Der Kraske-Zugang, zunächst Ende des 19. Jahrhunderts beschrieben für die Behandlung von Rektumtumoren, verlor seine Popularität zugunsten der von Mills beschriebenen Rektumamputation aufgrund der besseren onkologischen Resultate. Dieser posteriore parasakrale Zugang hat jedoch einen Platz im chirurgischen Angebot gefunden zur Behandlung von retrorektalen Tumoren. Diese werden dank großzügigem Einsatz bildgebender Diagnostik vermehrt diagnostiziert und stellen heutzutage die häufigste Indikation für diese Operationstechnik dar. Die meisten Läsionen sind benigne, jedoch können in diesem Bereich auch primär maligne Tumoren entstehen, oder zunächst benigne Raumforderungen können im Verlauf der Zeit entarten. Außerdem handelt es sich um Entitäten, die oft lange Zeit asymptomatisch bleiben oder unspezifische Symptome zeigen und damit als Zufallsbefund oder erst nach Entwicklung von Komplikationen diagnostiziert werden. Aus diesen Gründen besteht immer die Indikation zur Resektion. Bei einer Lage unterhalb von S3 sollte ein posteriorer Zugang wie der Zugang nach Kraske gewählt werden. In diesem Beitrag wird diese Operationsmethode Schritt für Schritt mit Illustrationen dargestellt. Zusätzlich werden das prä- und postoperative Management und eigene Ergebnisse beschrieben.
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Der Ende des 19. Jahrhunderts für die Behandlung von Rektumtumoren beschriebene Kraske-Zugang verlor seine Popularität zunächst zugunsten der von Mills beschriebenen Rektumamputation aufgrund der besseren onkologischen Ergebnisse [1]. Nun hat dieser posteriore parasakrale Zugang erneut Platz im chirurgischen Angebot gefunden zur Behandlung von retrorektalen Tumoren, die dank zunehmendem Einsatz bildgebender Diagnostik vermehrt diagnostiziert werden. Diese retrorektalen Raumforderungen stellen heute die häufigste Indikation für diese Operationstechnik dar. Der retrorektale Raum ist eine klar definierte anatomische Region, begrenzt durch die peritoneale Umschlagsfalte, das Rektum, Sakrum und den muskulären Beckenboden, in der sich embryologische Reste aus verschiedenen Strukturen befinden. Dementsprechend können sich hier Malformationen und Tumoren unterschiedlicher Entität entwickeln, deren Diagnose und Identifizierung auch heute noch eine Herausforderung darstellen. Dazu gehören angeborene (55–65 %), neurogene (10–12 %), entzündliche (5 %), ossäre (5–11 %) und sonstige (12–16 %) Läsionen. Dabei ist die definitive Klärung der Differenzialdiagnose präoperativ oft nicht möglich (Tab. 1; [2‐4]).
Tab. 1
Klassifikation der retrorektalen Tumoren
Kongenital
Epidermoidzyste
Dermoidzyste
Teratom
Chordom
Rektale Duplikationszyste
Neurologisch
Neurofibrom
Neurodermom
Ependymom
Neurofibrosarkom
Ossär
Osteom
Osteogenes Sarkom
Sakralknochenzyste
Ewig-Tumor
Chondromyxosarkom
Inflammatorisch
Granulom
Perinealer Abszess
Pelvirektaler Abszess
Fistel
Choriongranulom
Miscellaneous
Metastasierende Erkrankung
Lymphangiom
Desmoid-Tumor
Endotheliom
Leiomyom
Fibrosarkom
Die meisten Läsionen sind benigne, es können jedoch auch primär maligne Tumoren entstehen, oder zunächst benigne Raumforderungen können im Verlauf der Zeit entarten. Außerdem handelt es sich um Entitäten, die oft lange Zeit asymptomatisch bleiben oder unspezifische Symptome zeigen und damit als Zufallsbefund oder erst nach Entwicklung von Komplikationen diagnostiziert werden.
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Aus diesen Gründen besteht immer die Indikation zur Resektion. Der Zugang wird anhand der Lage und Größe der Läsion gewählt. Proximal gelegene Läsionen werden durch einen abdominellen (anterioren) Zugang operiert, heute in der Regel laparoskopisch oder roboterassistiert. Bei einer Lage unterhalb von S3 sollte ein posteriorer Zugang wie der Zugang nach Kraske gewählt werden ([5]; Abb. 1, 2 und 3).
