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Erschienen in: Rechtsmedizin 3/2015

01.06.2015 | Rechtsprechung

Erwiesene Kindesmisshandlung durch hypothetisches Unterlassen

Schuldig trotz begründbarer Zweifel

verfasst von: Dr. Cornelius Trendelenburg, V. Lauer

Erschienen in: Rechtsmedizin | Ausgabe 3/2015

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Zusammenfassung

Kommen als Täter einer Kindesmisshandlung beide Eltern in Betracht und schweigen diese zu dem Geschehen, ist die Aufklärung des Tathergangs häufig stark erschwert. Beide Eltern sind als Beschützergaranten jedoch verpflichtet, ihr Kind vor Übergriffen des anderen zu schützen, sodass stets an eine Verurteilung wegen Begehung durch Unterlassen zu denken ist. Dieser Beitrag zeigt die Möglichkeiten und Problemstellungen der Unterlassenstrafbarkeit in diesen Fällen auf. Im Einzelnen können Nachweisschwierigkeiten bestehen; dies gilt insbesondere für die Frage nach dem Vorsatz. In den Fällen, in denen der Sachverhalt überhaupt nicht aufzuklären ist und die Staatsanwaltschaft das Verfahren einstellt, ist zu betonen, dass sie zu Hinweisen bezüglich der Erkenntnisse über eine Kindeswohlgefährdung an die zuständigen Stellen (Jugendamt und Familiengericht) verpflichtet ist.
Fußnoten
1
Tsokos/Guddat, Deutschland misshandelt seine Kinder, S. 127 – wenngleich der Schwerpunkt des Werkes und seiner Rezeption nicht auf Unzulänglichkeiten im Strafverfahren liegt.
 
2
§§ 225 Abs. 1 1. Fall StGB, 25 Abs. 2 StGB.
 
3
§§ 225 1. Fall StGB, 13 StGB.
 
4
Wenn es nicht nur um Tun und Unterlassen bezüglich desselben Tatbestandes geht, sondern um verschiedene Tatbestände, die nicht in einem Stufenverhältnis zueinander stehen, so ist das eine ungleichartige Wahlfeststellung (zu den Problemen vgl. Fischer, StGB, 62. Auflage 2015, § 1 Rn. 40 f.).
 
5
§ 13 StGB.
 
6
§ 323c StGB.
 
7
§ 1626 Abs. 2 BGB.
 
8
BGH NStZ 2004, 94, 95; Heilmann/Salgo in Jacobi: Kindesmisshandlung und Vernachlässigung, 2008, S. 444.
 
9
BGHSt 41, 113−119.
 
10
Vgl. die Nachweise und Anmerkungen bei Fischer, StGB, 62. Auflage 2015, § 211 Rn. 29−31.
 
11
BGH FamRZ 2003, 450−451.
 
12
BGH, Urteil vom 04. Juli 2002 – 3 StR 64/02 –, juris.
 
13
§§ 13, 25 Abs. 2 StGB.
 
14
§§ 13, 27 StGB.
 
15
Vgl. Haas, Die Beteiligung durch Unterlassen, ZIS 2011, 392, 392 f.
 
16
Z. B. BGH NStZ 2009, 321.
 
17
Vgl. LG Aachen v. 15.12.2003 (65 KLs/27 Js 430/01) Rn. 445 f.
 
18
Vgl. LG Bonn v. 24.11.2011 (24 Ks 920 Js 665/10) Rn. 231.
 
19
Meyer-Goßner/Schmitt, StPO, 62. Auflage 2015 § 170 Rn. 2.
 
20
§ 170 Abs. 2 StGB.
 
21
§ 22a Abs. 2 FamFG (die Staatsanwaltschaft darf mitteilen – Ermessen), Nr. 35 Abs. 1 (zwingende Mitteilung), Abs. 2 Nr. 1 MiStra. Im Fall Yagmur unterblieb die Mitteilung an das Familiengericht, vgl. den Bericht des parlamentarischen Untersuchungsausschusses der Freien und Hansestadt Hamburg, Drucksache 20/14100, S. 126 ff.
 
22
Vgl. den Bericht des parlamentarischen Untersuchungsausschusses der Freien und Hansestadt Hamburg, Drucksache 20/14100, S. 195 ff.
 
23
§§ 13, 49 StGB.
 
24
§ 171 StGB.
 
25
§ 222 StGB.
 
26
§ 229 StGB.
 
27
Umgekehrt dürfen aber plausible Varianten nicht bloß wegen des Schweigens ausgeklammert bleiben, da sonst das Aussageverweigerungsrecht untergraben würde.
 
28
So schon BGH NStZ 2004, 94, 95.
 
Metadaten
Titel
Erwiesene Kindesmisshandlung durch hypothetisches Unterlassen
Schuldig trotz begründbarer Zweifel
verfasst von
Dr. Cornelius Trendelenburg
V. Lauer
Publikationsdatum
01.06.2015
Verlag
Springer Berlin Heidelberg
Erschienen in
Rechtsmedizin / Ausgabe 3/2015
Print ISSN: 0937-9819
Elektronische ISSN: 1434-5196
DOI
https://doi.org/10.1007/s00194-015-0031-8

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