Mit einer gezielten Auswahl der Lebensmittel können Eltern gute Rahmenbedingungen für eine ausgewogene und abwechslungsreiche Ernährung ihres Kindes schaffen, die auch die Umwelt schont. Die Empfehlungen für eine ausgewogene, abwechslungsreiche Familienernährung gelten ebenso für Kleinkinder mit erhöhtem Allergierisiko.
Ernährungsweise
Kleinkinder haben ein erhöhtes Aspirationsrisiko, und Lebensmittel gehören zu den am häufigsten aspirierten Objekten [
22,
64,
174]. Durch kleinkindgerechte Zubereitungs- und Darreichungsformen kann auch das Aspirationsrisiko vermindert werden.
Eine Ernährungserhebung aus dem Jahr 2008 zeigt, dass Kleinkinder in Deutschland im Durchschnitt weniger pflanzliche Lebensmittel, wie Gemüse, Brot, Kartoffeln und Reis/Nudeln, aber auch weniger Fisch verzehrten als empfohlen; Fleisch, Wurst, Eier und Süßigkeiten wurden dagegen in höheren Mengen verzehrt als empfohlen. Die Zufuhr von gesättigten Fettsäuren und Zucker lag über den Empfehlungen, die Zufuhr von mehrfach ungesättigten Fettsäuren darunter [
89]. Neuere Daten werden mit der Kinder-Ernährungsstudie zur Erfassung des Lebensmittelverzehrs (KiESEL, Teil der Studie zur Gesundheit von Kindern und Jugendlichen (KiGGS), Welle 2) ab Ende 2022 zur Verfügung stehen [
81].
Pflanzliche Lebensmittel sind die Basis einer ausgewogenen Ernährung und sollen reichlich verzehrt werden (Tab.
1). Vollkornprodukte enthalten mehr Vitamine, Mineralstoffe und Ballaststoffe als entsprechende Produkte aus niedrig ausgemahlenem Mehl. Daten aus einem US-amerikanischen Ernährungs- und einem kanadischen Gesundheitssurvey deuten darauf hin, dass eine höhere Ballaststoffzufuhr bei Kleinkindern mit einer – wünschenswerten – geringeren Zufuhr von (gesättigten) Fettsäuren, einer höheren Zufuhr von Vitamin B
6, Magnesium, Eisen und Kalium sowie mit einer insgesamt günstigeren Ernährungsweise verbunden war [
70,
178]. Potenzielle Nachteile für die Nährstoffversorgung durch eine verminderte Bioverfügbarkeit von Mineralstoffen [
155] und eine geringere Energiedichte werden diskutiert. Für Industrieländer wie Deutschland ist die Datenlage dazu unbefriedigend, und die Evidenz für gesundheitliche Effekte von Vollkorn im Rahmen einer ausgewogenen Kleinkindernährung fehlt. Lebensmittelbasierte Empfehlungen zur Kleinkindernährung sehen bei Getreide eine Mischung aus Nichtvollkorn- und Vollkornprodukten vor und betonen Vollkornprodukte als wünschenswerte Wahlmöglichkeit [
53,
59,
100]. Eine Evidenz für die unbedingte Notwendigkeit einer hohen Vollkorngetreidezufuhr gibt es nicht. Die traditionelle mediterrane Ernährung, die mit gesundheitlichen Vorteilen assoziiert ist, zeichnet sich neben Getreide (auch Vollkorn) v. a. durch viel Gemüse, Obst, Hülsenfrüchte, Nüsse und Samen aus [
77]; diese sind ebenfalls ballaststoffreich. Vollkornprodukte sind nicht immer vertraut. Im Rahmen einer diversitätssensiblen Beratung können unterschiedliche Möglichkeiten der Ballaststoffzufuhr vorgestellt werden.
