Neues zum Fibromyalgie-Syndrom

Neuere Studien deuten darauf hin, dass beim Fibromyalgie-Syndrom (FMS) womöglich entzündliche, ja sogar autoimmune Aspekte eine Rolle spielen. Auch neue Therapieansätze wurden geprüft. Eigentlich gilt das Fibromyalgie-Syndrom (FMS) als Schmerzerkrankung und nicht per se als entzündlich-rheumatisches Krankheitsbild. Untersuchungen am Tiermodell und Bildgebung bei betroffenen Menschen legen aber nahe, dass durchaus Autoimmunität und Entzündungsprozesse beteiligt sein könnten. Als neue Therapieansätze wurden unter anderem Licht, Kälte und der Opioidantagonist Naltrexon geprüft. Daten zum möglichen autoimmunen Hintergrund stellte Professor Christoph Baerwald, Rheumatologie, Universitätsklinikum Leipzig, beim Rheuma Update vor. Von 44 FMS-Patienten und 39 Gesunden isoliertes Immunglobulin (Ig)-G wurde aufgereinigt, gepoolt und Mäusen in die Bauchhöhle gespritzt (J Clin Invest 2021; 131(13): e144201). Und siehe: Tiere, die IgG von FMS-Patienten erhalten hatten, reagierten danach wesentlich empfindlicher auf schmerzhafte mechanische und Kältereize. Sie bewegten sich weniger, verloren Kraft in den Pfoten und wiesen einen Rückgang der epidermalen Innervation auf. Es wurde eine Bindung von IgG an Satelliten-Glia-, Nervenzellen und Spinalganglien beobachtet. Isolierte Schmerzfasern boten eine erhöhte Reizantwort. „Es gab keine Veränderungen bei den Mäusen, wenn man das IgG von gesunden Kontrollen genommen hat“, sagte der Rheumatologe. Ebenso war es bei Serum von FMS-Patienten ohne IgG. Neuroinflammation in verschiedenen Hirnarealen In einer Studie mit Positronen-Emissions- und Magnetresonanztomografie konnten koreanische Wissenschaftler in verschiedenen Hirnarealen eine Neuroinflammation nachweisen (PLoS One 2021; 16(2): e0246152). Entsprechende Signale waren bei zwölf FMS-Patienten signifikant stärker ausgeprägt als bei 15 gesunden Kontrollen und elf Patienten mit chronischem regionalen Schmerzsyndrom. Fazit: „Entzündungsvorgänge im Gehirn spielen auch eine Rolle.“ FMS-Schmerzen zu lindern ist schwierig. „Wir haben ja immer noch keine medikamentöse Therapie, die so richtig greift.“ Einen neuen Ansatz mit niedrig dosiertem Naltrexon untersuchte ein Team aus Dänemark in einer Dosisfindungsstudie (Pain Med. 2020; 21(10): 2253-2261). „Die Rationale dahinter ist, dass es als Antagonist am Opioidrezeptor wirkt. Es hat aber auch eine Wirkung auf die dopaminerge Transmission im mesolimbischen Signalweg“, erläuterte Baerwald. Einfach verblindet erhielten die Studienteilnehmer 0,75-6 mg Naltrexon, wobei die Dosis zehnmal jeweils in 0,75 mg-Schritten herauf- oder herabgesetzt wurde. Bei den 25 Patienten, deren Daten ausgewertet werden konnten, ermittelten die Wissenschaftler, dass die Hälfte der Patienten bei 3,88 mg und 95 Prozent bei 5,4 mg auf die Behandlung ansprachen. Dass der Opioidrezeptor-Antagonist, der üblicherweise in der Behandlung bei Opioid- und Alkoholabhängigkeit verwendet wird, in niedrigen Dosen auch analgetische Effekte hat, war bekannt. Ganzkörperkältetherapie reduzierte Schmerzen und Krankheitsktivität Es gibt auch physikalische Therapieansätze. So reduzierte eine Ganzkörperkältetherapie von -130°C über sechs Wochen bereits nach drei wöchentlichen Sitzungen Schmerzen und FMS-Krankheitsaktivität (Adv Rheumatol 2021; 61: 3). Auch die Spiegel der Zytokine Interleukin (IL)-1, -6 und -10, die sich bei den untersuchten 23 FMS-Patienten zu jedem Zeitpunkt von denen 30 gesunder Kontroll-Teilnehmer unterschieden, veränderten sich unter Therapie signifikant. Dass die klinische Wirkung nach drei Monaten nicht mehr nachweisbar war, spricht nach Einschätzung von Studienleiter Professor Uwe Lange, Bad Nauheim, für eine Fortsetzung der Therapie. Auch Licht scheint sich günstig auf das Befinden von FMS-Patienten auszuwirken. Besonders, wenn es grün ist. In einer Cross-over-Studie, bei der 21 Erwachsene FMS-Patienten zunächst über zehn Wochen weißem und nach 2-wöchiger Pause zehn Wochen grünem LED-Licht ausgesetzt wurden, gaben sie unter täglich 1-2-stündiger Exposition mit Grünlicht einen signifikanten Rückgang der Schmerzintensität an (Pain Med 2021; 22: 118-130). Auch der Schlaf besserte sich, Hausarbeit, Berufstätigkeit und körperliches Training gelangen wesentlich leichter. Quelle: Ärzte Zeitung

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