Erschienen in:
01.01.2007 | Übersichten
Gemischt-affektive Störungen
verfasst von:
Prof. Dr. Dr. h.c. A. Marneros
Erschienen in:
Der Nervenarzt
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Ausgabe 1/2007
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Zusammenfassung
Das Konzept Kraepelins zu „Mischzuständen“ erfährt in den letzten 2 Jahrzehnten eine regelrechte Renaissance. Dieses Phänomen ist sowohl durch klinische als auch durch theoretisch relevante Faktoren bedingt. Klinisch relevant ist v. a. die Tatsache, dass etwas mehr als 40% aller Patienten mit bipolaren Störungen mindestens einmal im Verlauf ihrer Erkrankung eine gemischt-affektive Episode zeigen. Allerdings sind die richtige Erfassung und die genaue psychopathologische Zuordnung der Symptomatik von Bedeutung. Es empfiehlt sich hier eine Diagnose nach engen Kriterien, etwa nach ICD-10 oder DSM-IV und evtl. nach moderaten Kriterien wie den Pisa- oder Cincinnati-Kriterien. Die Anwendung von breiten Definitionen ist nicht empfehlenswert. Die gemischt-schizoaffektive Episode wird, obwohl sie sowohl von ICD-10 als auch von DSM-IV definiert wird, in der Praxis seltener diagnostiziert, trotz ihrer etwa gleichen Häufigkeit wie die reine affektiv-gemischte Episode. Gemischt-schizoaffektive Episoden scheinen die schwerste Form einer bipolaren Störung zu sein. Die klinische Bedeutung der gemischten Episoden liegt v. a. in ihrer offensichtlich prognostisch ungünstigen Prädiktivität sowie ihrer schwierigen Therapierbarkeit. Atypische Neuroleptika und Antikonvulsiva versprechen in Kombination bessere Therapieerfolge als andere psychopharmakologische Substanzen. Von theoretischer Seite ist das Auftreten einer gemischten depressiven und manischen Symptomatik während ein- und derselben Episode im Sinne der nosologischen und ätiologischen Abgrenzung von Bedeutung.