Immer wieder Bauchweh: Drei Tests helfen bei der Abklärung

Steckt hinter den ständig wiederkehrenden Bauchschmerzen eine organische Ursache? Prof. Stefan Wirth, Experte für Magen-Darm-Erkrankungen im Kindesalter, rät, neben chronisch-entzündlichen Darmerkrankungen, H. pylori und Zöliakie auch Parasiten in Erwägung zu ziehen. Rezidivierende Bauchschmerzen scheinen bei Kindern in den letzten Jahren deutlich zugenommen zu haben. Das belegen Daten aus der KiGGS*-Studie: Hier waren die Drei-Monats-Prävalenzen sowohl bei den Sieben- bis Zehnjährigen als auch bei den 11- bis 13-Jährigen in der zweiten Umfragewelle (2014–2017) für beide Geschlechter signifikant höher als bei der ersten Erhebung, die zwischen 2003 und 2006 stattgefunden hatte. Laut Prof. Stefan Wirth, Chefarzt des Zentrums für Kinder- und Jugendmedizin am Universitätsklinikum Wuppertal, klagt von den Jungs inzwischen mehr als jeder fünfte über wiederkehrende Bauchschmerzen, bei den Mädchen sind es sogar bis zu 35%. „Minimalprogramm“ mit hoher Trefferquote Umso mehr kommt es laut Wirth darauf an, bei der Abklärung zwischen organisch bedingten Schmerzen mit potenziell schwerem Verlauf und Somatisierungsstörungen zu unterscheiden. Der Experte für pädiatrische Gastroenterologie stellte ein „Minimalprogramm“ zum Ausschluss organischer Ursachen vor, das auf einer Studie aus den Niederlanden basiert. Demnach wurde mit folgenden Parametern eine Trefferquote für eine zugrunde liegende organische Erkrankung von immerhin 88% erzielt: Bestimmung von fäkalem Calprotectin, Bestimmung der Transglutaminase-Antikörper (anti-tTG) und Untersuchung auf Lamblien im Stuhl. Blutwerte wie Hämoglobin, CRP und Blutsenkungsgeschwindigkeit konnten die diagnostische Genauigkeit nur um 2% steigern. „Für die Diagnosestellung“, so Wirth, „hat die zusätzliche Bestimmung dieser Parameter keinen Gewinn.“ Der Experte riet dennoch, im Regelfall „das gesamte Diagnostikspektrum durchzuführen“. An der genannten retrospektiven Studie waren 853 Patienten zwischen 4 und 18 Jahren beteiligt, die seit mehr als zwei Monaten unter Bauchweh litten. In fast 90% der Fälle hatten sich die Schmerzen als funktionell herausgestellt. Öfter an Lamblien denken! Von den 102 Kindern mit nachgewiesener organischer Ursache wies knapp die Hälfte eine chronisch entzündliche Darmerkrankung auf, 14 hatten eine Helicobacter-pylori-Infektion, jeweils elf eine Zöliakie bzw. eine Infektion mit Giardia lamblia. An Lamblien sollte der Arzt bei Bauchschmerzen im Kindesalter laut Wirth tatsächlich öfter denken: „Ich glaube, die vernachlässigen wir!“ Aber eben auch das fäkale Calprotectin und die Zöliakie-Antikörper seien „sehr spezifisch und aus der Diagnostik nicht mehr wegzudenken“. Dem Experten zufolge macht es außerdem Sinn, Malabsorptionserkrankungen wie Fruktosemalabsorption oder Laktoseintoleranz in Erwägung zu ziehen. Und schließlich sei auch der Ultraschall „bei Kindern kein Luxus“. Diagnose Reizdarm: Was ist bei Kindern belegt? Wenn sämtliche Untersuchungen zu keinem Ergebnis geführt haben, muss man von funktionellen Bauchschmerzen ausgehen. Hier kommt es nach Wirth unter anderem darauf an, die Eltern zu beruhigen. Man sollte deutlich machen, „dass mit der durchgeführten Diagnostik die wesentlichen Erkrankungen ausgeschlossen wurden“. Neben den gut etablierten psychotherapeutischen Maßnahmen kann sich auch bei Kindern ein Therapieversuch mit Probiotika lohnen. In einer Metaanalyse über 19 Studien, in denen überwiegend Lactobacillus GG eingesetzt wurde, war eine Besserung der Bauchbeschwerden in der Probiotikagruppe immerhin um 63% wahrscheinlicher als unter Placebo. Mit glutenfreier Kost ist nach Wirth zumindest „ein Effekt möglich“. An den entsprechenden Studien waren allerdings auch Erwachsene beteiligt. Zwar zeigten acht von elf Studien eine positive Wirkung. Sie lassen sich jedoch wegen der fehlenden Standardisierung schwer vergleichen. „Man kann das mal versuchen“, so Wirth, „aber nur für einen begrenzten Zeitraum.“ Wenig anfangen lasse sich derzeit mit den verfügbaren Daten zum Mikrobiom. Auf der Grundlage einer Studie mit Teenagern könne man lediglich vermuten, dass sich „das Darmmikrobiom bei Patienten mit funktionellen Bauchschmerzen von dem bei Gesunden unterscheidet“. Weitere Beiträge vom Pädiatrie Update 2020 Dramatischer Verlauf einer "Otitis media" Bei fieberndem Säugling immer HWI abklären! Neue Leitlinie: Zöliakiediagnostik auch ohne Biopsie *Studie zur Gesundheit von Kindern und Jugendlichen in Deutschland des Robert Koch-Instituts Basierend auf: Wirth S. Rezidivierende Bauchschmerzen. Pädiatrie Update, 3./4. Juli 2020; online

Springer Medizin

Immer wieder Bauchweh: Drei Tests helfen bei der Abklärung

Weiterführende Themen

Magen-Darm-Erkrankungen in der Hausarztpraxis

Springer Medizin

Bitte loggen Sie sich ein, um Zugang zu diesem Inhalt zu erhalten

Weiterführende Themen

Magen-Darm-Erkrankungen in der Hausarztpraxis