Ultraschall begünstigt möglicherweise Autismus beim Kind

Die Eindringtiefe des Ultraschalls bei der Schwangerschaftsvorsorge und eine spätere Autismus-Erkrankung des Kindes hängen womöglich zusammen. Zu diesem Ergebnis kommen amerikanische Forscher in einer Fall-Kontroll-Studie. Das Wichtigste in Kürze zu dieser Studie finden Sie am Ende des Artikels. Eine spätere Autismus-Spektrum-Störung (ASD, autism spectrum disorder) könnte mit der Eindringtiefe des Ultraschalls im Mutterleib zusammenhängen. Eine Studie von Forschern des Boston Medical Center, die im Fachmagazin „JAMA Pediatrics“ publiziert wurde, deutet auf diesen Zusammenhang hin. Aufgrund einer steigenden Prävalenz von Autismus hatten die Autoren in einer Fall-Kontroll-Studie untersucht, inwiefern die Störung mit pränatalen Sonografieuntersuchungen in Verbindung stehen könnte, da auch diese immer häufiger eingesetzt werden und die Auswirkungen dieser modernen Hochleistungsdiagnostik auf das Gehirn des Ungeborenen unklar seien. Die Gruppe von 107 ASD-Patienten (78% Jungen) wurde mit 104 Kindern mit Entwicklungsretardierungen und einer Kontrollgruppe mit 209 Kindern mit normaler Entwicklung verglichen. Die Daten stammten aus Patientenakten des Boston Medical Center und zwar von Müttern, die eine Geburt nach der 37. Schwangerschaftswoche zwischen 2006 und 2014 hatten, und deren Kindern. Die Wissenschaftler stellten fest, dass die späteren ASD-Patienten im ersten Trimenon Ultraschalluntersuchungen mit einer größeren Eindringtiefe ausgesetzt waren (12,5 cm) als die Kontrollgruppe (11,6 cm) und auch als die Gruppe mit Entwicklungsstörung (11,6 cm). Auch im zweiten Schwangerschaftstrimester stellten die Forscher eine höhere Exposition der Autismus-Patienten fest; im letzten Trimester waren die Patienten mit einer Entwicklungsstörung dagegen der höchsten Beschallungstiefe ausgesetzt (15,3 cm versus 15,1 cm bei ASD-Patienten versus 14,8 cm bei der Kontrollgruppe). Über die gesamte Schwangerschaft gesehen betrug die durchschnittliche Ultraschalltiefe 13,4 cm bei den Autisten, ebenfalls 13,4 cm bei denjenigen mit einer Entwicklungsstörung und 12,9 cm bei den Normalentwickelten. Entgegen den Erwartungen wurden die späteren ASD-Patienten sogar etwas weniger häufig sonografiert als die beiden anderen Gruppen (5,9 Mal versus 6,1 Mal bei der Verhaltensstörungsgruppe versus 6,3 Mal bei den Normalentwickelten). Der Unterschied zwischen den einzelnen Gruppen in der Häufigkeit der Ultraschalluntersuchung war jedoch in den einzelnen Trimestern selbst nicht signifikant. Auch die Gesamtdauer der Ultraschalluntersuchungen mit durchschnittlich 3128 Sekunden war in der ASD-Gruppe am kürzesten (vs 3319 s mit Entwicklungsstörung und 3508 s bei den Kontrollen). Die Studienautoren weisen darauf hin, dass eine pränatale Ultraschalldiagnostik in Tierversuchen eventuell dazu geführt habe, dass neuronale Vorläuferzellen bei ihrer Ausdifferenzierung gestört worden sind. Dies könnte ein vermehrtes Auftreten von Störungen wie Autismus begünstigen. Auch in Mausexperimenten haben Forscher festgestellt, dass Neuronen sich nach 30-minütiger Beschallung falsch im Kortex positioniert haben, so die Bostoner Mediziner. Die Forscher schränken ein, dass die größere Beschallungstiefe auch daran liegen könnte, dass Mütter von späteren ASD-Patienten in der Schwangerschaft durchschnittlich häufiger fettleibig gewesen sind als Mütter von Kindern mit einer Entwicklungsstörung. Auch haben die Wissenschaftler Frühgeburten ausgeschlossen, die ein höheres Risiko für ASD haben. Drittens habe man keine Daten zum Raucherstatus der Mütter gehabt – ebenfalls ein mit ASD assoziierter Faktor – und auch keine Kenntnis darüber, ob die Mütter an Diabetes gelitten haben. Empfehlung der Redaktion 2018 | Buch Ultraschalldiagnostik in Geburtshilfe und Gynäkologie Dieses Buch führt den Leser praxisnah durch die ganze Bandbreite der geburtshilflichen und gynäkologischen Sonografie. Informieren Sie sich zu physiologischen Grundlagen, machen Sie sich mit den neuesten Ultraschalltechnologien vertraut, sehen Sie … Zwar ist der Tiefenunterschied der Sonografie zwischen der ASD-Gruppe und der Kontrollgruppe in den ersten beiden Schwangerschaftstrimestern signifikant, doch fehle weiterhin der klare Nachweis eines einzelnen Faktors auf die Entstehung von ASD. Die Autoren sprechen sich daher für eine große, prospektive Kohortenstudie aus, die diesen Zusammenhang untersucht. Dabei sollten auch andere Faktoren – wie das Übergewicht der Mütter, ihr Raucherstatus oder mögliche mütterliche Diabeteserkrankungen – einbezogen werden. Das Wichtigste in Kürze Frage: Wie hängen Autismus bei Kindern und Ultraschalluntersuchungen in utero zusammen? Antwort: Mütter von Kinder mit Autismus hatten in der Schwangerschaft nicht mehr Ultraschalluntersuchungen erhalten, aber der Schall war bei ihnen tiefer eingedrungen. Bedeutung: Die Beschallungstiefe könnte sich auf die Häufigkeit von Autismus-Fällen auswirken. Einschränkung: Ausschluss von Frühgeburten, die häufiger unter Autismus leiden, sowie keine Daten zu den mütterlichen Risikofaktoren Rauchen und Diabetes.

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