Tab. 1
Lebensmittelgruppen, Bedeutung für die Nährstoffversorgung und Empfehlungen zur Auswahl
Reichlich |
Getränke (ungesüßt/zuckerfrei) | Wasser | Trinkwasser (Leitungswasser) Mineralwasser Ungesüßte Kräuter- und Früchtetees | Nicht ausschließlich Kräuter- oder Früchtetees anbieten und Sorten wechseln |
Gemüse, Obst, Hülsenfrüchte, Nüsse | Beta-Carotin (Provitamin A), Folat, Vitamin B6, Vitamin C, Vitamin K, Kalium, Magnesium, Eisen, Ballaststoffe, Protein (Hülsenfrüchte, Nüsse), ungesättigte Fettsäuren (Nüsse) | Alle Gemüsearten, frisch oder tiefgekühlt Alle Salatarten Alle Obstarten, frisch oder tiefgekühlt Alle Arten von Hülsenfrüchten (Linsen, Bohnen, Kichererbsen etc.) Alle Arten von Nüssen und Samen Nachhaltige Option: saisonales Angebot, Produkte aus ökologischem Anbau | Gemüse fettarm zubereitet, roh oder gegart Hartes Gemüse als Rohkost fein gerieben/zerkleinert, je nach individueller Ess- und Kaufertigkeit Festes Obst zerkleinert, je nach individueller Ess- und Kaufertigkeit Hülsenfrüchte immer garen Sprossen und Tiefkühlbeeren immer durcherhitzen Nüsse fein zerkleinert/gemahlen oder als reines Nussmus (ohne Zucker- und weitere Fettzusätze) |
Getreide, Getreideprodukte, Kartoffeln | Kohlenhydrate, B‑Vitamine, Magnesium, Eisen, Zink, Ballaststoffe (Vollkornprodukte), Protein | Vollkornprodukte mehrmals täglich Brot aus fein gemahlenem Vollkornmehl Haferflocken und andere Getreideflocken Müsli ohne zugesetzten Zucker, Honig oder andere Süßungsmittel Nachhaltige Option: Produkte aus ökologischem Anbau | Anteil an Vollkornprodukten mit zunehmendem Alter steigern Kein Brot oder Müsli mit ganzen Körnern, Nüssen oder grob zerkleinerten Nüssen (Aspirationsgefahr) Wenig frittierte und andere fettreiche Kartoffelzubereitungen (z. B. Pommes frites, Reibekuchen) |
Mäßig |
Milch und Milchprodukte | Protein, Fett, Kalzium, Jod, Vitamin B2, Vitamin B12 | Pasteurisierte und hocherhitzte Milch/-produkte Nichtgesüßte Milch/-produkte Käse mit einem absoluten Fettgehalt unter 30 % Nachhaltige Option: Milch und Joghurt aus artgerechter Tierhaltung/aus ökologischer Produktion | Keine Rohmilch und Rohmilchprodukte/Rohmilchkäse (Schutz vor Infektionen) Wenn gestillt wird, ersetzt Muttermilch einen Teil der Milch und Milchprodukte |
Fleisch, Wurst, Fisch, Ei | Protein, Fett, Vitamin B1, Vitamin B6, Vitamin B12, Niacin, Biotin, Eisen, Zink, zudem in Meeresfisch: Vitamin D, Jod, langkettige Omega-3-Fettsäuren | Mageres Fleisch Fettarme Wurstsorten Meeres- und Süßwasserfische Fettreiche Meeresfische Fischfilet ohne Gräten Nachhaltige Option: Fleisch, Ei, Wurstwaren aus artgerechter Haltung/aus ökologischer Produktion, Fisch aus nachhaltiger Fischerei bzw. nachhaltig betriebenen Aquakulturen | Fleisch, Fisch und Ei immer gut durcherhitzen Keine Rohwurst Wenig panierte, frittierte und andere fettreiche Zubereitungen (z. B. Fischstäbchen) |
Sparsam |
Zucker, Süßigkeiten, süße Getränke, süße Backwaren, Snackprodukte | Kohlenhydrate | – | Auch Häufigkeit des Zuckerverzehrs reduzieren |
Fette mit hohem Anteil an gesättigten Fettsäuren („feste“ Fette) | Fett, gesättigte Fettsäuren | – | Pflanzliche Öle, wie z. B. Rapsöl, bevorzugen (Omega-3- und Omega-6-Fettsäuren) |
Tierische Lebensmittel sind in einer ausgewogenen Ernährung von Kleinkindern in mäßigem Umfang vorgesehen (Tab.
