Tiagabin besonders wirksam, Levetiracetam besonders sicher

Das beste Risiko-Nutzen-Profil haben bei therapierefraktärer fokaler Epilepsie offenbar Levetiracetam, Brivaracetam, Vigabatrin und Valproat. Darauf deutet eine Netzwerk-Metaanalyse. An Antiepileptika besteht wahrlich kein Mangel, und das macht die Therapieentscheidung nicht gerade leicht. Hinzu kommt, dass es kaum Vergleichsstudien gibt – die meisten Arzneien wurden als Mono- oder Add-on-Therapie gegen Placebo geprüft. Welches Medikament einen bestimmten Patienten am ehesten anfallsfrei macht, lässt sich daher kaum abschätzen. Eine gewisse Notlösung zur vergleichenden Beurteilung von Wirksamkeit und Sicherheit bieten Netzwerk-Metaanalysen. Dabei werden sämtliche Vergleiche zwischen einzelnen Arzneien sowie zwischen den Arzneien und Placebo in einem Netzwerk dargestellt und relative Effekte von allen möglichen Therapiepaaren berechnet – auch wenn sie nicht direkt gegeneinander getestet wurden. Netzwerk-Metaanalysen können direkte Vergleichsstudien natürlich nicht ersetzen, aber anhand der vorhandenen Daten die Wahrscheinlichkeit abschätzen, mit der eine Therapie wirksamer oder sicherer ist als eine andere. Tiagabin im Wirksamkeitsranking oben Eine solche Netzwerk-Metaanalyse hat nun ein Team um Dr. Qingting Hu von der Qing-Dao-Universität in Shandong bei therapierefraktärer fokaler Epilepsie vorgelegt. Die Neurologen haben 76 randomisiert-kontrollierte Studien zu 17 verschiedenen Antiepileptika unter die Lupe genommen. Darunter befanden sich nur drei direkte Vergleichsstudien, die übrigen hatten die jeweilige Arznei gegen Placebo verglichen, die meisten Einzelstudien lagen zu Levetiracetam vor. An den Untersuchungen waren über 20.700 Patienten beteiligt. 54 Studien lieferten Hinweise zur Wirksamkeit. Danach gelang es mit den meisten Medikamenten signifikant häufiger als mit Placebo, die Patienten anfallsfrei zu bekommen. Am schlechtesten in der Wirksamkeitsanalyse schnitt Rufinamid ab, am besten Tiagabin. Letzteres scheint bei therapierefraktären fokalen Epilepsien signifikant wirksamer als alle anderen Antikonvulsiva zu sein (Odds Ratio zwischen 12 und 173), Rufinamid dagegen signifikant weniger wirksamer als etwa die Hälfte der übrigen Antikonvulsiva. Entsprechend schnitt Tiagabin in den Rankingkurven bei der Wirksamkeit ebenfalls am besten ab: Der SUCRA*-Wert liegt bei 98,5%; mit einer Wahrscheinlichkeit von 96% ist Tiagabin nach der Analyse von Hu und Mitarbeitern das wirksamste Antikonvulsivum bei fokaler therapierefraktärer Epilepsie. Die folgenden Plätze belegen Brivaracetam mit einem SUCRA-Wert von knapp 74%, sowie Valproat und Levetiracetam mit jeweils 71%. Geringstes Risiko unter Levetiracetam 66 Studien lieferten Daten zur Sicherheit. Hu und Mitarbeiter beurteilten hier die Wahrscheinlichkeit für einen Therapieabbruch aufgrund unerwünschter Wirkungen. Diese war erwartungsgemäß für Placebo am geringsten. Unter den Medikamenten schnitt Levetiracetam am besten ab: Die Abbruchrate ist nach diesen Daten signifikant geringer als mit Lacosamid, Eslicarbazepin, Oxcarbazepin, Pregabalin und Retigabin. Der Vergleich der übrigen Medikamente untereinander ergab keine signifikanten Differenzen. Entsprechend führt Levetiracetam das SUCRA-Ranking zur Sicherheit nach Placebo (95%) mit knapp 85% an, gefolgt von Brivaracetam mit 71%. Die schlechtesten Werte berechneten Hu und Mitarbeiter für Retigabin (1,5%) und Oxcarbazepin (25%). Das bei der Wirksamkeit überzeugende Tiagabin nahm hier mit 48% nur einen Platz im Mittelfeld ein. Auf den vorderen Plätzen sowohl bei der Wirksamkeit als auch Sicherheit waren damit vor allem Levetiracetam und Brivaracetam zu finden. Ein ebenfalls gutes Risiko-Nutzen-Profil sehen die Neurologen für Valproat und Vigabatrin. Beide Wirkstoffe zeigten in den jeweiligen Interventionsstudien mit die beste Wirksamkeit im Vergleich zu Placebo und lagen bei der Sicherheit im vorderen Mittelfeld. SUCRA: Surface under the cumulative ranking curve. Die Kurven illustrieren die Wahrscheinlichkeit, dass eine Therapie den ersten Platz belegt, den ersten oder den zweiten Platz, den ersten, zweiten oder dritten Platz usw. Ein Wert von 100% bedeutet, die Therapie ist bei jedem Vergleich signifikant besser als eine andere, ein Wert von 0 heißt, sie ist stets schlechter.

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