Durch die rasanten Fortschritte der Molekulargenetik ist es möglich, das gesamte Genom des Menschen systematisch zu untersuchen und die Gene zu identifizieren, die für das Auftreten und die verschiedenen Verläufe von Infektionserkrankungen verantwortlich sind. Frühere genetische Analysen umfassten Zwillingsstudien sowie Studien an Adoptivkindern, „Linkage“-Analysen und Assoziationsstudien mit Kandidatengenen. Neuere Methoden untersuchen das gesamte Genom (GWAS) oder Exom („exome sequencing“) gleichzeitig auf mögliche Assoziationen zu bestimmten Krankheiten und Krankheitsverläufen. Genexpressionsanalysen befassen sich mit der spezifischen Reaktion des Erkrankten und versprechen damit, zukünftig die Diagnostik bei Fieber unklarer Genese oder nichtzuordenbaren Symptomenkomplexen zu erleichtern. In dem groß angelegten Projekt der Europäischen Union European Childhood Life-threatening Infectious Diseases Study (EUCLIDS) werden Blutproben von Kindern mit schweren Infektionserkrankungen gesammelt und mit den neuesten Methoden genetisch untersucht. Das Projekt stellt ein einzigartiges Unterfangen dar, das von einem interdisziplinären Team mit Experten in Infektiologie, Immunologie, Genetik, Bioinformatik, Mikrobiologie, Public Health und Vakzinologie etabliert wurde. Geplante Untersuchungen im Rahmen des Studienprojekts sind u. a. die molekulargenetische Detektion von Erregern, die nicht anhand der Routinediagnostik erfasst werden, die Identifikation von humanen Genen, die für den Verlauf der Meningokokkeninfektion verantwortlich sind, die Identifikation von humanen Suszeptibilitätsgenen bei Infektionen mit Pneumokokken, Staphylokokken und Gruppe-A-Streptokokken, Genexpressionsanalysen bei extremen Verlaufsformen dieser Infektionen sowie die Untersuchung von Impfantworten anhand genomweiter Assoziationsstudien.