Ernährung bei Krebs: Was die Leitlinien nicht abbilden

Hat die Ernährung einen Einfluss auf die Entstehung und den Verlauf von Krebserkrankungen? Hinweise aus epidemiologischen Studien sprechen dafür. In den vergangenen Jahren wurde das Wissen um solche Zusammenhänge erweitert, und eine entsprechende Anpassung der einschlägigen Leitlinien erscheint überfällig. PD Dr. Florian Strasser, Cancer Survivorship & Fatigue Clinic, Schaffhausen, Schweiz, bedauert, dass die in den letzten Jahren aus Studien gewonnenen Erkenntnisse zur Wirksamkeit von Ernährungsfaktoren auf den Verlauf von Krebserkrankungen in den einschlägigen Leitlinien noch kaum umgesetzt sind. Das treffe sowohl auf die ernährungsbezogenen Leitlinien zu als auch auf die Empfehlungen zu den einzelnen Krebsentitäten. Weitgehende Beschränkung auf Mangelernährung Die Praxisleitlinien der European Society for Clinical Nutrition and Metabolism (ESPEN) zur Ernährung bei Krebserkrankten [1] beispielsweise beschränken sich Strasser zufolge weitgehend auf das Management von Mangelernährung. Die dort gegebenen Lebensstilempfehlungen für Krebsüberlebende greifen nach Strassers Einschätzung zu kurz. Auch die in Flussdiagrammen zusammengefasste Version von Anfang 2021 zur klinischen Ernährung bei Krebs [2] empfiehlt diesbezüglich nur eine Diät reich an Obst, Gemüse und Vollkornprodukten sowie die Vermeidung von gesättigten Fettsäuren, rotem Fleisch und Alkohol. Diesen Sommer tritt die Leitlinienkommission zusammen, um eine aktualisierte Version der ausführlichen Empfehlungen zu erarbeiten. Strasser, der der Kommission angehört, hat bereits etliche Themen gesammelt, die er in den Leitlinienprozess einbringen will. Ganz oben auf seiner Wunschliste steht das Thema Sekundärprävention und Beeinflussung des Tumorwachstums durch Ernährungsfaktoren. Sprechen die neueren Studien für eine Krebsdiät? Als Belege für die Wirksamkeit tumorprotektiver Diätmaßnahmen führt Strasser eine Reihe von Studien an, die in den letzten drei Jahren zu dem Thema publiziert wurden. Dazu zählt beispielsweise die Längsschnittstudie European Prospective Investigation into Cancer and Nutrition (EPIC), die auf eine mögliche Assoziation zwischen ernährungsbedinger latenter chronischer Entzündung und einem erhöhten Magenkrebsrisiko hindeutet [3]. Forschende in den Niederlanden fanden in einer randomisierten Studie der Phase II bei Brustkrebspatientinnen Hinweise auf eine mögliche Wirkungsverstärkung der Chemotherapie durch periodisches Fasten [4]. Ein ebenfalls von Strasser angeführte narrative Übersichtsarbeit referiert 37 epidemiologische Studien, die auf mögliche Assoziationen zwischen einer Ernährung mit stark verarbeiteten Nahrungsmitteln und einem erhöhten Risiko für eine Vielzahl von Erkrankungen einschließlich Krebs hindeuten [5]. Beratungsbedarf in allen Stadien der Krebserkrankung Krebserkrankte könnten laut Strasser erheblich von klaren und umfassenden Ernährungsempfehlungen profitieren. In frühen Krankheitsphasen seien viele Betroffene bereit, alles zu tun, um eine Krankheitsprogression zu vermeiden. In fortgeschrittenen Phasen, in denen es darum gehe, mit dem Krebs zu leben, treten andere Themen auf den Plan, die ebenfalls einer guten ernährungsmedizinischen Begleitung bedürfen, wie Schluckstörungen, Appetitlosigkeit und Kachexie. Zur Behandlung der letzteren gebe die einschlägige Leitlinie der European Society for Medical Oncology (ESMO) [6] sehr praxistaugliche und umfassende Handreichungen. Weitere Beiträge vom Kongress Ernährung 2021 basierend auf: Strasser F. Update onkologischer GL. Mündliche Präsentation. Session 6:, Ernährung in der Onkologie, 25.06.2021, virtueller Kongress Ernährung 2021 – Ernährung: Evidenz gefunden? Diese Berichterstattung wurde durch finanzielle Unterstützung des Unternehmens Baxter Clinical Nutrition ermöglicht. Das Unternehmen hatte keinen Einfluss auf die Inhalte der Berichterstattung.

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