SVR bei Hepatitis Delta ist nicht vergleichbar mit SVR bei Hepatitis C

Die bislang einzige Option zur Behandlung der chronischen Hepatitis Delta ist Interferon alpha bzw. pegyliertes Interferon alpha. Die HIDIT-I-Studie hat bereits gezeigt, dass für die Behandlung mit PEG-Interferon alpha 2a bei 25-30 % der Patienten 6 Monate nach Therapieende eine Negativierung der Hepatitis Delta Virus (HDV) RNA eintritt[1]. Allerdings gibt es bislang keine Daten zum Langzeitverlauf nach Therapie. Auf dem EASL 2013 wurden nun Patientendaten der retrospektiv-prospektive Langzeitbeobachtung der HIDIT-1-Studie veröffentlicht [2]. Alle Patienten mit chronischer Hepatitis Delta wurden für 48 Wochen entweder I) mit PEG-Interferon alpha 2a und Adefovir, II) mit PEG-Interferon alpha 2a, oder III) mit Adefovir behandelt. Klinische Endpunkte (Tod, Lebertransplantation, Hepatische Dekompensation, HCC) wurden bei 2 (11 %), 1 (5 %) und 3 (14 %) der Patienten in den Gruppen I-III beobachtet (siehe Abb. 1A). Die jährliche Rate an Endpunkten betrug 2,4 %. Patienten mit Zirrhose bei Therapiebeginn hatten signifikant häufiger klinische Endpunkte (siehe Abb. 1B). Abb. 1: Primäre Endpunkte in der HIDIT-1-Studie. Als klinische Endpunkte waren folgende Ereignisse definiert: Tod, Lebertransplantation, Hepatische Dekompensation, HCC. (A) Ereignis-freies Überleben über alle Patienten. (B) Ereignis-freies Überleben für Patienten mit Zirrhose zu Behandlungsbeginn. Modifiziert nach Heidrich B et al., EASL 2013: abs. no. 46 × Patienten, die initial mit Adefovir (Gruppe III) behandelt wurden, erhielten signifikant häufiger eine Re-Therapie mit PEG-Interferon (48 %, p=0,04) als Patienten, die mit PEG-Interferon alfa 2a behandelt wurden, wie in Gruppe I (17 %) oder Gruppe II (26 %). Patienten in den Gruppen I und II hatten am Ende der Nachbeobachtungszeit auch signifikant häufiger niedrige (<2.000 IU/ml) HBV-DNA-Werte im Vergleich zu Adefovir-behandelten Patienten (94 % und 58 % vs. 43 %, p=0,012). Sechs Patienten waren HBsAg-negativ (Gruppe 1: n=4; Gruppe II: n=2). 16 von 17 Patienten mit negativer HDV-RNA 6 Monate nach Therapieende („SVR“) wurden in eine Nachbeobachtungsstudie eingeschlossen. 9 von 16 Patienten waren zu mindestens einem Zeitpunkt in der Nachbeobachtung wieder HDV-RNA positiv und wurden daher als Relapser definiert (siehe Abb. 2). Abb. 2: Therapieansprechen in Abhängigkeit von der Medikation. Gruppeneinteilung: I) PEG-Interferon alfa 2a und Adefovir, II) PEG-Interferon alfa 2a, III) Adefovir. (A) HBV-DNA <2.000 IU/ml nach Beobachtungsende für die drei Gruppen (links) bzw. für Gruppe I und II vs. III. (B) HDV-RNA-Negativierung im Rahmen einer sich anschließenden Nachbeobachtungsstudie. In Gruppe III war kein Patient zu allen Zeitpunkten HDV-RNA-negativ und wurden daher als Relapser definiert. Modifiziert nach Heidrich B et al., EASL 2013: abs. no. 46 × Die Sequenzanalyse der HDV-RNA bei diesen Relapse-Patienten zeigt eine nahezu identische Virussequenz zu den Zeitpunkten vor der Therapie und beim Relapse. Patienten mit einem solchen „Spätrelapse“ hatten zuvor einen früheren und stärkeren Abfall der HDV-RNA bis zur Therapiewoche 48 gegenüber den „Langzeitresponder“. Patienten mit einem solchen virologischen Langzeitansprechen hatten dafür einen (nicht signifikant) stärkeren HBsAg-Abfall bis Woche 48, waren häufiger Männer und hatten häufiger eine negative HBV-DNA vor Therapiebeginn. Fazit: Die wichtigste Botschaft dieser Langzeitstudie ist die Erkenntnis, dass die Definition der sogenannten „SVR = sustained virological response“, die bei der chronischen Hepatitis C etabliert wurde, für die Hepatitis Delta sicherlich nicht zutrifft. Stattdessen ist eine Negativierung der Hepatitis Delta RNA 6 Monate nach Therapieende nicht mit einer Heilung der Hepatitis Delta gleichzusetzen. Hierfür kann es mehrere Gründe geben, die