1). Milch und Milchprodukte sind dennoch wichtige Lebensmittel in der Kleinkindernährung, da sie sowohl zur Kalzium- als auch zur Jodversorgung beitragen [
96]. Wird jedoch viel Milch getrunken bzw. werden Milchprodukte in großen Mengen verzehrt, kann dies zu einer überhöhten Proteinzufuhr führen. Für das Kleinkindesalter liefern zwei systematische Übersichtsarbeiten Hinweise für eine positive Assoziation zwischen der Zufuhr von tierischem Protein (vor allem Milchprotein) und dem Übergewichtsrisiko im späteren Kindesalter [
188,
220]. Ein hoher Verzehr von Kuhmilch(-produkten) könnte sich auch negativ auf die Eisenversorgung auswirken [
60]. Allerdings zeigt die aktuelle Datenlage bei Kleinkindern und Kindern im Vorschul- bzw. im Grundschulalter eine Assoziation von geringem oder keinem Kuhmilchkonsum mit einer geringeren Körpergröße [
119] sowie einer geringeren Knochenmineralisierung bis hin zu einem erhöhtem Frakturrisiko [
26,
109]. Um potenziell negative gesundheitliche Auswirkungen zu vermeiden, sollte auf einen entsprechend gemäßigten Kuhmilchverzehr im Rahmen der Empfehlungen geachtet werden. Das lebensmittelbasierte Konzept der optimierten Mischkost sieht im Kleinkindalter insgesamt 300 ml Milch (bzw. 300 g Joghurt und ähnliche Milchprodukte) pro Tag vor [
100]. Die Deutsche Gesellschaft für Kinderheilkunde und Jugendmedizin empfiehlt für Kleinkinder eine Begrenzung des Milchverzehrs auf bis zu 2 Tassen täglich (200–400 ml, [
105]).
Mehrfach ungesättigte Fettsäuren sind für die Gesundheit und Entwicklung des Kindes von großer Bedeutung. Deshalb sollten bei der Zubereitung von Speisen pflanzliche Öle (z. B. Rapsöl, Leinöl) verwendet werden. Fisch, v. a. fettreicher Meeresfisch wie Hering und Lachs, liefert langkettige Omega-3-Fettsäuren (Eikosapentaensäure [EPA] und Dokosahexaensäure [DHA]), aber auch Jod, und sollte daher regelmäßig verzehrt werden.
Zuckergesüßte Lebensmittel und Getränke, Süßigkeiten und Snackprodukte haben einen hohen Energiegehalt und eine geringe Nährstoffdichte. Der Zuckeranteil naturbelassener (z. B. in Fruchtsäften, Honig) und industriell erzeugter Nahrungsmittel stellt zudem für die Zähne des Kleinkindes ein Kariesrisiko dar [
128]. Eine Begrenzung der Menge und Verzehrhäufigkeit ist ein wichtiger Pfeiler einer gesundheitsfördernden Ernährung sowie der Adipositas- und Kariesprävention [
162,
194,
211]. Zum Schutz der Zähne im Kleinkindalter sollten die Zähne regelmäßig geputzt [
10,
128] und dafür eine Zahnpasta mit 1000 ppm Fluorid verwendet werden [
23]. Auch für Kleinkinder, die weitergestillt werden, ist eine regelmäßige sorgfältige Zahnreinigung erforderlich [
162].
Die Ernährungsweise und Auswahl der Lebensmittel wirken sich nicht nur auf die Gesundheit des Kindes aus. Die Produktionsweise von Lebensmitteln, die Art der Tierhaltung, Verarbeitung und der Transport beeinflussen auch Klima, Boden, Wasser, Biodiversität und andere Umweltfelder. Dazu kommen die damit ebenfalls verbundene Wahrnehmung der sozialen Verantwortung sowie des Wohlergehens der landwirtschaftlich genutzten Tiere. Für die Umweltwirkung ist u. a. entscheidend, ob vermehrt pflanzliche und/oder tierische Lebensmittel gewählt werden. Das größte Einsparpotenzial im Hinblick auf Umweltbelastungen (Treibhausgasemissionen, Landnutzung, Stickstoff- und Phosphoreinträge) ergibt sich durch eine fleischreduzierte und pflanzenbetonte Ernährung [
181]. Daten speziell zu Effekten nachhaltiger Ernährung auf die Gesundheit von Kleinkindern gibt es derzeit kaum. Wenn vorhanden, weist die Datenlage aber darauf hin, dass der Ersatz von tierischen durch pflanzliche Lebensmittel auch das Nährstoffprofil positiv verändert könnte [
191]. Werden vorwiegend pflanzliche Alternativprodukte zu Fleisch, Wurst und Milchprodukten gewählt, so ist zu berücksichtigen, dass diese sich im Nährstoffprofil von dem tierischen „Originalprodukt“ deutlich unterscheiden können. Obst und Gemüse der Saison verursachen die geringsten Treibhausgasemissionen [
204]. Der Saisonkalender des Bundeszentrums für Ernährung (BZfE) bietet Orientierungshilfe beim Einkauf von Obst und Gemüse [
39]. Die Wahl von Lebensmitteln aus ökologischem Landbau ist eine weitere Option für eine nachhaltigere Ernährungsweise [
204].
