Fencheltee hat weite Verbreitung u. a. zur Behandlung von Blähungen und Bauchschmerzen bei Säuglingen gefunden, obwohl nur wenig Evidenz zu Wirksamkeit und Sicherheit vorliegt. Im Zuge der Diskussion über die Sicherheit von Tee-Zubereitungen, die Estragol enthalten, liegt nun eine aktuelle Bewertung durch die Europäische Arzneimittelagentur (EMA) vor. Hier wurde durch das zuständige Committee on Herbal Medicinal Products (HMPC) erstmals bereits im Jahr 2007 in einer Monografie festgestellt, dass Arzneimittel auf der Basis von süßem Fenchel erst ab einem Alter von 4 Jahren angewandt werden sollen [
1]. Für Kinder unter 4 Jahren werden diese Arzneimittel nicht empfohlen, da für die sichere Anwendung in dieser Altersgruppe keine ausreichenden Informationen vorliegen. Zudem wird auch stillenden Müttern abgeraten, fenchelhaltige Produkte zu konsumieren. Dies hat angesichts der langjährigen weiten Verbreitung von Produkten für Säuglinge, die Fenchel enthalten, für eine Verunsicherung bei den Anwendern gesorgt, die auf die langjährige Anwendung von Fencheltee bei Säuglingen als „natürliche“ Therapie hinweisen.
Kommentar
In Summe muss empfohlen werden, estragolhaltige Produkte so wenig wie möglich anzuwenden und die Gabe auf ein kurzes Zeitintervall zu beschränken. Entscheidend ist v. a. die korrekte pharmakologische Zubereitung, die einen standardisierten Gehalt von Estragol in einem sicheren Dosisbereich in den Tees garantiert. Selbstverständlich sollte die Zubereitung auch kindgerecht, also ohne Zucker und Alkohol, erfolgen.
Es darf nicht übersehen werden, dass es sich bei der Unruhe von Babys häufig gar nicht um Blähungen handelt, sondern eine Interaktionsproblematik im Vordergrund stehen kann. Diesfalls ist der Einsatz von Fencheltees ohnedies fragwürdig und trägt mitunter zu einer Verschleierung der zugrunde liegenden Ursache und einer verzögerten Therapie bei. Jedenfalls sollte bei starken Beschwerden neben einer kinderärztlichen Abklärung professionelle psychologische Unterstützung in Anspruch genommen werden. Das Schreien eines Säuglings stellt einen der höchsten Stressfaktoren für die Eltern dar, und Eltern-Kind-therapeutische Unterstützungen können oft schon nach einigen wenigen Sitzungen bei „Schreibabys“ deutliche Entlastungen bringen. Die Gabe von Fencheltee wird seitens der EMA jedenfalls angesichts der Bewertung als „natürliches Kanzerogen“ für Kinder unter 4 Jahren nicht und für Kinder unter 11 Jahren nur sehr zurückhaltend empfohlen, zudem auch der Nachweis der Wirksamkeit von Fencheltee bei unruhigen Säuglingen nicht ausreichend belegt ist.
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