26.04.2023 | Entzündlich-rheumatische Erkrankungen | Leitthema
Mechanismen immunologischer Toleranz und ihrer Dysregulation bei rheumatischen Erkrankungen
verfasst von:
Dr. Florian Meier, Prof. Dr. med. Harald Burkhardt
Erschienen in:
Zeitschrift für Rheumatologie
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Ausgabe 4/2023
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Zusammenfassung
Die Hauptaufgaben des Immunsystems bestehen in der Protektion gegen infektiöse Agenzien, der Aufrechterhaltung der Homöostase durch Erkennung und Neutralisation von Schadstoffen aus der Umwelt sowie der Überwachung krankhafter z. B. neoplastischer Gewebeveränderungen. Es wird diesen Aufgaben durch komplexe Interaktionen zellulärer und humoraler Komponenten des angeborenen und adaptiven Immunsystems gerecht. Dieser Übersichtsartikel fokussiert ein zentrales Problem, das sich aus der Entwicklung der B‑ und T‑Lymphozyten als Träger der adaptiven Immunität für die Selbst-vs.-Fremd-Diskrimination ergibt. So werden im Reifungsprozess der Lymphozyten im Knochenmark durch somatische Rekombination nach dem Zufallsprinzip große Repertoires von Lymphozytenrezeptoren generiert, die in ihrer Gesamtheit jedes fremde Antigen erkennen können. Um das implizite Risiko autoaggressiver Immunität bei strukturellen Verwandtschaften von Selbst- und Fremdantigenen zu reduzieren, muss das adaptive Immunsystem redundante Mechanismen (klonale Deletion, Anergie, Quieszenz und Suppression) bereithalten, um Lymphozyten mit höhergradig aviden Rezeptoren für Autoantigene zu eliminieren oder zu inaktivieren. Entsprechend können Bereitstellungen kostimulatorischer Signale mit resultierend reduzierter Aktivierungsschwelle potenziell autoreaktiver anerger T‑Zellen durch Infektion, molekulare Mimikry, gestörte Apoptoseregulation, verändertes „Selbst“ durch posttranslationale Modifikation, genetische Veränderungen in Transkriptionsfaktoren mit kritischer Bedeutung für die thymische Toleranzinduktion oder Signalkomponenten der Apoptose zum Bruch der Autotoleranz und Induktion pathogener Autoimmunität führen.