Fertigprodukte ersparen Zeit bei der Mahlzeitenzubereitung und gehören heute zum Alltag. In Auswertungen von Verzehrstudien zeigt sich aber, dass Kinder mit einem hohen Verzehr von (hoch)verarbeiteten Lebensmitteln häufiger übergewichtig oder adipös waren [
57] und weniger Vitamine und Mineralstoffe aufnahmen als Kinder mit geringem Verzehr von Fertigprodukten [
8,
57]. Für die ernährungsphysiologische Beurteilung ist jedoch nicht allein der Verarbeitungsgrad, sondern vielmehr die Zusammensetzung und der Energiegehalt des Lebensmittels richtungweisend. Das gilt auch für verarbeitete Produkte, die durch Begriffe/Altersangaben auf der Verpackung oder durch ihre optische Gestaltung speziell an Kinder gerichtet sind, z. B. Milchgetränke für Kleinkinder, Frühstückszerealien, Püriertes aus Quetschbeuteln oder Wurstwaren mit Kinderoptik. Beikosterzeugnisse, die zur „Ernährung von Säuglingen während der Entwöhnungsperiode und zur Ernährung von Säuglingen und Kleinkindern während der allmählichen Umstellung auf normale Kost bestimmt sind“, müssen den Anforderungen der Diätverordnung entsprechen [
1]. Bei Kräuter- und Früchtetees für Säuglinge oder Kleinkinder ist der Zusatz von Zucker, Honig u. Ä. verboten [
2]. Zur Einordnung von Fertigprodukten bezüglich ihrer ernährungsphysiologischen Qualität sind die Nährwertkennzeichnung auf der Verpackung sowie das Zutatenverzeichnis hilfreich. Die zusätzliche freiwillige Kennzeichnung (Nutri-Score) hilft bei einem Vergleich von Lebensmitteln innerhalb einer Kategorie (z. B. Joghurt, Müsli) und gibt auch für die Familienernährung eine Orientierung. Für Lebensmittel, die sich explizit an Säuglinge und Kleinkinder richten, wie z. B. Beikostprodukte, ist der Nutri-Score nicht geeignet, da er die speziellen Bedürfnisse dieser Altersgruppe nicht berücksichtigt. Spezielle Milchgetränke für Kleinkinder sind grundsätzlich nicht notwendig. Pürierte Lebensmittel und Mahlzeiten aus quetschbaren Kunststoffbeuteln sind nicht empfehlenswert. Sie sind häufig energie- und zuckerreich, erhöhen bei regelmäßigem Verzehr das Risiko für Karies und Übergewicht und können die Gewöhnung an eine zum Kauen anregende, gröbere Textur der Nahrung erschweren [
104,
161]. Auch aus Gründen der Müllvermeidung sollten frisches Obst und Gemüse bevorzugt werden.
Speisesalz sollte in der Familienernährung sehr sparsam verwendet werden, da eine hohe Salzaufnahme mit einem erhöhten Risiko für Bluthochdruck assoziiert ist [
33,
189]. Zudem werden Lebensmittel/Speisen mit hohem Salzgehalt häufig in größeren Mengen von Kindern verzehrt [
113], was bei Lebensmitteln/Speisen, die zusätzlich energiereich sind, im Hinblick auf das Übergewichtsrisiko unerwünscht ist. Das im Haushalt verwendete Salz sollte mit Jod angereichert sein. Bei einem Trinkwasserfluoridgehalt über 0,7 mg/l soll kein Speisesalz verwendet werden, das zusätzlich auch Fluorid enthält [
23].
