US-Pädiater raten von Wassergeburt ab

Der Beliebtheit von Wassergeburten zum Trotz gibt es keine wissenschaftlichen Belege dafür, dass der Aufenthalt in der Geburtswanne während der Durchtrittsphase Mutter und Kind nutzt. US-Pädiatern zufolge sollte diese Entbindungsalternative Geburten innerhalb klinischer Studien vorbehalten bleiben. Lesen Sie mehr Weitere Beiträge finden Sie im Dossier Geburt. Wasserentbindungen haben in den vergangenen Jahrzehnten an Popularität gewonnen. Auf vielen Geburtshilfeabteilungen stehen wenigstens zwei spezielle Gebärwannen zur Verfügung, um den Wünschen der Schwangeren gerecht zu werden. Geworben wird von den Kliniken mit diesem Angebot unter anderem damit, dass Schwangere hier „eine Geburt in ruhiger und entspannter Atmosphäre erleben“. Bewegungen im Wasser sollen helfen, das Becken zu lockern und den Wehenschmerz zu lindern. Die werdenden Mütter benötigen nach den Erfahrungen von Gynäkologen und Hebammen während einer Wassergeburt in aller Regel weniger Analgesie. Die Geburt laufe leichter, schneller und sanfter ab. Report der Akademie ist fünf Jahre lang gültig Nachdem im Jahr 2005 der Ausschuss für Feten und Neugeborene in der Amerikanischen Akademie der Pädiater (AAP) Wassergeburten nicht befürwortet hatte, durchforsteten jetzt Dr. Lu-Ann Papile von der AAP aktuelle wissenschaftliche Publikationen zu Nutzen und Risiken dieser Geburtsalternative. Die Pädiater unterschieden dabei in ihrem fünf Jahre lang gültigen „Report“ zwischen Studiendaten zum Aufenthalt von Schwangeren während der Eröffnungsphase, während der Durchtrittsphase und während beider Phasen, was nicht in allen Studien so praktiziert wurde. Cochrane-Analyse im Fokus Die Pädiater zitieren unter anderem die Ergebnisse einer Cochrane-Analyse von zwölf randomisierten kontrollierten Studien mit mehr als 3200 Schwangeren, die sich für eine Wasserentbindung oder eine traditionelle Geburt entschieden hatten. Die Ergebnisse der einzelnen Studien waren nicht einheitlich. Insgesamt über alle Studien betrachtet und auf die Eröffnungsphase fokussiert kristallisierte sich allerdings ein zweifacher Nutzen für die Schwangeren heraus: Der Aufenthalt in der Gebärwanne im Vergleich zum traditionellen Vorgehen war in sechs Studien mit einer verringerten Epidural-, Spinal- und Parazervikalanästhesie assoziiert. Zudem war die Eröffnungsphase verkürzt. Unklar bleibe allerdings, so Papile und ihre Kollegen, wie groß jeweils der Anteil anderer Maßnahmen im Rahmen der Geburt am positiven Ergebnis war. Weniger Dammverletzungen und Kaiserschnitte gab es in den Studien bei Schwangeren mit Wassergeburt jedoch nicht. In der Metaanalyse wurden nur zwei Studien berücksichtigt, in denen das Augenmerk auf die Durchtrittsphase gerichtet war. In einer der beiden waren die Schwangeren mit Wasserentbindung zufriedener als Schwangere der Kontrollgruppe mit traditioneller vaginaler Entbindung. In keiner Studie wurde von einem Nutzen der Wassergeburt für die Neugeborenen berichtet. Geburten in der Spezialwanne sind auch mit Komplikationen behaftet. Allerdings sei es schwierig, auf der Basis der bisherigen Studien die genaue Inzidenz zu ermitteln, so die Pädiater. Als Komplikationen seien vermehrt Infektionen bei den Schwangeren und Neugeborenen dokumentiert worden, Probleme bei der Wärmeregulation, Nabelschnurriss und -abriss beim Herausnehmen des Neugeborenen aus dem Wasser sowie Atemnot durch Aspiration des Wannenwassers. Auch über Krampfanfälle und perinatale Asphyxien wurde berichtet. "Diving Reflex" bei manchen Neugeborenen außer Kraft In der Regel kann man davon ausgehen, dass Neugeborene durch den „Diving Reflex“ davor geschützt sind, unter Wasser einzuatmen. Papile und ihre Kollegen erinnern allerdings daran, dass dieser „Tauchreflex“ bei gesundheitlich beeinträchtigten Feten und Neugeborenen außer Kraft gesetzt sein und somit durchaus Badewasser in die Lunge gelangen kann. In mehreren Studien sei dies beschrieben worden. Dass es in der Metaanalyse heißt, es gebe keine Belege für eine Zunahme von Komplikationen im Umfeld von Wasserentbindungen, sei zu hinterfragen, weil die Analyse nicht darauf ausgelegt gewesen sei, seltene, potenziell schwere Komplikationen aufzuspüren. So hätten zum Beispiel in einer in der Cochrane-Analyse nicht berücksichtigten Studie von 2004 insgesamt 12% der in einer Gebärwanne zur Welt gekommenen Kinder auf einer Intensivstation für Neugeborene weiter versorgt werden müssen, in der Vergleichsgruppe mit traditioneller vaginaler Entbindung dagegen kein einziges Neugeborenes. Für die US-Pädiater ist klar: Dass während der Eröffnungsphase bei der Wasserentbindung eine geringere Analgesie erforderlich und die Wehendauer verkürzt wird, dürfe nicht dazu führen, bei anderen Vorsorgemaßnahmen wie dem Monitoring der Mutter und des Feten nachzulassen. Zudem hätten bisherige Studien keinen Beleg für einen Nutzen während der Durchtrittsphase zu Tage gefördert. Daher sollten Wasserentbindungen als experimentelle Maßnahme eingestuft werden und bis auf Weiteres ausschließlich im Zusammenhang mit gut geplanten klinischen Studien erfolgen.

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