Erschienen in:
01.06.2012 | Übersichten
Genetisches Profil der Multiplen Sklerose: Risikogene und die „dunkle Materie“
verfasst von:
C.M. Lill, Prof. Dr. F. Zipp
Erschienen in:
Der Nervenarzt
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Ausgabe 6/2012
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Zusammenfassung
Multiple Sklerose (MS) ist eine multifaktorielle Erkrankung, die auf der Grundlage von Wechselwirkungen genetischer und umweltbedingter Faktoren entsteht. Sie tritt gehäuft familiär auf, die Vererbung folgt aber nicht den klassischen mendelschen Regeln. Das Risiko einer MS-Erkrankung wird genetisch vielmehr beeinflusst durch dutzende bis hunderte von genetischen Varianten, die auch in der Normalbevölkerung vorkommen. Den größten, seit 40 Jahren bekannten Risikoeffekt haben genetische Varianten in der HLA-Region, die das Risiko einer MS um das Zwei- bis Dreifache erhöhen. In den letzten Jahren konnten durch genomweite Assoziationsstudien (GWAS) fast 60 weitere Risikofaktoren identifiziert werden. Jeder dieser genetischen Faktoren führt zu einer moderaten Erhöhung des Risikos (mit Odds Ratios von 1,1–1,3). Die zurzeit bekannten genetischen Risikofaktoren machen jedoch nur einen geringen Anteil der Erblichkeit der MS aus. Die durch den GWAS-Ansatz nicht identifizierbaren genetischen Risikofaktoren, gelegentlich auch als „dunkle Materie“ bezeichnet, sind möglicherweise durch andere vererbbare Faktoren bedingt wie etwa strukturelle Variationen im Genom, seltene Sequenzvarianten sowie vererbte epigenetische Modifikationen.