Eine Supplementierung von Vitaminen und Mineralstoffen ist i. Allg. nicht notwendig. Sie sollte nur auf medizinischen Rat und in ärztlicher Abstimmung erfolgen [
5]. Das betrifft auch Vitamin D, das bei ausreichendem Aufenthalt im Freien unter dem Einfluss von Sonnenlicht in der Haut gebildet wird, für das aber bei sehr geringer Sonnenlichtexposition und dunkler Hautpigmentierung ein erhöhtes Risiko für einen Mangel besteht [
27,
146]. Die Gabe von Vitamin D zur Rachitisprophylaxe wird für Säuglinge bis zum zweiten erlebten Frühsommer empfohlen [
202].
Kleinkinder nehmen häufig Gegenstände in den Mund, reden während des Kauens, und ihr Kauvermögen ist – solange die Backenzähne noch fehlen – stark eingeschränkt [
28,
83,
174]. Kleine, runde Lebensmittel, wie Nüsse, Samen, Beeren, Hülsenfrüchte, sind die am häufigsten in die Luftröhre verschluckten Fremdkörper [
83]. Rohes Wurzelgemüse (im Ganzen oder in Stücken), Fisch mit Gräten, harte Lutschbonbons, ganze Weintrauben mit Kernen, Fleischstücke, Kügelchen von Bubble Tea oder Kaugummi können ebenfalls leicht aspiriert werden [
22].
Getränke
Eine Verzehrerhebung aus dem Jahr 2008 ergab, dass Kleinkinder durchschnittlich etwa 400 ml Getränke (ohne Milch) zu sich nehmen, wobei der Anteil der zuckerhaltigen Getränke mit dem Alter zunimmt [
89]. Kinder aus Familien mit Migrationshintergrund weisen einen mengenmäßig höheren Verzehr von zuckerhaltigen Erfrischungsgetränken auf als Kinder aus Familien ohne Migrationshintergrund [
160]. Der positive Zusammenhang zwischen dem Verzehr zuckergesüßter Getränke und einer höheren Gewichtszunahme im Kindesalter ist in Studien belegt [
30,
75,
117,
190]. Dies zeigt sich – wenn auch bei begrenzterer Datenlage – ebenfalls für Fruchtsaftkonsum im frühen Kindesalter [
15]. Untersuchungen zeigen zudem, dass ein höherer Konsum von Fruchtsaft und zuckergesüßten Getränken bei Kleinkindern mit einer geringeren Zufuhr von Mikronährstoffen sowie insgesamt mit einer ungünstigeren Ernährungsqualität assoziiert ist [
120].
Zucker und zuckerhaltige Getränke erhöhen auch das Risiko für Karies [
144]. Säuren in Getränken, wie Limonade, Früchtetee, Fruchtsaft oder auch in Quetschies und Smoothies können zu erosiven Schädigungen des Zahnschmelzes führen [
144,
161]. Vor allem das Dauernuckeln von zucker- oder säurehaltigen Getränken, Fruchtpürees oder Milchgetränken (z. B. aus Babyflaschen, Flaschen mit Ziehverschluss oder aus Quetschbeuteln) und die Flasche „zum Einschlafen“ gefährden die Zähne. Erhalten Kinder zuckerhaltige Getränke häufig aus der Baby- oder Trinkflasche, nuckeln sie über einen längeren Zeitraum daran oder wird dem Kind die Flasche zum Nuckeln überlassen, dann können extreme kariöse Zahnschäden entstehen [
198]. Die Babyflasche als Einschlafhilfe und zur Beruhigung kann zudem die Entwicklung der kindlichen Selbstregulationsfähigkeiten stören ([
137], s. Abschnitt Essen lernen im Kleinkindalter, Beachtung von Hunger und Sättigung). Daher ist es wichtig und sinnvoll, dass Kinder ab dem Alter von etwa 9 Monaten das Trinken aus einem Becher oder einer Tasse lernen. Gläser sind anfangs weniger geeignet, da sie zerbrechen und das Kind verletzen können.
Fruchtsäfte (z. B. Apfel‑, Birnen- oder Traubensaft) enthalten reichlich Fruktose (Fruchtzucker). Werden sie in größeren Mengen konsumiert, kann die individuelle Resorptionskapazität für Fruktose im Dünndarm überschritten werden (s. Abschnitt Nahrungsmittelunverträglichkeiten im Kleinkindalter).
