Erschienen in:
18.01.2019 | Intelligenzminderung | Leitthema
Kognitive Entwicklung im Kontext pädiatrischer Epilepsie
verfasst von:
Prof. (apl.) Dr. sc. hum. Gitta Reuner
Erschienen in:
Clinical Epileptology
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Ausgabe 2/2019
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Zusammenfassung
Epilepsien im Kindesalter beeinflussen über ätiologische Faktoren, Zeitvariablen und behandlungsspezifische Aspekte direkt und indirekt die kognitive Entwicklung. Strukturelle, z. B. durch ausgedehnte kongenitale Malformationen bedingte Epilepsien sind im Vergleich zu selbst limitierenden Epilepsien mit schwächeren kognitiven Leistungen assoziiert. Ein früher Epilepsiebeginn und ein chronischer, therapieschwieriger Verlauf sind wesentlich mit kognitiven Einschränkungen verbunden. Die Studienlage zu negativen Effekten der pharmakotherapeutischen Behandlung verweist konsistent auf die gravierenden Auswirkungen einer Polytherapie auf die Kognition. Auch wenn die Mehrzahl der pädiatrischen Epilepsiepatienten eine normale kognitive Entwicklung zeigt, liegen die Intelligenzleistungen der Patienten im Mittel unter denen von gesunden Kontrollen. Darüber hinaus finden sich auch hinsichtlich spezifischer kognitiver Funktionen Besonderheiten: Einerseits erreichen Patienten mit Epilepsie bereits früher als gesunde Kontrollen ein Maximum ihrer Lern- und Gedächtnisleistungen und zeigen früher Hinweise auf altersübliche Verluste. Andererseits können Kinder/Jugendliche nach temporaler Epilepsiechirurgie postoperative Verluste besser kompensieren als Erwachsene. Im Hinblick auf die für Lernprozesse besonders wichtigen Aufmerksamkeits- und Exekutivfunktionen erweist sich der „drug load“ bei einer Polytherapie als besonders ungünstiger Faktor. Die vielfältigen Zusammenhänge zwischen pädiatrischer Epilepsie und kognitiver Entwicklung sind mit Risiken für den Schulerfolg verbunden. Deshalb sollte pädiatrische Epilepsiebehandlung von Anfang an interdisziplinär erfolgen und die kognitive Entwicklung mit fokussieren.