Erschienen in:
13.10.2021 | Pflege | Psychoonkologie
„Es war zu viel, zu früh, zu fremd“
Barrieren und Bedarfe in der psychoonkologischen Versorgung von Menschen mit Migrationshintergrund und ihren Angehörigen
verfasst von:
Dr. Isabelle Hempler, Nicola Riccetti, Louma Kalie, Vitali Heidt, Susanne Singer, Kerstin Hermes-Moll
Erschienen in:
Die Onkologie
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Ausgabe 12/2021
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Zusammenfassung
Hintergrund
Diagnose und Behandlung einer Krebserkrankung gehen mit vielfältigen psychosozialen Belastungen einher. Bislang ist wenig über Bedarf und Nutzung bzgl. psychoonkologischer Versorgungsangebote bei Menschen mit Migrationshintergrund aus dem Nahen und Mittleren Osten bekannt.
Ziel der Arbeit
Erfassung des Umgangs mit psychischen Belastungen und den Unterstützungsbedarfen von Krebspatient*innen und ihren Angehörigen aus dem Nahen und Mittleren Osten.
Methode
Es erfolgte eine bundesweite Befragung von Patient*innen und Angehörigen über hämatoonkologische Schwerpunktpraxen mit qualitativen Einzelinterviews. Die Interviews wurden digital aufgezeichnet und wörtlich transkribiert. Die Auswertung erfolgte nach der inhaltlich strukturierenden Inhaltsanalyse mit MAXQDA 2020.
Ergebnisse
Es wurden neun Interviews geführt. Gründe für und Bedarfe an Unterstützung sind oft nicht nur auf die Erkrankung direkt zurückzuführen. Religion, Geheimhaltung der Diagnose und politische Konflikte im Heimatland können zu Mehrfachbelastungen führen und sich negativ auf das Wohlbefinden auswirken. Die Familie unterstützt u. a. bei emotionalen Belastungen, vor allem in der Akutphase der Erkrankung. Die Inanspruchnahme externer Unterstützungsangebote hängt von Wissen über Angebote und dem Zeitpunkt im Erkrankungsverlauf ab. Viele Befragte wissen nicht, was psychoonkologische Angebote beinhalten und wie man diese in Anspruch nehmen kann.
Schlussfolgerung
Laienverständliche und kontinuierliche Informationen über den gesamten Erkrankungszeitraum sind nötig, um eine Inanspruchnahme psychoonkologischer Angebote zu ermöglichen und um Patient*innen wie Angehörige zu entlasten. Andere Gründe psychischer Belastungen, wie beispielsweise Phase der Migration oder politische/gewalttätige Konflikte im Herkunftsland sollten berücksichtigt werden, da sie zusätzliche Belastungen darstellen können.