Erschienen in:
12.08.2020 | Interferone | Seltene Erkrankungen
Erdheim-Chester-Erkrankung – eine histiozytäre Multisystemerkrankung mit ungewöhnlicher Nierenbeteiligung
verfasst von:
Dr. S. Dasdelen, F. Büschek
Erschienen in:
Die Innere Medizin
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Ausgabe 9/2020
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Zusammenfassung
Die Erdheim-Chester-Erkrankung (ECD) wird heute den Neoplasien mit Ursprung in den myeloiden dendritischen Zelllinien zugeordnet. Die klonalen Veränderungen unterhalten einen chronischen Entzündungszustand, der die Pathogenese und Klinik prägt. Charakteristisch für die ECD sind die zahlreichen skeletalen Manifestationen – die Multisystemerkrankung betrifft jedoch viele weitere Organe (unter anderem Respirationstrakt, Herz, Retroperitoneum, Augen, zentrales Nervensystem und endokrines System). Die Diagnose wird in der Regel erst nach mehrjähriger Krankheitsdauer gestellt. Gründe sind neben den heterogenen Organmanifestationen die Seltenheit der Erkrankung und die sehr diffuse Beschwerdesymptomatik. Einheitliche Diagnosekriterien gibt es bisher nicht. Die Konstellation aus unklarer Polyserositis und Knochenschmerzen, eventuell in Verbindung mit neurologischen und endokrinen Defiziten, sollte den Verdacht auf eine ECD lenken. Durch eine Organbiopsie lässt sich die Diagnose sichern. Erst die immunhistochemische Untersuchung erlaubt die relativ sichere Abgrenzung zu anderen Histiozytosen. Der Nachweis aktivierender onkogener Mutationen in Signaltransduktionswegen hat die Möglichkeit einer zielgerichteten Therapie mit Kinaseinhibitoren eröffnet, etwa mit Vemurafenib bei Vorliegen einer BRAF-V600E-Mutation. Bis zur Entdeckung der aktivierenden Mutationen wurde in der Erstlinientherapie vor allem Interferon‑α eingesetzt. Angesichts der Überlegenheit von Kinaseinhibitoren erscheint eine Erstlinientherapie mit Interferon‑α heute aber fragwürdig. Die Prognose ist bei unbehandelter ECD ausgesprochen schlecht, Interferon‑α führt zu einer deutlichen Verbesserung. Die zielgerichteten Therapien lassen nun auf weitere Fortschritte hoffen.