jetzt weiter erforscht werden müssen. Es scheint, dass eine Heilung der Hepatitis Delta letztendlich nur gelingt, wenn das HBsAg-Protein eliminiert wird. Ohne Hepatitis-B-Hüllprotein werden der Zelleintritt und damit eine Re-Infektion von Leberzellen verhindert. Trotz negativer HDV-RNA im Serum ist es möglich, dass Hepatitis Delta-Antigen in der Leberzelle persistiert und reaktiviert wird, wenn HBsAg noch vorliegt. Das wurde bereits bei Patienten nach Lebertransplantation gezeigt [3]. Wichtig bei der vorliegenden Studie war, dass alle Patienten mit HBsAg-Verlust auch im Langzeitverlauf keinen Relapse der HDV-RNA aufwiesen. Interessant ist weiterhin die Beobachtung, dass – auch wieder im Gegensatz zur Hepatitis C – die HDV-RNA zu Beginn der PEG-IFN-Therapie bei den Patienten mit Spätrelapse schneller und bei den Langzeitrespondern langsamer abgefallen war, teilweise sogar erst nach Therapieende. Das könnte ein Hinweis darauf sein, dass letztendlich die Immunantwort der entscheidende Faktor ist und nicht so sehr die antivirale Wirksamkeit des Interferons. Sicherlich gibt es auch noch Diskussionsbedarf hinsichtlich der Sensitivität der HDV-RNA-Messung. Bislang ist dazu noch kein WHO-Standard publiziert worden. Überraschend war außerdem, dass zwischen den Behandlungsgruppen bislang kein Unterschied hinsichtlich der Entwicklung klinischer Endpunkte identifiziert werden konnte. Das mag aber zum Teil daran liegen, dass die „Heilungsrate“ der Hepatitis Delta niedrig war und bei vorhandener Leberzirrhose die klinischen Endpunkte auch trotz Kontrolle bzw. Elimination der Virusinfektion weiterhin auftreten können. Beruhigend aber, dass kein Patient mit langanhaltendem Therapieansprechen einen klinischen Endpunkt erreicht hatte (Daten nicht gezeigt). Aktuell wird in der HIDIT-2-Studie überprüft, ob eine längere Behandlungsdauer von 96 Wochen einen zusätzlichen Effekt bringt. Hier ist bereits eine 5-jährige Nachbeobachtung Bestandteil der eigentlichen Studie. Zusätzlich muss in Zukunft der Fokus vermehrt auf den HBsAg-Verlust gelegt werden. Ein weiterer interessanter Ansatz ist es, die Therapiedauer anhand der HBsAg-Kinetik zu steuern [4]. Leitlinien-Bezug: Diese Arbeit besitzt einen wichtigen Bezug zur Therapieempfehlung der chronischen Hepatitis Delta [5]: Sie macht klar, dass eine negative HDV-RNA nach Therapieende bzw. 6 Monate nach Therapieende keinen Endpunkt darstellen kann. Ein valider Endpunkt – zumindest aus jetzigem Kenntnisstand – ist der HBsAg-Verlust. Die klinische Evidenz für eine Interferon alpha-basierte Therapie der Hepatitis Delta ist mit diesen Daten sicher nicht gestiegen, und die Verhinderung klinischer Endpunkte durch die IFN-Therapie muss erst noch gezeigt werden. Allerdings ist die diese Therapie bislang die einzige, die einen HBsAg-Verlust und damit auch eine „Heilung“ der Hepatitis Delta erreichen kann. Literatur: (1) Wedemeyer, H et al. Peginterferon plus adefovir versus either drug alone for hepatitis delta. N Engl J Med 2011;364:322-331. (2) Heidrich B et al., LONG-TERM FOLLOW-UP AFTER PEG-IFNA2A-BASED THERAPY OF CHRONIC HEPATITIS DELTA. EASL 2013: abs. no. 46. (3) Mederacke, I et al. Rapid early HDV RNA decline in the peripheral blood but prolonged intrahepatic hepatitis delta antigen persistence after liver transplantation. J Hepatol 2012;56:115-122. (4) Ouzan D et al., OPTIMIZED HBsAg TITER MONITORING IMPROVES INTERFER ON THERAPY IN PATIENTS WITH CHRONIC HEPATITIS DELTA. EASL 2013: abs. no. 424. (5) Cornberg, M et al. [Prophylaxis, diagnosis and therapy of hepatitis B virus infection - the German guideline]. Z Gastroenterol 2011;49:871-930. Mehr Beiträge vom EASL-Kongress 2013 finden sie In unserem Kongressdossier. Weitere Informationen Hepatitis Akademie × Mehr zum Thema finden Sie auch unter www.hepatitis-akademie.de.

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