Spektrum der Diabetes-Komplikationen hat sich verändert

Diabetiker müssen nach wie vor häufiger stationär behandelt werden als Nichtdiabetiker. Aber die Ursachen für die zusätzlichen Hospitalisierungen haben sich in den letzten 20 Jahren stark verschoben, die klassischen Komplikationen sind seltener geworden. Das Wichtigste in Kürze zu dieser Studie finden Sie am Ende des Artikels. Bei der Prävention von Spätfolgen des Diabetes sind Erfolge zu verzeichnen: Das Risiko, dass Diabetiker wegen kardiovaskulärer Komplikationen oder zur Amputation stationär aufgenommen werden, ist seit den Nullerjahren stark gesunken. Laut einer Studie aus England dürften die Anforderungen an die Prävention damit aber keinesfalls weniger werden. Denn die Hospitalisierungsraten von Diabetikern liegen weiterhin über denen von Nichtdiabetikern, und zwar unabhängig vom Aufnahmegrund. Zudem haben Krankenhausaufnahmen mit nicht diabetesspezifischen Ursachen deutlich zugenommen, sodass die Ursachen heute vielfältiger sind als vor 20 Jahren. Für die Studie wurden Registerdaten aus den Jahren 2003 bis 2018 ausgewertet, mehr als 300.000 Erwachsene mit Diabetes vom Typ 1 oder 2 wurden mit ebenso vielen etwa gleichaltrigen Männern und Frauen ohne Diabetes hinsichtlich Hospitalisierungen verglichen. Unabhängig vom Anlass der Krankenhausaufnahmen waren Diabetiker durchgängig häufiger betroffen als Nichtdiabetiker. Mehr Infektionen und Krebserkrankungen Die meisten traditionellen Diabeteskomplikationen verloren über die Beobachtungszeit hinweg als Einweisungsursache an Bedeutung, wobei der Rückgang in den letzten Jahren abflachte. Am stärksten war die Reduktion bei Aufnahmen wegen KHK (–29% bei Männern und –34% bei Frauen), Major-Amputationen (–64% und –77%) und Diabetes (–54% und –65%; ohne Hyperglykämien); hyperglykämische Krisen nahmen dagegen zu (+40% und +26%). Einen kontinuierlich starken Anstieg gab es bei Atemwegsinfektionen (+167% und +193%). Auch Krebserkrankungen, die nicht mit Diabetes in Zusammenhang stehen, nahmen erheblich zu (+40% und +44%), diabetesassoziierte blieben hingegen auf einem stabilen Niveau. Bei Sepsisfällen war in den letzten Jahren ein steiler Zuwachs und insgesamt eine Verzehnfachung zu verzeichnen. Damit kam es zu einer Diversifizierung der Einweisungsursachen: Während etablierte Komplikationen, d. h. kardiovaskuläre Erkrankungen, Diabetesakutkomplikationen und Amputationen, im Jahr 2003 über die Hälfte der Krankenhauseinweisungen verursachten (58% Männer, 49% Frauen), machten sie 2018 nur noch ein Drittel aus (38% bzw. 28%). Umgekehrt vergrößerte sich der Anteil der Hospitalisierungen aufgrund von Krebs auf 21% bzw. 20% und aufgrund von Infektionen auf 11% bzw. 12%. Diversität der Komplikation: "Prävention ausweiten" Das veränderte Spektrum von stationären Patienten erklären die Studienautoren um Jonathan Pearson-Stuttard vom Imperial College London außer mit der besseren Diabetesbehandlung und dem damit erreichten Rückgang von etablierten Diabeteskomplikationen vor allem mit der gestiegenen Lebenserwartung und Komorbidität der Patienten. Allerdings könnten auch Veränderungen bei der Diagnostik, der Kodierung oder der Awareness für Erkrankungen (z. B. bei der Sepsis) zu Verschiebungen geführt haben. Die Forscher betonen jedoch, dass ähnliche Veränderungen, insbesondere ein Rückgang von kardiovaskulären Folgeerkrankungen auch bei Diabetespatienten in anderen Ländern festgestellt worden seien. Sorge macht ihnen, dass der Rückgang kardiovaskulär bedingter Einweisungen in England und andernorts sich in den letzten Jahren abgeschwächt hat. Wolle man die Verbesserungen von Mortalitäts-, Hospitalisierungs- und Morbiditätsraten ein weiteres Mal erreichen, müsse man „die Präventionsbemühungen ausweiten, um die Diversität des zusätzlichen Hospitalisierungsrisikos von Diabetikern zu erfassen“. Das Wichtigste in Kürze Frage: Wie haben sich die Hospitalisierungsursachen von Diabetespatienten verändert? Antwort: In England gab es zwischen 2003 und 2018 bei den Einweisungen einen Rückgang traditioneller Diabeteskomplikationen und eine Zunahme von Krebserkrankungen und Infektionen. Bedeutung: Das veränderte Spektrum von stationären Diagnosen bei Diabetikern macht eine Ausweitung der Präventionsmaßnahmen nötig. Einschränkung: Registerstudie; keine separate Betrachtung von Typ-1- und -2-Diabetes.

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