Hypnose bei Fibromyalgie: Was bringt das?

Kann Hypnose die Beschwerden vom Fibromyalgiepatienten lindern? Eine Metaanalyse über neun Studien legt nahe, dass zumindest einige Patienten davon profitieren. Patienten mit der Diagnose Fibromyalgie leiden sehr häufig nicht nur unter Schmerzen, sondern sind in der Regel auch durch Schlafstörungen, Stimmungstiefs und Behinderung im Alltag belastet. Experten wie Prof. Winfried Häuser vom Klinikum Saarbrücken sehen hier eine Indikation für psychotherapeutische Verfahren, die bei solchen Schlüsselsymptomen ansetzen. Eine sehr alte Methode der psychotherapeutischen Schmerztherapie ist die Hypnose. Diese bezeichnet einen Bewusstseinszustand, in dem die Aufmerksamkeit des Patienten fokussiert und die Peripherie ausgeblendet wird. Charakteristischerweise ist der Hypnotisierte in verstärktem Maße empfänglich für Suggestion. Daneben beschreibt Häuser auch die sogenannte geführte Imagination: Dabei wird einer Person vom Therapeuten eine innere Realität vor Augen geführt, die in einem dynamischen Prozess erlebt wird. Schmerzen und Stress gebessert Nach Häuser und Kollegen können Suggestion bzw. die eigene Vorstellungskraft bewirken, dass sich Wahrnehmung, Gefühle, Gedanken und sogar Verhalten verändern. Bei Fibromyalgiepatienten gelingt es damit offenbar bis zu einem gewissen Grad, Schmerzen und psychischen Stress zu reduzieren und auch den Nachtschlaf zu verbessern. Hinweise darauf haben die Forscher – ein interdisziplinäres Team der Universitäten Regensburg, Bochum, Saarbrücken und der TU München – in einer Metaanalyse über neun randomisierte kontrollierte Studien (RCT) gefunden. An den aus Frankreich, Italien, Spanien und den Niederlanden stammenden Studien beteiligt waren insgesamt 457 erwachsene Patienten mit einer Fibromyalgiediagnose gemäß den Kriterien des American College of Rheumatology. Die Patienten waren im Schnitt zwischen 40 und 50 Jahre alt; über 90% waren Frauen. Bei allen Studien handelte es sich um ein Parallelgruppen-Design: Die Intervention wurde jeweils mit einer Kontrollgruppe verglichen, entweder Standardtherapie, Physiotherapie, autogenes Training, Aufmerksamkeitskontrolle oder „Warteliste“. Zu den primären Endpunkten gehörten u. a. eine mindestens 50%ige Schmerzreduktion (gemessen als Risikodifferenz, RD), eine Verbesserung der krankheitsbezogenen Lebensqualität im Fibromyalgia Impact Questionnaire um mindestens 20% sowie psychischer Stress, angegeben als standardisierte mittlere Abweichung (SMD). Sekundäre Endpunkte waren Schmerzlinderung um mindestens 30%, Reduktion der mittleren Schmerzstärke, „Akzeptieren“ der Schmerzen, Selbstwirksamkeit sowie Fatigue und Schlafprobleme (jeweils SMD). Sieben RCT mit 387 Teilnehmern konnten für eine Vergleichsanalyse zwischen Interventions- und Kontrollgruppen berücksichtigt werden. Laut Häuser und Kollegen waren die Patienten nach Abschluss der Therapiesitzungen mit Hypnose bzw. Imagination den Kontrollgruppen in den beiden primären Endpunkten Schmerzlinderung und Stress signifikant überlegen (RD = 0,24, SMD = –0,40; p jeweils 0,008). Ein „klinisch relevanter Nutzen“, definiert als Risikoreduktion um mindestens 10% bzw. bei den kontinuierlichen Variablen als Effektstärke > 0,2, ergab sich nach Therapieende zudem für die Endpunkte mindestens 30%ige Schmerzlinderung (RD = 0,25), mittlere Schmerzintensität (SMD = –1,12), Fatigue (SMD = –0,46) und Schlafstörungen (SMD = –0,91). Hypnose plus Verhaltenstherapie Zwei Studien mit insgesamt 95 Teilnehmern wurden zusammengefasst, um den Effekt von Hypnose in Kombination mit kognitiver Verhaltenstherapie (CBT) im Vergleich zu CBT allein zu bewerten. Hier erwies sich die kombinierte Therapie als überlegen in der Reduktion von psychischem Stress (SMD –0,50). In den anderen Endpunkten zeigte sich kein signifikanter Unterschied. Bei der Qualität der Studien mussten die Forscher erhebliche Abstriche machen: In den Imaginationsstudien wurden Audiokassetten zum täglichen Gebrauch eingesetzt, ohne jedoch die tatsächliche Nutzung durch den Patienten zu überprüfen. Die Studiendauer variierte zwischen vier und zehn Wochen. Bei der Hypnose herrschte erhebliche Heterogenität bezüglich Gesamtzahl und Frequenz der Sitzungen. Insgesamt, so Häuser et al., war die therapeutische Qualität nur bei drei RCT als hoch anzusetzen, in vier Fällen war sie mäßig und in zwei gering. Das Fazit der Forscher: Eine Verhaltenstherapie mit Hypnose oder geführter Imagination kann bei einigen Patienten wichtige Schlüsselsymptome der Fibromyalgie bessern. Allerdings sei zu berücksichtigen, dass man nur schwer auf entsprechend geschulte Hypnotherapeuten treffe und dass die Kosten für die Therapie nicht von den Krankenkassen übernommen würden. Psychotherapeuten könnten den Patienten jedoch geeignetes Material für die Anwendung zu Hause anbieten; wer das regelmäßig nutze, könne damit nicht zuletzt auch seine Selbstwirksamkeit stärken. Gewarnt wird dagegen vor frei verfügbaren Hypnoselehrgängen aus dem Internet: Die Wirksamkeit solcher Schulungen wie auch deren Sicherheit seien nicht ausreichend getestet.

Springer Medizin

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