Abb. 1
Lage einer retrorektalen Läsion (rosa) in schräger Ansicht. (Mit freundl. Genehmigung R.Sortino, University Digestive Health Care Center Basel)
Schematische Darstellung (a) und MRT-Aufnahme (b) einer Tailgut-Zyste in sagittaler Ebene. (Mit freundl. Genehmigung R.Sortino, University Digestive Health Care Center Basel)
Chirurgische Zugänge für retrorektal gelegene Tumoren. 1 anterior (abdominal), 2 transanal, 3 posterior (transsakral oder nach Kraske). 1+3 kombinierter abdominosakraler Zugang. (Mit freundl. Genehmigung R.Sortino, University Digestive Health Care Center Basel)
In etwa 50 % der Fälle werden die retrorektalen Tumoren als Zufallsbefund diagnostiziert, sei es im Rahmen einer rektalen Untersuchung oder bei einer Bildgebung aus anderen Gründen. Obwohl die Indikation zur chirurgischen Resektion immer gegeben ist, sind Abklärungen bezüglich Tumorart sowie ihrer anatomischen Beziehung zu den umgebenden Strukturen eine wesentliche Voraussetzung für die Festlegung des optimalen chirurgischen Vorgehens.
Zu den diagnostischen Maßnahmen gehört in erster Linie die klinische Untersuchung im Sinne einer perianalen sowie digital rektalen Untersuchung. Dabei können Lokalisation, Größe und Verschieblichkeit abgeschätzt werden. Eine endoskopische und ggf. endosonographische Abklärung kann eine rektale Vollwandbeteiligung ausschließen.
Die MRT stellt den Eckpfeiler bei der Abklärungen von präsakralen Läsionen dar
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Die Magnetresonanztomographie (MRT) stellt den Eckpfeiler bei der Abklärungen von präsakralen Läsionen dar, da sie im Vergleich zur Computertomographie (CT) eine höhere Sensitivität bei der Unterscheidung von multilokulären Massen und der Identifizierung von peripheren Zysten aufweist [6]. Darüber hinaus kann anhand der sagittalen Bilder die Lokalisation des Befunds in Bezug auf das Sakrum beurteilt werden und somit wichtige Informationen für die Planung der Operation liefern [6]. Zudem kann der Verdacht auf Malignität mit einer Sensitivität von 81 % und einer Spezifität von 83 % geäußert werden [4, 7].
Eine Feinnadelpunktion (FNP) oder eine sonographisch gesteuerte Biopsie wird präoperativ nicht routinemäßig empfohlen, da sie das Risiko einer Streuung von Tumorzellen sowie infektiöser Komplikationen mit sich bringt [8]. Zudem kann das histologische Material eine Malignität nicht mit Sicherheit aufdecken.
Indikation, alternative Verfahrenswahl und Kontraindikationen
Der Kraske-Zugang ist heute die am häufigsten verwendete Technik für die Resektion von präsakralen Läsionen, die im mittleren und unteren retrorektalen Raum lokalisiert sind.
Weitere Indikationen stellten zumindest in der Vergangenheit Pathologien der dorsalen Rektumwand wie gastrointestinale Tumoren (GIST) oder Adenome bzw. Low-risk-T1-Adenokarzinome dar [1, 9, 10]. Mit der Verbreitung der transanalen endoskopischen Mikrochirurgie (TEM) oder auch der videoassistierten TEM sollten diese Tumoren jedoch bevorzugt über den transanalen Weg angegangen werden.
Entscheidend für die Wahl dieses Vorgehens ist die Lage der Läsion, die komplett unterhalb S3 liegen sollte (Abb. 3; [11‐13]).
In diesen Fällen bietet der Kraske-Zugang eine gute Exposition bis zur Mitte des Rektums und ermöglicht, Tumoren bis zur S4-Ebene zu erreichen, die durch einen anterioren Zugang schwer zugänglich wären. Bei großen Tumoren, welche die S1-Ebene erreichen, kann ein kombinierter (posteriorer und anteriorer) Zugang oder eine komplette transabdominelle, laparoskopische oder roboterassistierte Operationstechnik gewählt werden.
