Erschienen in:
28.11.2018 | Ersatz der Harnblase | Leitthema
Ersatz der Harnblase
verfasst von:
Prof. Dr. C. Hampel
Erschienen in:
coloproctology
|
Ausgabe 6/2018
Einloggen, um Zugang zu erhalten
Zusammenfassung
Blasenersatzoperationen sollen durch möglichst vollständigen Funktionserhalt des verlorengegangenen Organs die Lebensqualität des Patienten optimieren. Ersatzblasen aus Darm haben die Aufgabe, Urin sicher zu speichern und an einem frei gewählten Ort zu selbstbestimmter Zeit wieder vollständig zu entleeren. Der Schutz des oberen Harntrakts erfordert ein Niederdruckreservoir von ausreichender Kapazität, der Schutz der Verdauungsfunktion hingegen den ressourcenschonenden Umgang mit den Blasenersatzmaterialien. Detubularisierung und Rekonfiguration wirken unabhängig vom verwendeten Darmsegment kapazitätssteigernd und inhibieren gleichzeitig die nächtliche Peristaltik der ausgeschalteten Darmschlingen zur Kontinenzverbesserung. Der Anschluss des Niederdruckreservoirs an die Außenwelt kann urethral, kutan oder anal erfolgen. Alle Darmanteile mit Ausnahme des Duodenums sind prinzipiell zur Blasenersatzoperation geeignet und wurden auch schon verwendet. Repräsentative Beispiele für verschiedene verwendete Darmabschnitte, unterschiedliche Anschlusswege und Techniken zur Gestaltung der afferenten und efferenten Neoblasensegmente werden beschrieben und mit ihren Vor- und Nachteilen diskutiert. Der merkliche weltweite Rückgang der Blasenersatzoperationen seit etwa 20 Jahren liegt in der Altersstruktur der Zystektomiepatienten, dem Wegbrechen der benignen Harnableitungsindikationen und der großen Anpassungsfähigkeit des Menschen (Well-being-Paradox) begründet. Der daraus resultierende Expertiseverlust wird zukünftig das Therapiespektrum selbst an Zentren und die Möglichkeiten der patientenindividualisierten Harnableitungswahl empfindlich einschränken.