Zusammenfassung
Die erstaunlichen technischen, diagnostischen und therapeutischen Erfolge der Medizin in den letzten Jahrzehnten haben zu einer fundamentalen Änderung des Machbaren in der Akutversorgung geführt. Geriatrische Patienten sind in diesem Rahmen besonders vulnerabel; einerseits aufgrund ihrer zunehmenden Multimorbidität und Frailty, anderseits, da sie sehr große Gefahr laufen, die Achtung vor ihrer Persönlichkeit im „System Akutkrankenhaus“, das in der Regel unter großem Zeitdruck arbeitet und entscheidet, zu verlieren. Die medizinische Herausforderung ist oft mit ethischen Problemen im Grenzbereich zwischen Leben und Tod gekoppelt. Multimorbide, gebrechliche (frail) Patienten, die im Akutkrankenhaus aufgenommen werden, bedürfen einer besonderen Fürsorge, um das Risiko der Destabilisierung während und nach dem Aufenthalt so gering wie nur möglich zu halten.
Bevor überhaupt überlegt werden kann, an welchen Punkten es eine therapeutische Über- oder Unterversorgung im geriatrischen Notfall geben könnte, sollte zunächst klar definiert werden, was unter angewandter Ethik verstanden werden soll und was die 4 ethischen Prinzipien nach Beauchamp und Childress beinhalten, die die Basis ethischer Entscheidungen in der Medizin darstellen [1].