Eine Alternative für kleine, tiefsitzenden Läsionen, ist der transanaler Zugang welcher aber ein höheres Infektrisiko mit sich bringt.
Die Läsion sollte eine Größe von 8–10 cm nicht überschreiten
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Ein weiterer limitierenden Faktor ist die Größe der Läsion, die 8–10 cm nicht überschreiten sollte [14]. Bei florider Entzündung oder einem Infekt sollten diese vor dem elektiven Eingriff zunächst konservativ behandelt werden. Bei einer nachgewiesenen oder hochgradig verdächtigen Malignität sollte eine Operationstechnik gewählt werden, die eine R0-Resektion gewährleistet, ggf. im Sinne einer Exenteratio pelvis.
Bei lokal fortgeschrittenen Fällen muss ggf. eine alternative Behandlungsmethode in Erwägung gezogen werden, wie eine Radio- oder Chemotherapie [15].
Wichtige Aspekte der Aufklärung
Der Patient sollte über allgemeine Risiken aufgeklärt werden, wie Nachblutung, Hämatom, Serom, Infekt und Harnverhalt.
Das Risiko einer Coccygektomie und deren Folgen wie lokale Schmerzen und Osteomyelitis sollten erwähnt werden. Eine Coccygektomie ist dann indiziert, wenn es sich um einen größeren oder höher gelegenen Befund handelt. Sie erleichtert in diesem Fall die Exposition deutlich.
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Potenzielle intraoperative Komplikationen sollten ebenfalls besprochen werden. Dazu gehören Verletzungen der Nn. hypogastrici, die Verletzung der Rektum- oder Vaginalwand oder eine Sphinkterläsion, mit den möglichen Folgen, wie sexuelle Störungen, dorsale Rektozele und Evakuationsstörungen, Dyspareunie sowie Stuhlinkontinenz.
Weitere seltene Komplikationen sind rektokutane Fisteln, die sich als Folge einer übersehene Rektumwandläsion oder bei Insuffizienz einer Rektumnaht entwickeln können mit dem Risiko der Notwendigkeit einer Stomaanlage sowie perineale Hernien.
Es ist auch wichtig, die Patienten darüber zu informieren, dass das Risiko eines Rezidivs zwar gering ist, aber dennoch besteht (0–16 %; [16]). Dieses ist abhängig von der histologischen Entität, insbesondere wenn die Läsion intraoperativ eröffnet oder nicht komplett exzidiert wurde.
Der Eingriff wird in Allgemeinanästhesie durchgeführt. Eine gewichtsadaptierte Thromboembolieprophylaxe wird am präoperativen Abend mit niedermolekularem Heparin subkutan verabreicht und postoperativ fortgesetzt.
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Eine anterograde Darmlavage ist nicht notwendig; das Rektum wird 1–2 h vor dem Eingriff mittels Einlauf vorbereitet. Die Antibiotikaprophylaxe mit einmaliger Gabe von Cefuroxim und Metronidazol (Cefuroxim 1‑mal 1,5 g i.v., Metronidazol 1‑mal 0,5 g i.v) wird 30–60 min vor Schnitt verabreicht. Einlage eines transurethralen Katheter präoperativ.
Die beste Exposition und einen guten Zugang zum posterioren Beckenboden erreicht man durch eine Knie-Ellenbogen-Lagerung (Abb. 4).
