Häufig Atemwegsverletzungen nach verschluckten Knopfzellen

Rund ein Viertel aller Kinder mit verschluckten und im Ösophagus stecken gebliebenen Knopfzellen entwickelt auch Atemwegsverletzungen. Hier handelt es sich überwiegend um ösophagotracheale Fisteln und Stimmbandschäden. Hinweis: Das Wichtigste in Kürze zu dieser Studie finden Sie am Ende des Artikels. Ob Fernbedienungen oder Spielzeug – in den Haushalten finden sich immer mehr batteriebetriebene elektronische Kleingeräte. Dieser Siegeszug der Konsumelektronik führt jedoch zu gewissen Kollateralschäden: So begeistern sich vor allem kleine Kinder für die bonbongroßen Knopfzellen, die im Mund kribbeln und seltsam metallisch schmecken. Verschluckt und im Ösophagus steckengeblieben können sie jedoch zur tödlichen Gefahr werden: Es reichen wenige Stunden in der Speiseröhre, um diese schwer zu verätzen. Besonders leicht bleiben leistungsstarke 3-Volt-Lithiumknopfzellen der Größe CR2032 mit 2 cm Durchmesser im Ösophagus stecken, sie sind am Großteil der Todesfälle oder schweren Verletzungen durch verschluckte Batterien bei Kindern beteiligt. Eine solche Lithiumzelle verursacht in der elektrolytreichen Speiseröhre einen Kurzschluss, in der Mukosaflüssigkeit kommt es zur Hydrolyse und damit einem deutlichen Anstieg des pH-Werts in den alkalischen Bereich. Wird die Knopfzelle nicht schnell entfernt, kann sie das Gewebe perforieren und damit zusätzlich benachbarte Organe schädigen. Besonders gefährdet sind dabei aufgrund ihrer räumlichen Nähe die Luftröhre und der Kehlkopf, Letzterer auch indirekt, wenn die Knopfzelle die laryngealen Nerven verätzt. Allerdings treten manche Komplikationen erst einige Zeit nach der Entfernung der Batterie auf. Ärztinnen und Ärzte um Dr. Justine Philteos von der HNO-Chirurgie der Unikinderklinik in Toronto, Kanada, haben anhand eines Registers und von Fallberichten in der Literatur geschaut, wie häufig und welche Atemwegskomplikationen bei verschluckten Knopfzellen vorkommen. Ihren Resultaten zufolge entstehen die meisten Spätkomplikationen durch ösophagotracheale Fisteln. Das Team um Philteos fand in einer nationalen Vergiftungsdatenbank 322 Verletzungen durch verschluckte Knopfzellen. Bei 90 Kindern (28%) waren auch Atemwegsverletzungen beschrieben worden. In der Literatur entdeckten die HNO-Expertinnen und -Experten weitere 105 solcher Fälle. Insgesamt hatten sie also Angaben zu 195 Kindern mit Atemwegsverletzungen durch verschluckte Knopfzellen. Die Kinder waren im Mittel 18 Monate alt, die Bandbreite reichte von einem Monat bis zu fünf Jahren, 70% waren jünger als zwei Jahre. Im Schnitt war die Batterie nach sechs Tagen entfernt worden, bei einem Kind dauerte es immerhin 45 Tage. Sofern die Batterien beschrieben worden waren, handelte es sich fast immer um Lithiumzellen mit einem Durchmesser von 2 cm oder mehr, diese blieben am häufigsten im oberen Ösophagus stecken. 80% mit ösophagotrachealen Fisteln 155 der Kinder (80%) wiesen ösophagotracheale Fisteln auf, 39 erschienen mit einer Stimmbandlähmung (20%), davon 23 mit einer bilateralen. Jeweils vier Kinder hatten eine subglottische Stenose, eine Trachealstenose und eine Trachealmalazie, zwei ein isoliertes Luftröhrenödem. 14 der Kinder (7%) hatten mindestens zwei Verletzungen, ebenso viele starben an ihren Verletzungen, alle 14 wiesen eine Fistel auf. Immerhin 58% der Kinder hatten die Atemwegsverletzung noch nicht, als die Batterie entfernt wurde – sie trat bei ihnen also erst mit einer gewissen Verzögerung auf. Hauptsymptome vor der Diagnose waren Husten, Dysphagie, Fieber, Stridor und Heiserkeit; ein Großteil der Kinder musste chirurgisch behandelt werden, dies war bei rund 80% mit einer Fistel und etwa der Hälfte mit einer Stimmbandlähmung der Fall. Die Ärztinnen und Ärzte um Philteos ziehen aus ihrer Analyse zwei wesentliche Schlüsse: Zum einen sollte bei allen Kindern mit Hinweisen auf einen verschluckten Fremdkörper eine anterior-posteriore und eine laterale Röntgenthoraxaufnahme erfolgen. Damit lasse sich in der Regel auch eine Knopfzelle von einer wesentlich häufiger verschluckten Münze unterscheiden. Zum anderen sei nach erfolgreichem Entfernen einer Batterie noch lange Zeit mit Atemwegskomplikationen zu rechnen: So gebe es Berichte über neu auftretende Fisteln bis zu acht Monate nach der Entfernung einer Knopfzelle. Das Wichtigste in Kürze Frage: Welche Atemwegskomplikationen treten wie oft bei Kindern mit verschluckten Knopfzellen auf? Antwort: Einer kanadischen Analyse zufolge entwickelt rund ein Viertel der behandelten Kinder Atemwegskomplikationen, zumeist ösophagotracheale Fisteln. Bedeutung: Atemwegskomplikationen können auch noch Monate nach der Entfernung der Batterie auftreten. Einschränkung: Angaben bei den einzelnen Fällen zum Teil unvollständig.

Springer Medizin

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