Am 20.01.1947 wurde vor dem Landgericht Frankfurt der „Kalmenhof-Prozess“ eröffnet. Die 2 Anstaltsärzte Mathilde Weber und Dr. Herrmann Wesse wurden am 7. Verhandlungstag, am 30.01.1947, wegen Mordes in einer unbekannten Anzahl von Fällen zum Tode verurteilt [
3]. Während das Urteil gegen Wesse rechtskräftig wurde, profitierte Weber davon,
„die Gattin [eines] in der ganzen Umgegend seit langen Jahren bekannten und hochgeschätzten Arztes …“ [
3] gewesen zu sein. Innerhalb weniger Tage formierten sich Idsteiner Bürger, um Webers Revision
„gegen diesen unbegreiflich harten Urteilsspruch“ [
3,
28] zu unterstützen. Weber, die noch 1944 über den Anstaltsdirektor in einem Brief an das NS-Regime betonen ließ, dass
„keineswegs … eine Abneigung gegen die mit ihrer Position verbundenen Pflichten und Aufgaben im Kalmenhof“ bestand und sie
„die Arbeit im Kalmenhof gern geleistet“ [
3] habe, wurde von 600 Idsteiner Bürgern in ihrer Revision unterstützt. Auch Gemeindevertreter nahmen zu dem Urteil Stellung und fassten einen Beschluss, in dem u. a. aufgeführt wurde:
„Und es wäre nur ein Akt der Menschlichkeit, wenn die eingeleitete Revision so schnell wie möglich durchgeführt und dabei der Charakter und die menschliche Haltung der Angeschuldigten gewürdigt würden“ [
3]. Der so nachhaltig unterstützten Revision wurde stattgegeben und Weber etwa 2 Jahre nach dem ersten Urteil, am 09.02.1949, wegen Beihilfe zum Mord in einer unbekannten Anzahl von Fällen zu 3 Jahren und 6 Monaten Zuchthaus verurteilt [
3,
29]. Aufgrund ihres schlechten Gesundheitszustandes und nach Ablehnung eines Gnadengesuchs, in dem Weber um den Erlass der Reststrafe, die Kosten des Strafverfahrens und das Löschen der Strafe im Strafregister gebeten hatte, trat sie ihre Strafe mit einem zeitlichen Versatz am 11.10.1954 an. Sie wurde 36 Tage später, am 16.11.1954, nach Anrechnen der Untersuchungshaft und Verbüßen von zwei Dritteln der Strafe aus dem Gefängnis entlassen [
21]. Noch im selben Jahr begann sie, als Sprechstundenhilfe bei ihrem Schwager, dem ehemaligen SS-Arzt Dr. Julius Muthig, zu arbeiten. Sie heirateten, und Weber praktizierte ab dem Jahr 1960 wieder als Ärztin in Idstein, wobei bis heute nicht geklärt ist, ob sie ihre Approbation wiedererlangt hatte. Weber lebte bis 1994 in Idstein [
10].