Erhöhtes Melanomrisiko unter PDE-5-Hemmern?

Eine Auswertung von Pharmakovigilanz-Datenbanken deutet auf eine erhöhte Melanomgefahr unter PDE-5-Hemmern. In rund ein Prozent der Berichte wird zudem Priapismus als Nebenwirkung erwähnt. Das Wichtigste in Kürze zu dieser Studie finden Sie am Ende des Artikels. Millionen Männer nehmen PDE-5-Hemmer gegen ihre erektile Dysfunktion ein, und dabei kann es auch zu ungewöhnlichen Nebenwirkungen kommen, die in klinischen Studien nicht oder so selten auftreten, dass sich kein Zusammenhang mit der Medikation ergibt. Daher lohnt sich hin und wieder ein Blick in große Pharmakovigilanz-Datenbanken. Ein Team um Dr. Jason Lui von der Universität in San Francisco hat genau das getan und in der WHO-Datenbank VigiBase sowie in einer Sicherheitsdatenbank für klinische Studien der US-Zulassungsbehörde FDA nach Auffälligkeiten unter PDE-5-Hemmern geschaut. Neben bekannten Effekten wie Sehstörungen oder Kopfschmerzen fanden sie auch vermehrt Berichte über Priapismus und Melanome. Vor allem der Zusammenhang mit Melanomen müsse nun etwas genauer unter die Lupe genommen werden, fordern die Urologen. Schlechte Wirksamkeit am häufigsten genannt In der VigiBase mit über 27 Millionen Einträgen aus 140 Ländern fanden sie knapp 32.000 Berichte zu PDE-5-Hemmern bei erwachsenen Männern, die solche Medikamente gegen erektile Dysfunktion eingenommen hatten. Die meisten bezogen sich auf das am weitesten verbreitete Sildenafil (20.000), gefolgt von Tadalafil (8.500), Vardenafil (3.300) und Avanafil (364). Am häufigsten wurde eine schlechte Wirksamkeit genannt, und zwar in knapp 43% aller Berichte, gefolgt von Kopfschmerzen (10%), Sehproblemen (8%), Hitzewallungen und Dyspepsie (4%). Zwischen den einzelnen PDE-5-Hemmern gab es einige Unterschiede bei der Verteilung unerwünschter Wirkungen, so war etwa eine schlechte Wirksamkeit in den Tadalafil-Berichten seltener ein Problem als unter Sildenafil und Vardenafil (33% versus 43% und 53%), dafür tauchten in den Tadalafil-Berichten vermehrt Hypertonie (8%) und Rückenschmerz (7%) auf. Viele dieser recht häufigen Nebenwirkungen fanden sich auch in der FDA-Studiendatenbank, etwa Kopfschmerzen (bei 9–28%) und Sehstörungen (rund 5%) sowie Hitzewallungen (5–17%). Die Angaben beziehen sich hier aber auf die Gesamtzahl der in Studien behandelten Männer, sie geben daher absolute Häufigkeiten wieder. Als seltene Nebenwirkung tauchte in VigiBase bei 258 Patienten (0,8% aller Berichte) ein Priapismus auf, dabei gab es keine größeren Unterschiede zwischen den einzelnen Präparaten. In der FDA-Studiendatenbank wurde ein Priapismus nur unter Vardenafil erfasst (44 Männer), die Rate lag hier unter 3,5%. In VigiBase gab es zudem 278 Berichte zu Melanomen unter PDE-5-Hemmern, das entspricht 0,9% aller Berichte. Die Rate war hier mit 1,1% für Sildenafil am höchsten und mit 0,03% für Vardenafil am geringsten. In der FDA-Studiendatenbank befanden sich keine Meldungen zu Melanomen. Empfehlung der Redaktion Themenseite Erektile Dysfunktion Diese Erkrankung belastet Männer sehr. Wenn sie Rat suchen, sind in der Regel Urologen die ersten Ansprechpartner. Tipps zum richtigen Umgang mit diesem heiklen Thema sowie alles zu Ursachen, Diagnostik und Therapie der erektilen Dysfunktion finden Sie auf dieser Themenseite. Melanome überproportional häufig in Berichten Die Urologen um Lui unterzogen die VigiBase-Berichte schließlich einer Disproportionalitätsanalyse: Werden bestimmte Nebenwirkungen zu einem Medikament viel häufiger genannt als zu allen anderen Arzneien in der Datenbank, ist das zumindest ein Hinweis auf einen spezifischen Effekt. In einer ersten nicht adjustierten Analyse ergab sich unabhängig von der Indikation und Patientenmerkmalen für Sildenafil eine rund achzigfach häufigere Nennung von malignen Melanomen (Reporting Odds Ratio, ROR = 84). Überproportional häufig wurden auch Tadalafil (ROR = 87) und Vardenafil (ROR = 10) genannt. Für alle drei Medikamente fanden die Urologen zudem eine rund 30- bis 40-fach häufigere Nennung im Zusammenhang mit Priapismus, wiederum verglichen mit allen anderen Medikamenten in VigiBase. Beschränkten sie ihre Analyse auf erwachsene Männer, welche PDE-5-Hemmer gegen ihre erektile Dysfunktion nahmen, war die Disproportionalität nicht ganz so gewaltig – Melanome wurden noch vier- bis achtfach häufiger, Priapismen bei allen drei Wirkstoffen rund 14-fach häufiger genannt. Signifikant erhöht waren die Melanomnennungen aber nur unter Sildenafil und Tadalafil. Dass es unter PDE-5-Hemmern zu Priapismus kommen kann, erstaunt zunächst wenig. Möglicherweise würden die Medikamente in solchen Fällen nicht weisungsgerecht eingenommen, vermuten Liu und Mitarbeiter. Bedenklicher sei schon das Warnsignal zu malignen Melanomen. Die Urologen verweisen auf Untersuchungen, nach denen PDE-5-Hemmer das Wachstum maligner Melanomzellen und deren Invasivität zu fördern scheinen. Das Wichtigste in Kürze Frage: Welche neuen Sicherheitssignale ergeben sich aus großen Pharmakovigilanz-Datenbanken für PDE-5-Hemmer? Antwort: Die Medikamente werden übermäßig häufig im Zusammenhang mit Priapismus und malignen Melanomen genannt. Bedeutung: Möglicherweise besteht ein erhöhtes Melanomrisiko unter PDE-5-Hemmern. Einschränkung: Absolute Risiken für Melanome und Priapismus dürften eher gering sein.

Springer Medizin

Erhöhtes Melanomrisiko unter PDE-5-Hemmern?

Weiterführende Themen

Neu im Fachgebiet Urologie

Erste Rebiopsie der Prostata negativ: ein ziemlich gutes Zeichen

Länger progressionsfrei durch Dreierkombi mit Cabozantinib

Die Kehrseite der Zweit-Generations-Antiandrogene

Wie sinnvoll sind Selbstuntersuchungen der Hoden zur Krebsfrüherkennung?

Update Urologie