Soviel kostet die Volkskrankheit Diabetes

Die Volkskrankheit Diabetes mellitus treibt die Kosten im Gesundheitswesen. 2010 gaben die Kostenträger ausweislich einer neuen Studie allein 35 Milliarden Euro für die Behandlung und die Folgekosten der Erkrankung aus. Wissenschaftler rufen nach mehr Prävention. Versorgungsforschung in Deutschland ist ein noch zartes Pflänzchen. Umso interessanter ist es, wenn die Ergebnisse einer seit nunmehr zehn Jahren laufenden Langzeitstudie eine offene Flanke des Gesundheitswesens in Deutschland offen legen. Dass sowohl die Prävention des Diabetes mellitus als auch der frühzeitige Therapiebeginn zu wünschen übrig lassen, legen erste Ergebnisse der zweiten KoDIM-Studie (Komplikationen des Diabetes mellitus) nahe. 35 Milliarden Euro gaben demnach die Kostenträger (Stand 2010) für die Volkskrankheit Diabetes mellitus aus. Drei Viertel der Summe fielen für die Behandlung der mit Diabetes häufiger einhergehenden Folgekrankheiten wie Retinopathie, Niereninsuffizienz, neurologischen und peripher-vaskulären Erkrankungen oder der koronaren Herzkrankheit an. Im Schnitt waren das je Diabetes-Patient deutlich mehr als 4000 Euro. In diese Summe eingerechnet sind auch die Kosten für Pflege, Arbeitsausfälle und Frühberentung. Die Ergebnisse stellte Professor Hans Hauner von der Technischen Universität München bei der Herbsttagung der Deutschen Diabetes Gesellschaft in Berlin vor. Diabetiker leiden häufig an Folgekrankheiten Die Folgekrankheiten treten ausweislich der ersten Studienergebnisse bei Diabetikern oft um ein Vielfaches häufiger auf als in den Kontrollgruppen. „Handlungsbedarf sehe ich sowohl bei der Prävention als auch bei einer frühzeitigeren medikamentösen Therapie, die nicht nur nach Schema F vorgeht,“ sagte Hauner. Dass Prävention sowohl gegen die Krankheit selbst als auch die Folgekrankheiten etwas bewirken könne, gehe nicht in die Köpfe von Politikern und Kassenvertretern, klagte Hauner. Grund sei, dass Prävention Anfangsinvestitionen erfordere und sich nicht sofort refinanziere. Die von der Lilly Deutschland GmbH und Novo Nordisk Deutschland geförderte Studie untersucht sowohl die Kosten des Diabetes als auch die Erkrankungshäufigkeit. Im Vergleich zur ersten KoDIM-Studie von 2001 haben sich die durchschnittlichen Kosten der reinen Diabetesbehandlung nur um wenige Euro erhöht. Im Durchschnitt betrügen sie nun 633 Euro je Diabetespatient und Jahr, berichtete Hauner. Am teuersten kommen demnach die Patienten unter 40 Jahren. Mit dem Alter fallen die durchschnittlichen Behandlungskosten. Grund ist zum Beispiel die geringere Insulindosis, weil ältere Menschen häufig weniger essen. Zahl der Diabetiker steigt auf rund acht Millionen Während die Kosten der reinen Diabetesbehandlung im Schnitt stabil geblieben sind, erhöhen sich aufgrund der Zunahme der Prävalenz die Gesamtkosten. Aus einem auf „forum-gesundheitspolitik.de“ veröffentlichten Auszug der Datenauswertung durch die PMV-Forschungsgruppe der Universität Köln geht hervor, dass die Zahl der diagnostizierten Diabetespatienten in Deutschland zwischen den Jahren 2000 und 2009 von 5,36 auf 7,95 Millionen Menschen um 49 Prozent gestiegen sei. Der Anstieg sei zu etwa 18 Prozent auf die Alterung der Bevölkerung zurückzuführen. Die restlichen 31 Prozent verteilten sich auf die Zunahme der Risikofaktoren wie Übergewicht und Bewegungsmangel sowie darauf, dass der Krankheit mehr Aufmerksamkeit geschenkt werde. Nach wie vor gebe es aber viel zu viele Zufallsbefunde bei Diabetes, sagte Professor Oliver Schnell. Dabei zahle sich eine frühe und gute Diabeteseinstellung langfristig aus. „Eine frühe Intervention steigert die Chance der Reversibilität von Komplikationen,“ sagte Schnell. Studien hätten gezeigt, dass eine frühzeitige intensivierte Insulintherapie bei Menschen mit Typ 1-Diabetes das Risiko für Herz-, Augen- und Nierenkomplikationen deutlich reduzieren könne. Schnell plädierte dafür, einen nationalen Diabetesplan aufzustellen, um die Potenziale einer frühzeitigeren Diabetesdiagnose in Deutschland zu verbessern. Die KoDIM-Studie basiert auf 260.000 anonymisierten Patientendaten der AOK Hessen und der Kassenärztlichen Vereinigung Hessen. Auf dieser Basis nimmt die PMV-Forschungsgruppe der Universität Köln eine Hochrechnung für Gesamtdeutschland vor.

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