Abb. 4
Knie-Ellenbogen-Lagerung .(Mit freundl. Genehmigung R.Sortino, University Digestive Health Care Center Basel)
Das Steißbein und die paramediane Inzisionsstelle werden sagittal eingezeichnet. Die Inzisionsseite wird entsprechend der Lage des Tumors gewählt, und die Länge der Inzision variiert je nach Größe des Tumors (Abb. 5). Bei medianer Lage kann die Seite beliebig gewählt werden. Die Inzision erfolgt vertikal von Steißbeinspitze nach kranial, um die Spannung auf die Narbe zu verringern, und beginnt mindestens 2 cm vom Analrand entfernt, um den äußeren Analschließmuskel nicht zu verletzen (Abb. 6). Präparation in die Tiefe bis zum Erreichen der präsakralen Faszie. Dabei ist darauf zu achten, dass angrenzende anatomische Strukturen wie Rektum, Nerven und Blutgefäße erkannt und geschont werden (Abb. 7). Ein Wundspreizer (in unseren Klinik ein Lone Star® Retractor) wird zur Hilfe in der Situseinstellung installiert (Abb. 8). Die transversale Durchtrennung des M. levator ani median in der Raphe ermöglicht den Zugang zum präsakralen Raum und die Darstellung des Tumors (Abb. 9). Unmittelbar distal der lumbosakralen Faszie liegen die Levatormuskeln und das Ligamentum anococcygeum. Die Durchtrennung dieses Bands ermöglicht die Mobilisierung des Steißbeins. Es folgt eine bimanuelle Palpation der Rektumhinterwand und des Tumors, um die rektale Muskulatur von den umgebenden Fasern des Levator ani zu unterscheiden (Abb. 10). Anschließend Auslösung des Tumors aus dem dorsalen Rektum, respektive Steißbein und Bergung nach Fadenmarkierung zur pathologischen Orientierung und zur Überprüfung der vollständigen Resektion (Abb. 11 und 12). Die Mobilisierung und Dissektion des Tumors muss sorgfältig durchgeführt werden, um eine Eröffnung zur vermeiden.
Abb. 5
Einzeichnen des Steißbeins und des paramedianen Längsschnitts. (Mit freundl. Genehmigung Dr. S. Christen, University Digestive Health Care Center Basel)
Durchtrennung des subkutanen Fettgewebes und Freilegung der lumbosakralen Faszie (hier mittels bipolarer Schere). (Mit freundl. Genehmigung Dr. S. Christen, University Digestive Health Care Center Basel)
Um eine versehentliche Verletzung des Rektums auszuschließen, wird eine Luftdichtheitsprüfung durchgeführt, indem die Wundhöhle mit Ringerlaktat gefüllt und Luft in das Rektum eingeblasen wird (Abb. 13). Die Rekonstruktion des Beckenbodens erfolgt anschließend schichtweise mittels resorbierbarem Fadenmaterial (Abb. 14). Die Iliococcygeus-Muskelstümpfe und die Anococcygeus-Bänder werden auf der Mittellinie in Einzelknopfnahttechnik mit ebenfalls resorbierbaren Fäden adaptiert. Davor wird die Gesäßspreizung vom Klebstreifen gelöst.
Abb. 13
Luftdichtigkeitstest (Füllen der Wunde mit Ringerlaktat und Applikation von Luft mittels Blasenspritze in das Rektum). (Mit freundl. Genehmigung Dr. S. Christen, University Digestive Health Care Center Basel)
Zur Prävention eines postoperativen Hämatoms oder Seroms wird routinemäßig eine Redondrainage eingelegt, wobei darauf zu achten ist, dass der N. ischiadicus nicht verletzt wird (Abb. 15). Die Haut wird mit nichtresorbierbaren Einzelknopfnähten verschlossen. Alle Knoten werden lateral der Wunde und nicht zur Rima ani gesetzt aufgrund der besseren Perfusion (Abb. 16).
Abb. 15
Einbringen einer Redondrainage subkutan. (Mit freundl. Genehmigung Dr. S. Christen, University Digestive Health Care Center Basel)
Bei unzureichender Exposition kann eine Resektion des Steißbeins oder distalen Sakrums notwendig sein. Dieser Schritt verbessert die Exposition und erleichtert die Entfernung des Tumors. In diesen Fällen können anschließend scharfe Kanten gefeilt werden und Knochenwachs appliziert werden, um Blutungen vorzubeugen.
Tipps und Fallstricke
Besonders sollte auf die Schonung der Sphinktermuskulatur sowie der Rektumhinterwand geachtet werden. Dies kann durch die wiederholte bimanuelle Palpation (digital-rektal und von außen durch die Wunde) überprüft werden. Sollte es trotzdem zu einer Rektumverletzung kommen, kann die Wand quer mit resorbierbarer Naht verschlossen werden. Im Anschluss erfolgt die Proktoskopie zur Überprüfung von Naht und Perfusion. Die Levatormuskulatur kann gleich im Anschluss an die Durchtrennung mit Fäden (Vicryl) markiert werden, um die spätere Adaptation zu vereinfachen.
