Welches sonderbare Objekt befindet sich hier in der Speiseröhre?

Patient Nr. 1 leidet an einer Pneumonie, bei dem zweiten steht die Implantation einer Hüftprothese bevor. So verschieden die Fälle auf den ersten Blick auch sind, haben sie doch einiges gemeinsam – der synthetische Fremdkörper ist dabei eindeutig eine unangenehme Übereinstimmung. Der erste Patient – ein 82-jähriger Mann – wird mit Verdacht auf eine Aspirationspneumonie in eine stationäre akutgeriatrische Behandlung aufgenommen. Zuvor war dieser nach einem „progressive stroke“ in einer neurologisch-stationären Behandlung. Eine Hemiparese und eine rechtsseitige Fazialisparese sind beschrieben. Bei der weiteren klinischen Untersuchung fällt ein reduzierter Allgemeinzustand auf. Ergebnisse des Thoraxröntgen in Kombination mit Fieber und Leukozytose bestätigen, dass eine linksseitige Pneumonie vorliegt. Die Therapie besteht in der Gabe von Antibiotikum sowie der Verabreichung von subkutanem Enoxaparin-Natrium zur Antikoagulation. Beim Trinken werden Schluckstörungen bei ihm beobachtet. Patient 2 ist ein 85-jähriger Mann. Er wird für die Implantation einer totalen Endoprothese des Hüftgelenks stationär aufgenommen. Neben einer koronaren Herzerkrankung liegt unter anderem ein reduzierter Allgemeinzustand mit zeitweiliger Desorientierung vor. Aufgrund einer Blutungsanämie erhält der Patient nach der Operation zwei Erythrozytenkonzentrate. Der Mann berichtet während seines Aufenthalts von Schluckbeschwerden, die schon seit ein paar Tagen bestehen. Was haben diese beiden Fälle denn nun gemeinsam? Der stationäre Aufenthalt, das fortgeschrittene Alter und der reduzierte Allgemeinzustand stellen Berührungspunkte der beiden Patienten dar. Und: Beide erhalten Medikamente – und zwar verblistert. Dieses Vorgehen ist im stationären Bereich häufig. Zwecks der besseren Unterscheidung und aus hygienischen Gründen werden Medikamente gerne verblistert durch die Pflegenden verteilt. Im Normalfall erkennt der Patient, dass er das Medikament auspacken muss, bevor er es oral einnimmt. Bei älteren Menschen liegt jedoch oft eine Desorientierung oder Demenzerkrankung vor. Sie nehmen die Tabletten schlichtweg mitsamt der Verpackung ein. Jan Weckenbrock und Gerald Kolb beschreiben daher diese zwei exemplarischen Fälle in der Zeitschrift für Gerontologie und Geriatrie. Zudem lässt sich häufig durch einfaches Nachfragen nicht klären, ob der Blister tatsächlich in der Speiseröhre gelandet ist: In den vorliegenden Fällen verneint Patient 1 die Einnahme bzw. gibt an sich nicht erinnern zu können. Patient 2 berichtet von der Ingestion einer „größeren Tablette“. Endoskopische Auflösung Unter dem Verdacht einer Fremdkörperingestion führen die Ärzte bei beiden Patienten eine Ösophaghogastroduodenoskopie durch. Im mittleren Ösophagus lässt sich jeweils eine Blisterpackung für Tabletten ausmachen – bei Patient 1 eindeutig ein Oxycodon-Blister (Abb. 1a). Ein Omeprazol-Blister stellt sich bei Patient 2 dar. Die Entfernung der Fremdkörper erfolgt mithilfe einer Zange. Nach der Beseitigung des Blisters zeigen sich bei Patient 1 oberflächliche, leicht blutende Schleimhautverletzungen und eine fleckförmige Gastritis bei (Abb. 1b). Beide Patienten haben im weiteren Verlauf keine Komplikationen hinsichtlich der Ingestion. Abbildung 1: Ösophagogastroduodenoskopische Aufnahme von Patient 1. a Oxycodon-Blister, im mittleren Ösophagus eingeklemmt, b oberflächliche, leicht blutenden Schleimverletzung. Springer Medizin | Z Gerontol Geriat 2018; 8(51):931–934 × Fazit für die Praxis Die beiden geschilderten Fälle zeigen exemplarisch eine für die klinische Praxis sehr relevante Problematik: Hospitalisierte, geriatrische Patienten haben ein nicht zu unterschätzendes Risiko für unerkannte Fremdkörperingestion. Auch falls der initiale mentale Status unauffällig ist, können im Verlauf delirante Episoden auftreten. Die Autoren raten zur genauen Abwägung, ob geriatrische Patienten überhaupt eine orale Medikation mit Blistern erhalten sollten. Zudem ist es sinnvoll, dass Patienten mit mentalen Auffälligkeiten Medikamente generell nur unter Aufsicht einnehmen. Denn: Bleibt das Verschlucken von Blisterpackungen unbemerkt, können zum Teil schwerwiegende Komplikationen, wie gastrointestinale Perforationen, auftreten.

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