In Kräutertees kommen 1,2-ungesättigte Pyrrolizidinalkaloide in unterschiedlichen Mengen vor. Um die Aufnahme zu minimieren, wird empfohlen, bevorzugt Wasser und nicht ausschließlich Kräutertees zu trinken sowie die Sorten abzuwechseln [
32,
34].
Getränke mit Süßstoffen und/oder Zuckeraustauschstoffen liefern keine oder weniger Kalorien als zuckergesüßte Getränke. Eine Expertengruppe der American Heart Association rät jedoch aufgrund der begrenzten Datenlage von einem längerfristigen Konsum im Kindesalter ab und empfiehlt stattdessen, Wasser und andere nichtgesüßte Getränke zu verwenden [
97]. Koffeinhaltige Getränke, Energydrinks oder alkoholische Getränke sollen Kinder nicht konsumieren.
Vegetarische und vegane Ernährung
Eine ausgewogene und abwechslungsreiche Ernährung mit reichlichem Verzehr von pflanzlichen Lebensmitteln und mäßigem Verzehr von tierischen Lebensmitteln ist die empfehlenswerte und bevorzugte Ernährungsweise für Kleinkinder (s. entsprechenden Abschnitt). Sie ist die Ernährungsweise, mit der am sichersten alle Nährstoffe in ausreichender Menge aufgenommen werden können.
Je mehr Lebensmittelgruppen aus der Ernährung ausgeschlossen werden, desto weniger kann eine ausreichende Versorgung sichergestellt werden. Eine vegane Ernährung wird im Kleinkindalter wegen möglicher Risiken sowie aufgrund der unzureichenden Datenlage nicht empfohlen.
Da einzelne Mikronährstoffe in pflanzlichen Lebensmitteln nicht (Vitamin B
12) oder nur in geringeren Mengen (z. B. Kalzium) vorkommen und die Bioverfügbarkeit der Spurenelemente Eisen und Zink aus pflanzlichen Lebensmitteln geringer ist als aus tierischen, ist bei vegetarischer und veganer Ernährung von Kleinkindern eine sorgfältige und gezielte Lebensmittelauswahl notwendig. Eine rein pflanzliche (vegane) Ernährung kann die adäquate Versorgung mit Nährstoffen nicht gewährleisten, sodass es zu Entwicklungsstörungen und zu weiteren unerwünschten gesundheitlichen Effekten kommen kann [
224].
Die hier gegebenen Empfehlungen orientieren sich an denen von Fachgesellschaften in Deutschland und in anderen Ländern [
112,
129,
141,
149,
150,
157,
225,
227]. Eine ovolaktovegetarische Ernährung wird auch für Kleinkinder als geeignet angesehen; auf die notwendige besondere Sorgfalt bei der Lebensmittelauswahl hinsichtlich der kritischen Nährstoffe wird hingewiesen. Aufgrund der unzureichenden Datenlage und der potenziellen kurz- und langfristigen gesundheitlichen Risiken im Zusammenhang mit einer veganen Ernährung in der frühen Kindheit, in der besondere Anforderungen an die Nährstoffversorgung bestehen, wird eine vegane Ernährung für Kleinkinder in Deutschland – wie auch in anderen europäischen Ländern – nicht empfohlen [
112,
141,
149,
150,
169]. Dennoch zeigen alle Fachgesellschaften Handlungsoptionen auf, für den Fall, dass sich Eltern – entgegen den Empfehlungen und nach Aufklärung über die gesundheitlichen Risiken – für eine vegane Ernährung ihres Kindes entscheiden. Die Fachgesellschaften betonen, dass unter diesen Umständen eine qualifizierte Ernährungsberatung, eine gezielte Lebensmittelauswahl mit adäquater und konsequenter Supplementeinnahme sowie eine medizinische Betreuung unumgänglich sind, um Eltern bestmöglich zu unterstützen und das Risiko für negative Auswirkungen zu reduzieren [
112,
129,
141,
150,
157,
227].
