Erschienen in:
07.05.2019 | Antifibrinolytika | Leitthema
Gerinnungsmanagement bei peripartaler Hämorrhagie
verfasst von:
Prof. Dr. med. Thierry Girard, Daniel Bolliger
Erschienen in:
Die Gynäkologie
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Ausgabe 6/2019
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Zusammenfassung
Ein schwangerschaftsinduzierter Anstieg der meisten Gerinnungsfaktoren geht mit einer Hyperkoagulabilität einher. Dennoch können im Rahmen einer peripartalen Hämorrhagie (PPH) relativ häufig Gerinnungsstörungen in Abhängigkeit der Blutungsursache und des verlorenen Blutvolumens auftreten. Ab einem Blutverlust über 2000 ml muss mit einer Koagulopathie gerechnet werden, viel früher ist eine solche bei vorzeitiger Plazentalösung oder Fruchtwasserembolie zu sehen. Der Abfall und die kritischen Konzentrationen der Gerinnungsfaktoren sind nicht gleichmäßig, im Rahmen einer PPH scheint das Fibrinogen als erster Gerinnungsfaktor unter kritische Werte abzufallen. Konventionelle Laboranalysen benötigen viel Zeit und haben eine nur geringe Aussagekraft. Daher sind viskoelastische POC(„point of care“)-Gerinnungstests, wie Thromboelastographie oder Thromboelastometrie, zu bevorzugen. Die antifibrinolytische Therapie mit Tranexamsäure sollte frühzeitig, bei hohem Blutungsrisiko sogar präventiv erfolgen. Eine POC-gesteuerte gezielte Therapie mit Gerinnungsfaktoren wird heute empfohlen, wenn entsprechende Gerinnungsprodukte verfügbar sind. Bei akuter Anämie sollen Erythrozytenkonzentrate verabreicht werden. Ein solches Vorgehen scheint gegenüber einer Applikation von Blutprodukten in fixen Verhältnissen im Sinne eines Massentransfusionsprotokolls von Vorteil zu sein. Für eine ausreichende Blutgerinnung müssen außerdem Hypothermie, Azidose und Hypokalzämie korrigiert werden. Nach erfolgreicher Therapie von Gerinnungsstörung und PPH ist an die thromboembolische Prophylaxe zu denken.