operiert wurden, war bereits für die Steinschneider eine Lagerung auf einem „Lithotomietisch“ vorteilhafter. Das Bett war für die meisten Eingriffe einfach zu niedrig, der Patient lag zu instabil und die Sicht war widrig. Die gebückte Körperhaltung des Operateurs beim Operieren im Bett lies kein entspanntes Arbeiten zu. Die ersten echten OP-Tische waren gerade und aus Holz. Zum Auffangen von Blut und anderen Körpersekreten stand zumeist eine hölzerne Kiste mit Sägespänen unter dem Tisch. Nach und nach wurden ab dem 18. Jahrhundert Spezialtische entworfen, die sich an den menschlichen Gelenken orientierten. Über Jahre erfolgte eine zunehmende Verfeinerung. Heute sind OP-Tische mikroprozessorgesteuerte Hightech-Produkte. Mit seinem Kollegen OP-Roboter kann er sich unbemerkt im Internet der Dinge unterhalten und abstimmen (IoT).
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Metadaten
Titel
„Entzündet, vergrößert oder entartet?“
verfasst von
Peter Weib
Copyright-Jahr
2022
Verlag
Springer Berlin Heidelberg
DOI
https://doi.org/10.1007/978-3-662-64519-2_1

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