Im Rahmen der medizinischen Betreuung sind regelmäßige ärztlich-diagnostische Überprüfungen des Versorgungsstatus kritischer Nährstoffe (auf Basis von Biomarkern) sowie die Überprüfung der altersgemäßen körperlichen, motorischen und kognitiven Entwicklung notwendig. Aber auch wenn eine geeignete Lebensmittelauswahl, ergänzt durch Supplemente und angereicherte Lebensmittel, bei veganer Ernährung zu einer ausreichenden Nährstoffversorgung (beurteilt auf der Basis von Biomarkern und der altersgemäßen Entwicklung) beitragen kann [
150,
206], ist ungeklärt, ob langfristig eine vergleichbare Entwicklung wie bei omnivorer Ernährung erzielt werden kann. Weitere Studien, möglichst im Längsschnitt und mit ausreichend großer Teilnehmerzahl, sind notwendig, um valide Daten zum Ernährungs- und Gesundheitsstatus von Kleinkindern bei veganer Ernährung zu erhalten und beurteilen zu können [
206].
Es gibt bislang kaum Studien zur Nährstoffversorgung bei vegetarischer und noch weniger bei veganer Ernährung im Kleinkindalter. Die verfügbaren Daten zeigen, dass die Zufuhr der Makronährstoffe meist den Referenzwerten entspricht, während sie bei Ballaststoffen, einigen Vitaminen (z. B. Vitamin C, Folat) und Magnesium über den Referenzwerten liegt [
99,
229] und bei anderen Mikronährstoffen (z. B. Eisen, Vitamin B
12, Zink und Kalzium) teilweise darunter liegt [
99]. Allerdings sind Zufuhrdaten allein nicht sehr aussagefähig, da es Hinweise auf eine unterschiedliche Bioverfügbarkeit verschiedener Nährstoffe bei unterschiedlichen Ernährungsformen gibt. In der VeChi-Diet-Studie erreichten oder überstiegen vegan und vegetarisch ernährte Kleinkinder die empfohlene Zufuhr von Vitamin E, Vitamin B
1, Folat und Magnesium – ebenso wie die gemischt ernährten Kleinkinder. Bei veganer Ernährung wurde der Referenzwert für die Kalziumzufuhr nicht erreicht, ebenso wenig der an die geringe Absorptionsrate aus pflanzlichen Lebensmitteln angepasste Referenzwert für Eisen [
229].
Zu den potenziell kritischen Nährstoffen einer vegetarischen Ernährung gehören Eisen und Zink sowie die langkettigen Omega-3-Fettsäuren EPA und DHA, ebenso Jod, das aber häufig auch mit einer gemischten Ernährung nicht ausreichend aufgenommen wird [
9]. Vollkorngetreide, Hülsenfrüchte, Nüsse (fein gemahlen oder als Nussmus) sowie einige Gemüse- und Obstarten (z. B. grünes Blattgemüse) können zur Eisenversorgung beitragen. Allerdings ist die Bioverfügbarkeit von Eisen aus pflanzlichen Quellen geringer als aus tierischen. Durch Kombination mit Vitamin-C-haltigen Lebensmitteln kann die Bioverfügbarkeit verbessert werden. Zink kommt ebenfalls in Vollkorngetreide, Hülsenfrüchten und Nüssen vor, auch hier ist die Bioverfügbarkeit geringer als aus tierischen Lebensmitteln. Küchentechnische Maßnahmen, wie z. B. das Wegwerfen des Einweichwassers von getrockneten Hülsenfrüchten, können die Zinkverfügbarkeit verbessern [
221]. Eier, Milch und Milchprodukte liefern Jod, Vitamin B
12 und Protein, Milch- und Milchprodukte sind zudem wichtige Kalziumlieferanten. Hülsenfrüchte, Nüsse und Getreide zählen zu den pflanzlichen Proteinquellen. Zur Versorgung mit der essenziellen Fettsäure Alpha-Linolensäure (ALA) tragen Pflanzenöle, wie Rapsöl, Walnussöl oder Leinöl, und Walnüsse (fein gemahlen) bei. Aus ALA kann der Körper die langkettigen Omega-3-Fettsäuren EPA und DHA bilden – allerdings nur in begrenztem und aufgrund genetischer Varianten in individuell stark variierendem Maße [
106]. Entsprechend empfiehlt die Europäische Lebensmittelsicherheitsbehörde (European Food Safety Authority, EFSA) auch für Kleinkinder eine regelmäßige Zufuhr von EPA und DHA über die Ernährung [
62]. Eine pflanzliche Quelle für DHA und EPA sind mit diesen Fettsäuren aus Mikroalgen angereicherte Pflanzenöle.
