Im Hinblick auf manualtherapeutische Konzepte bei schmerzhaften Funktionsstörungen am Kniegelenk werden in einer anatomischen Bildserie die wichtigen morphologischen Bausteine des Gelenks vorgestellt. Darüber hinaus werden mögliche Kasuistiken, die neben primären Läsionen sekundär als Störfaktoren zur Irritation der Gelenkstrukturen beitragen, diskutiert.
Hinweise
Dieser Beitrag basiert auf einem Vortrag, gehalten auf dem Kongress „Knie- und Schulterschmerzen – ein häufiges Problem in der Praxis“ in Pörtschach am Wörthersee im Juli 2016.
Alle Abbildungen mit freundl. Genehmigung von Univ.-Prof. Dr. E. Brenner, Präparatesammlung der Sektion für klinisch-funktionelle Anatomie der Medizinischen Universität Innsbruck
Für die Statik und Mobilität des Beins stellt das Kniegelenk in der Gelenkkette der unteren Extremität das Zentrum dar. Mit seiner sehr komplexen Bauweise ist es funktionell als „Getriebegelenk“ zu definieren, das einerseits in einem Gleit-Abroll-Prozess im meniskofemoralen Gelenkanteil die Flexion und Extension, andererseits in Flexion im meniskotibialen Gelenkanteil die Innen- und Außenrotation ermöglicht. Als morphologisch wichtige Bausteine zu nennen sind einerseits die Gelenkkörper von Femur, Tibia und Patella und andererseits die Menisken, Bänder, Reservefalten, Gleitbeutel, der infrapatellare Fettkörper, die Flügelfalten und die Muskeln, die das Gelenk rundum sichern und dynamisch führen (Abb. 1–11). Eine ausgeprägte Propriozeption in Gelenkkapsel, Bandapparat, Sehnen und Muskeln ermöglicht eine feine sensomotorische Steuerung zur Synchronisierung aller morphologischen Strukturen der Kinematik. Ebenso findet sich ein spezifisches Nozizeptionsmuster. Das Kniegelenk weist ein ausgeprägtes arterielles, venöses und lymphatisches Vaskularisationsmuster auf, wodurch bei voller Funktionstüchtigkeit eine gute Mikrozirkulation gewährleistet wird.
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Störfaktoren und ihre funktionellen Auswirkungen
Als Störfaktoren sind grundsätzlich akute, unmittelbar das Gelenk betreffende isolierte oder kombinierte Verletzungsmuster, wie z. B. Bandläsionen, Meniskuseinrisse etc., zu nennen. Unabhängig von solchen primären Läsionen können die morphologischen Strukturen aber auch sekundär durch Achsenfehlstellungen sowie muskuläre Dysbalancen und Dysfunktionen in Mitleidenschaft gezogen werden. Dabei werden primär nicht betroffene Strukturen kompensatorisch fehl- bzw. chronisch überbelastet und konsekutiv in einem sich aufschaukelnden pathologischen Prozess ebenfalls geschädigt.
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Dadurch werden die Stabilität und Mobilität in den Bewegungsabläufen in Kombination mit einer zunehmenden Schmerzsymptomatik stark beeinträchtigt. So können sich beispielsweise auch Fehlhaltungen und -belastungen der Lendenwirbelsäule über den Beckengürtel und das Hüftgelenk sowie auch eine Koxarthrose in Form einer Fernsymptomatik mit schmerzhaften Fehlbelastungen auf das Kniegelenk auswirken. Auch eine Hyperpronation des Fußes kann zu einer kompensatorischen Fehlbelastung und Schmerzsymptomatik im Tibiofibulargelenk führen. Im Rahmen von Achsenfehlstellungen werden Kapselbandstrukturen, Menisken, Kreuzbänder und Knorpelauflagen unterschiedlich stark fehlbelastet und in der Folge degenerativ verändert. Die Muskelgruppen, die das Gelenk dynamisch sichern und führen, wie z. B. der Quadrizepsstreckapparat, die ischiokruralen Muskeln (Hamstring-Gruppe), der M. popliteus und der für die laterale Stabilität wichtige Tractus iliotibialis geraten dabei in Dysbalancen und Dysfunktionen. Dabei kommt es zu Wechselwirkungen durch veränderte Zugtendenzen bezogen auf die Bewegungsachsen und die Traglinie des Beins, die sich wiederum negativ auf die Gelenkbinnenstrukturen auswirken.
Fazit für die Praxis
Die genaue Kenntnis der speziellen und komplexen Morphologie des Kniegelenks und ein funktionell orientiertes, ganzheitliches Verständnis über die Statik und Dynamik der gesamten unteren Extremität ermöglichen einen erfolgreichen Einsatz konservativer manualtherapeutischer Konzepte zur Behandlung schmerzhafter Dysfunktionen
Open access funding provided by University of Innsbruck and Medical University of Innsbruck.
Einhaltung ethischer Richtlinien
Interessenkonflikt
K.H. Künzel und R. Hörmann geben an, dass kein Interessenkonflikt besteht.
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Dieser Beitrag beinhaltet keine von den Autoren durchgeführten Studien an Menschen oder Tieren.
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