Erschienen in:
16.03.2017 | Antidepressiva | Aktuelles
Genetische Tests zur Steuerung der Behandlung mit Antidepressiva
verfasst von:
Prof. Dr. T. Bschor, C. Baethge, C. Hiemke, B. Müller-Oerlinghausen
Erschienen in:
Der Nervenarzt
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Ausgabe 5/2017
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Zusammenfassung
Klinisch besteht der Bedarf, in der Antidepressivabehandlung das Präparat und die individuell adäquate Dosierung gezielter auswählen zu können. Die Untersuchung pharmakokinetisch relevanter Gene ist hierfür ein vielversprechender Ansatz. In den vergangenen zwei Jahren wurden insbesondere ein Test der Firma Stada, der Varianten der Zytochrom-P450-Isoenzyme CYP2D6 und CYP2C19 untersucht, und ein Test der HMNC Brain Health GmbH, der Varianten des ABCB1-Gens untersucht, bei Ärzten beworben. Beide Tests werden nicht von den gesetzlichen Krankenversicherungen vergütet und dahingehend beworben, sie in Form von IGeL-Leistungen den Patienten selbst in Rechnung zu stellen. Die Anbieter äußern für beide Tests, dass hierdurch auf erfolglose Antidepressivabehandlungen verzichtet werden könne und dass es zu einem schnelleren Ansprechen auf die Behandlung komme. Diese Aussagen sind durch geeignete klinische Studien nicht gedeckt, da solche Studien fehlen bzw. widersprüchliche Ergebnisse liefern. Es wird daher vom routinemäßigen Einsatz dieser Tests abgeraten. In Übereinstimmung mit der S3-Leitlinie Unipolare Depression wird empfohlen, bei Nonresponse auf eine in Dauer und Dosis adäquat durchgeführte Antidepressivamedikation eine Serumspiegelbestimmung durchzuführen. Diese wird in der Regel von den gesetzlichen Krankenkassen übernommen. Nur bei außerhalb des Erwartungsbereichs liegenden Serumspiegeln und Ausschluss anderer Ursachen ist eine Zytochrom-P450-Genotypisierung sinnvoll. Diese kann in vielen Laboren durchgeführt werden, wofür in Einzelfällen die Kosten von den gesetzlichen Krankenkassen übernommen werden. Die weitere Beforschung der Bedeutung des ABCB1-Gens für die Behandlung mit Antidepressiva ist sinnvoll.