Postoperative Behandlung
Der Blasenkatheter wird am Ende des Eingriffs entfernt. Mobilisation und Kost sind ab Operationstag frei erlaubt. Auf eine adäquate Schmerztherapie ist postoperativ zu achten. Diese wird mit der Anästhesie abgesprochen und besteht in der Regel aus Paracetamol, Metamizol und, bei Bedarf, Opioiden.
Eine Stuhlregulation mittels Macrogol oder Flohsamen wird systematisch verabreicht, um das Pressen bei der Stuhlentleerung zu vermeiden. Eine verlängerte Antibiotikaprophylaxe ist nicht erforderlich.
Die Wunddrainage kann in Abhängigkeit von Menge und Qualität der Sekretion – in der Regel nach 48 h – entfernt werden. Die Entlassung erfolgt ab dem zweiten postoperativen Tag bei gutem Allgemeinzustand und komplikationslosem Verlauf. Langes Sitzen sollte in den ersten Tagen vermieden werden. Die Fadenentfernung erfolgt nach etwa 14 Tagen bei problemloser Wundheilung.
Eine proktologische Nachkontrolle sollte nach 4 bis 6 Wochen erfolgen. Dabei sollte nach Beschwerden und Funktion gefragt werden sowie eine klinische Untersuchung inkl. Rektoskopie erfolgen.
Die Arbeitsunfähigkeit beträgt in der Regel 2 bis 4 Wochen, und die meisten Patienten können ihren Alltag rasch wieder aufnehmen. Die langfristige postoperative Nachsorge ist ebenfalls wichtig, um ein Rezidiv auszuschließen. Diese ist abhängig von der Art der Läsion. Bei gutartigen Prozessen kann diese mittels CT oder MRT nach 1 und 5 Jahren erfolgen [17]. Im Fall eines bösartigen Tumors sollte das weitere onkologische Prozedere interdisziplinär besprochen werden.
Ergebnisse und Kasuistik
Es wurden retrospektiv Patienten untersucht, die mittels eines Kraske-Zugangs operiert wurden. Es handelt sich um eine Fallserie von 7 Patienten, die wir zwischen 2016 und 2023 im St. Claraspital und im Universitätsspital Basel, Schweiz, aufgrund einer Tailgut-Zyste operiert haben.
Die Kohorte bestand aus 4 Frauen und 3 Männern. Das mediane Alter lag bei 46 Jahren (Range: 29–71 Jahre). Vier Patienten stellten sich mit Beckenschmerzen vor und 3 Patienten waren asymptomatisch. In diesen Fällen, wurde die Diagnose einer Tailgut-Zyste durch eine aus anderen Gründen durchgeführten CT-Bildgebung gestellt.
Der initiale klinische oder radiologische Verdacht wurde bei allen Patienten durch eine Magnetresonanztomographie (MRT) bestätigt. Die durchschnittliche Größe der Zyste betrug 3,7 × 2,7 cm (Range: 2,3 × 1,4 –4,4 × 5,5 cm). Die chirurgische Resektion erfolgte in allen Fällen über den posterioren Kraske-Zugang, in 3 Fällen (43 %) mit Coccygektomie. Bei allen Patienten konnte eine vollständige Resektion durchgeführt werden. Früh postoperative Komplikationen traten bei 2 Patienten (28,6 %) auf, und es handelte sich um nichtinfizierte Wundserome. Diese konnten konservativ behandelt werden. In einem Fall musste die Wunde 5 Monate postoperativ im Operationssaal débridiert werden aufgrund eines Infekts, der zu einer Osteomyelitis führte, welche mittels einer Antibiotikatherapie behandelt wurde. Bei einer Patientin wurde histologisch ein Plattenepithelkarzinom festgestellt. Sie lehnte die interdisziplinär vorgeschlagene Exenteratio pelvis ab und wurde mittels Radiochemotherapie behandelt. Leider entwickelte sie im weiteren Verlauf multiple lymphonodale und pulmonale Metastasen, welche durch Chemotherapie weiter behandelt wurden.
