21.03.2023 | Enzephalitis | Leitthema
Virale Erkrankungen des Nervensystems – ausgewählte neue und alte Viren
verfasst von:
Prof. Dr. Uta Meyding-Lamadé, Eva Maria Craemer
Erschienen in:
Der Nervenarzt
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Ausgabe 4/2023
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Zusammenfassung
Virale Erkrankungen des Nervensystems sind uralt, bereits 2000 v. Chr. wurde die Poliomyelitis in Ägypten beschrieben. Sie können ein breites Spektrum an neurologischen Symptomen wie Meningitis, Enzephalitis, Meningoenzephalitis, Guillain-Barré-ähnliche Syndrome sowie Schlaganfälle verursachen, oft bleiben leichte bis schwere Residuen zurück. Je nach Erreger treten die Beschwerden rasch, innerhalb von Stunden ein oder führen innerhalb einer Woche oder von Monaten zu einer zunehmenden chronischen Symptomatik. Das in 01/2020 neu identifizierte, weltweit vorkommende Virus SARS-CoV‑2 („severe acute respiratory syndrome coronavirus type 2“) verdeutlicht die Folgen eines seit Jahrhunderten bekannten Phänomens, die mögliche rasche Ausbreitung erregerbedingter Infektionserkrankungen. Aufgrund von Impfprogrammen werden einige Erreger immer seltener oder gelten als ausgerottet. Dennoch werden Impfprogramme, gerade in den ärmeren Regionen immer wieder bspw. durch Kriege unterbrochen, jüngstes Beispiel ist die Unterbrechung der Schutzimpfung gegen Poliomyelitis in der Ukraine. Während die Lebenserwartung weiter steigt und die durch Infektionskrankheiten verlorenen Lebensjahre abnehmen, wird die neue Bedrohung durch Infektionskrankheiten wahrscheinlich von neu auftretenden und wieder auftretenden Infektionen ausgehen. Jedoch ist die Lebenserwartung während der Corona-Pandemie laut einer aktuellen Analyse der Bevölkerungsdaten aus 29 Ländern zurückgegangen, bspw. um 28 Monate in den USA und um 6 Monate in Deutschland. Klimawandel, rasche Urbanisierung und veränderte Landnutzungsmuster könnten das Risiko in den kommenden Jahrzehnten erhöhen. Besonders der Klimawandel kann das Spektrum globaler Krankheitserreger verändern, insbesondere vektorübertragene Infektionen können sich in neuen Gebieten ausdehnen. Ein anhaltender Anstieg bei Reisen, Handel und Mobilität ermöglicht den Erregern eine schnelle Ausbreitung.