Grundsätzlich steigt das Risiko für eine unzureichende Nährstoffversorgung umso stärker, je mehr Lebensmittelgruppen aus der Ernährung ausgeschlossen werden [
157]. Bei einer rein pflanzlichen (veganen) Ernährung, bei der neben Fleisch und Fisch auch auf Milch/-produkte und Eier verzichtet wird, entfällt u. a. die Zufuhr von Vitamin B
12, das nur in tierischen Lebensmitteln in nennenswerter Menge vorkommt. Zu den kritischen Nährstoffen bei veganer Ernährung gehören aber neben jenen bei einer vegetarischen Ernährung (Eisen, Zink, Jod und DHA; s. oben) auch Protein, Kalzium, Vitamin B
2 und Selen [
9]. Die konsequente Supplementierung von Vitamin B
12 ist bei einer veganen Ernährung unbedingt notwendig, um das Risiko für gravierende Gedeihstörungen, Anämien oder neurologische Störungen zu reduzieren. Je nach Ausgangslage und Alter empfiehlt die DGKJ, 5–25 µg Vitamin B
12 pro Tag oral zu supplementieren [
157]. Eine regelmäßige Überprüfung der Blutwerte von Vitamin B
12 (Holotranscobalamin, Methylmalonsäure) sowie körperliche, einschließlich psychomotorische, Untersuchungen sollten mit der Kinder- und Jugendärztin bzw. dem -arzt besprochen werden [
6]. Je nach Lebensmittelauswahl und Nährstoffversorgung (auch auf der Basis von Biomarkern beurteilt) müssen ggf. weitere Nährstoffe supplementiert werden [
157].
Auch Eltern, die sich selbst vegan ernähren und ihr Kleinkind ebenfalls vegan ernähren möchten, sollen für die Risiken dieser Ernährungsform im frühen Kindesalter sensibilisiert, zu den möglichen gesundheitlichen Auswirkungen informiert und zu den Konsequenzen für die Ernährungsplanung und Lebensmittelauswahl beraten werden. Es gibt derzeit keine Belege, wie gut Eltern informiert sind, um eine adäquate Energie- und Nährstoffzufuhr ihres Kindes gewährleisten zu können und damit eine gesunde Entwicklung ihres Kindes zu fördern. Eine Fokusgruppenanalyse des BfR zu Motiven und Praktizierung einer veganen Ernährung zeigte aber, dass sich Eltern sehr stark mit der eigenen Ernährungsweise identifizieren und kritische Sichtweisen schnell als persönlicher Angriff wahrgenommen werden. Um eine grundlegende Ablehnung der Eltern für eine sachgerechte Beratung zu vermeiden und die Eltern nicht zu verlieren, sollte keine Stigmatisierung der von den Eltern praktizierten veganen Ernährungsweise erfolgen. Vielmehr sollte die Beratung in einer wertschätzenden Haltung an den Erfahrungen und Einstellungen der Eltern anknüpfen [
222] und so eine informierte Entscheidung befördern (s. Abschn. „Diversitätssensible Beratung“).
Im Rahmen der Beratung sollte auch zu pflanzlichen Alternativprodukten informiert werden. Zu beachten ist, dass diese aus ernährungsphysiologischer Sicht nicht mit den tierischen Produkten, die sie ersetzen sollen, zu vergleichen sind. So enthalten Pflanzendrinks z. B. geringere Mengen an Fett, geringere Mengen an Protein (Ausnahme sojabasierte Pflanzendrinks), haben eine niedrigere Proteinqualität und enthalten natürlicherweise kein Kalzium. Kalzium und Vitamine, wie z. B. Vitamin B
12, sind in diesen Produkten nur enthalten, wenn sie zugesetzt werden. Die Vielfalt an pflanzlichen Alternativen für Milch und Fleisch ist zudem groß, und die Nährstoffgehalte unterscheiden sich auch innerhalb einer Produktkategorie erheblich [
73,
200]; nicht alle Produkte sind also gleichermaßen als Ersatz geeignet.
Eine Supplementierung von Nährstoffen oder die Verwendung von angereicherten Lebensmitteln kann auch bei einer vegetarischen Kleinkindernährung sinnvoll sein [
9].