Erschienen in:
12.12.2019 | Pädiatrie | Leitthema
Angewandte genetische Diagnostik in der Pädiatrie
Vor- und Nachteile moderner Sequenziermethoden
verfasst von:
H. Olbrich, Prof. Dr. H. Omran
Erschienen in:
Monatsschrift Kinderheilkunde
|
Ausgabe 1/2020
Einloggen, um Zugang zu erhalten
Zusammenfassung
Hintergrund
Die genetische Diagnostik spielt in der Pädiatrie aufgrund der Häufigkeit hereditärer Erkrankungen eine große Rolle. Die in den letzten Jahren deutlich gesunkenen Kosten für „Next-generation-sequencing“(NGS)-Techniken erlauben nun auch den klinischen Einsatz in der Pädiatrie. Im Gegensatz zu traditionellen genetischen Testverfahren, bei denen zumeist ein Gen oder wenige Gene auf das Vorliegen krankheitsverursachender Mutationen untersucht werden, liefert das „whole exome sequencing“ (WES) detaillierte Informationen über eine Vielzahl von Genomsegmenten. Die NGS-Methode birgt große Vorteile und erlaubt im klinischen Alltag vielfach eine beschleunigte und einfache Diagnosestellung. Ihre Grenzen sollten jedoch bekannt sein, um im Alltag eine differenzierte genetische Diagnostik auch unter Berücksichtigung konventioneller genetischer Testverfahren einsetzen zu können.
Material und Methoden
Die Wertigkeit unterschiedlicher genetischer Testverfahren wird exemplarisch und praxisnah an verschiedenen Erkrankungen vorgestellt.
Ergebnisse und Schlussfolgerung
Das NGS kann bei genetischer Heterogenität rasch und effizient Punktmutationen, insbesondere mithilfe von Genpanelanalysen und WES, detektieren. Größere chromosomale Veränderungen wie Duplikationen oder Deletionen werden jedoch häufig übersehen. Methodisch bedingt weisen NGS-Technologien Defizite in der Diagnostik von Trinukleotidexpansionserkrankungen (z. B. myotone Dystrophie), Imprinting-Defekten (z. B. Angelman-Syndrom) und mitochondrial vererbten Mitochondriopathien auf. In Anhängigkeit von der Abdeckung („coverage“) werden bei genomweiten Analysen wie beim WES zahlreiche Genabschnitte nicht ausreichend analysiert. Das NGS bietet bei genetischer Heterogenität eine erhebliche Vereinfachung der genetischen Diagnostik, ist jedoch für viele hereditäre Erkrankungen (noch) nicht das Mittel erster Wahl. Traditionelle Methoden wie Chromosomenanalyse, „array-based comparative genomic hybridization“, multiple ligationsabhängige Probenamplifikation, methylierungsspezifische Polymerase-Kettenreaktion und auch Southern-Blot-Analyse spielen weiterhin eine wichtige Rolle in der genetischen Diagnostik.