Die mediane Aufenthaltsdauer betrug 4 Tage (min. 2, max. 13 Tage).
Diskussion
Der Kraske-Zugang ist eine technisch nicht anspruchsvolle, komplikationsarme und kostengünstige Operationsmethode, welche die Risiken des abdominellen Zugangs zum tiefen Rektum, respektive präsakralen Raum, vermeidet. Ebenfalls kann eine totale mesorektale Exzision (TME) umgangen werden bei lokalisierten Läsionen des distalen Rektums, die keine Lymphadenektomie benötigen. Die zusätzliche Resektion von Steißbein oder distalem Sakrum ermöglicht eine noch bessere Exposition.
Voraussetzung für ein gutes Gelingen des Eingriffs sind fundierte anatomische Kenntnisse des Beckenbodens. Ideale Indikation bieten die retrorektalen Zysten oder Tumoren. In der Literatur findet man aber auch weitere Indikationen.
Geeignete Patienten für diese Technik werden am besten anhand eines radiologischen Sagittalbilds ausgewählt, wobei S3 als Grenze für einen abdominellen oder sakralen Zugang gilt. Als grobe Abschätzung dient eine digital erreichbare Läsion, die meistens auch gut durch einen posterioren Zugang operiert werden kann.
Die Morbidität des Kraske-Zugangs ist gering und liegt auch in der Literatur bei nur 13 % [4]. Ein Rezidiv nach vollständiger Resektion von benignen Läsionen ist selten, auch wenn die geringe Anzahl der Krankheitsbilder es schwierig macht, genaue Statistiken über Rezidivraten zu erstellen [18]. Daher ist eine sorgfältige individuelle Nachsorge für jeden Patienten von großer Bedeutung.
Bei Malignitätsverdacht sollte einen transabdominellen Zugang gewählt werden aufgrund der besseren onkologischen Resektion.
Die Literatur zu dieser heute selten verwendeten Technik ist eher spärlich. Am häufigsten findet man einzelne Fallberichte oder Fallserien über den Kraske-Zugang als Therapie von Tailgut-Zysten [16, 17, 19, 20].
Eine der umfangreichsten Literaturübersichten, die über die langfristigen chirurgischen Ergebnisse berichtet, wurde von Baek et al. im Jahr 2016 veröffentlicht und umfasst eine Analyse von 341 Studien mit 1708 Patienten. Der posteriore Zugang wurde bei 443 Patienten (51,5 %), der anteriore Zugang bei 299 Patienten (34,7 %) und ein kombinierter Zugang bei 119 Patienten (13,8 %) durchgeführt. Die Operationsindikation waren retrorektale Tumoren verschiedener Entitäten. Die Gruppe mit posteriorem Zugang hatte einen kürzeren Krankenhausaufenthalt (7 ± 5 Tage vs. 8 ± 7 Tage nach anteriorem Zugang und 11 ± 7 Tage nach kombiniertem; p < 0,05) und eine geringere Morbidität (7,2 % vs. 19,3 % nach anteriorem Zugang und 24,7 % nach kombiniertem Zugang; p < 0,05) [21].
Unsere Patientenkontrolle bestätigt, dass der Kraske-Zugang gut durchführbar ist, eine schnelle Genesung ermöglicht sowie einen kurzen Krankenhausaufenthalt und wenig postoperative Schmerzen aufweist.
Fazit für die Praxis
Der Kraske-Zugang bietet einen übersichtlichen Zugang für Läsionen des distalen retrorektalen Raums mit optimaler Exposition und niedriger Morbidität.
Die Coccygektomie ist nicht zwingend notwendig, aber häufig hilfreich.
Eine korrekte Indikation und Erfahrung in der Beckenbodenchirurgie sind die Voraussetzungen für gute Ergebnisse.
Einhaltung ethischer Richtlinien
Interessenkonflikt
R. Sortino, S. Christen, D. Steinemann und I. Füglistaler geben an, dass kein Interessenkonflikt besteht.
Für diesen Beitrag wurden von den Autor/-innen keine Studien an Menschen oder Tieren durchgeführt. Für die aufgeführten Studien gelten die jeweils dort angegebenen ethischen Richtlinien.
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