NNR-Adenom: Erhöhtes Risiko schon bei minimalem Kortisolexzess?

Patientinnen und Patienten mit Nebenniereninzidentalom, bei denen es im Dexamethasontest nicht gelingt, das Serumkortisol zu unterdrücken, haben wahrscheinlich bereits dann ein erhöhtes kardiometabolisches Risiko, wenn der Kortisolüberschuss nur minimal ausfällt. Ein internationales Forscherteam fordert in solchen Fällen ein gezieltes Screening auf Bluthochdruck und Hyperglykämie. Das Wichtigste in Kürze zu dieser Studie finden Sie am Ende des Artikels. Dass ein manifester Hyperkortisolismus (Cushing-Syndrom) ein erhebliches Morbiditäts- und Mortalitätsrisiko darstellt und daher medikamentös oder chirurgisch behandelt werden sollte, ist unumstritten. Aber wie sollte man damit umgehen, wenn Patientinnen oder Patienten mit zufällig entdecktem Nebennierenadenom im Dexamethason-Kurztest nur eine geringfügige autonome Kortisolausschüttung aufweisen? Dr. Alessandro Prete und seine Mitarbeiter vom ENSAT-EURINE-ACT-Projekt haben diesen Zusammenhang an 1305 Teilnehmenden (67% Frauen) mit neu diagnostiziertem gutartigem Adenom der Nebenniere untersucht. Bereits bei geringgradiger endokriner Aktivität fanden sie dabei ein erhöhtes kardiometabolisches Risiko, das vor allem auf erhöhten Blutdruckwerten, aber auch auf einem gestörten Glukosestoffwechsel beruhte. Die Forscher hatten die Teilnehmenden in vier Gruppen eingeteilt: Patienten mit normgerecht unterdrückten Serumkortisolwerten, d. h. nicht sezernierendem Tumor (NFAT, nonfunctioning adrenal tumor; knapp die Hälfte aller Getesteten), Patienten mit Kortisolwerten zwischen 50 und 138 nmol/l, d. h. Verdacht auf eine leichte autonome Kortisolausschüttung (possible Mild Autonomous Cortisol Secretion, MACS-1; knapp 35%), Patienten mit Kortisolwerten > 138 nmol/l, d. h. definitivem MACS (MACS-2; knapp 11%) und Patienten mit klinisch manifestem Cushing-Syndrom (5%). MACS lässt Hypertonierisiko steigen Verglichen mit der NFAT-Gruppe war sowohl die Gruppe mit manifestem Cushing als auch die mit definitivem MACS häufiger von Bluthochdruck betroffen (aPR, adjusted Prevalence Ratio 1,37 bzw. 1,15). Dabei war die Hochdruckprävalenz mit dem Grad des Kortisolüberschusses gestiegen. Beide Gruppen benötigten auch deutlich häufiger Antihypertensiva (aPR 1,31 bzw. 2,22). Ein Typ-2-Diabetes war nur in der Cushing-Gruppe häufiger vorhanden (aPR 1,62). Allerdings benötigten unter den Teilnehmenden mit Diabetes auch diejenigen mit MACS-2 deutlich häufiger eine Insulintherapie. „Unsere Daten zeigen, dass Personen mit (definitivem) MACS ein ähnlich hohes kardiometabolisches Risiko tragen wie bei einem manifesten Cushing“, resümieren Prete und sein Team, „selbst dann, wenn sie nicht die typischen Kriterien für einen Kortisolüberschuss erfüllen.“ Dieses Risiko schien in der Studie noch einmal höher zu sein, wenn es sich um bilaterale Adenome handelte: In diesem Fall ließ sich der Blutdruck deutlich schlechter einstellen und es lag auch häufiger eine Blutzuckerentgleisung vor. Patienten mit beidseitigem Tumor hatten insgesamt fast doppelt so häufig eine MACS und im Mittel auch einen doppelt so hohen Kortisolexzess. Frauen besonders gefährdet Nach Prete et al. handelt es sich wahrscheinlich um einen kontinuierlich fortschreitenden Prozess. Dabei stützen sich die Forscher auf Messungen im 24-h-Urin, nach denen es bereits bei grenzwertig erhöhtem Serumkortisol (MACS-1) zu einer übermäßigen Kortisolausscheidung gekommen sei. Man habe außerdem herausgefunden, „dass der Frauenanteil mit dem Grad des Kortisolüberschusses steigt“, betonen Prete und Kollegen. Ersterer lag in der NFAT-Gruppe bei 64%. In der MACS-1-Gruppe waren 67% und in der MACS-2-Gruppe bereits fast 74% weiblich. Das Team schlägt nun vor, Personen mit benignem Nebennierenadenom und nachgewiesenem MACS-2 bzw. Cushing-Syndrom bereits zum Zeitpunkt der Diagnose einem umfassenden kardiovaskulären Risikoassessment zu unterziehen. Dabei solle insbesondere auf Bluthochdruck und Glukosestoffwechsel geachtet werden. Inwiefern auch Patienten mit grenzwertig bzw. nicht sezernierenden Tumoren (MACS-1, NFAT) von diesen Maßnahmen profitieren und in welchen Fällen eine Behandlung erforderlich ist, müssen weitere Studien klären. Das Wichtigste in Kürze Frage: Zusammenhang zwischen gutartigen Nebenniereninzidentalomen mit bzw. ohne nachgewiesene endokrine Aktivität und kardiometabolischem Risiko. Antwort: Auch ein leichter Kortisolüberschuss im Dexamethason-Kurztest war mit einer erhöhten kardiometabolischen Last im Sinne von Bluthochdruck und Blutzuckerentgleisungen assoziiert. Die Forscher gehen von einem kontinuierlich fortschreitenden Prozess aus, der vor allem Frauen zu betreffen scheint. Bedeutung: Schon bei geringfügigem Kortisolüberschuss könnte bei Patientinnen und Patienten mit Nebennierenadenom eine regelmäßige Überwachung von Blutdruck und Glukosestoffwechsel sinnvoll sein. Einschränkung: Querschnittstudie.

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