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21.02.2019 | Gesellschaft | Nachrichten

Interview zum Aktienmarkt

Bei Aktien sollte der Horizont der Anlage immer langfristig sein

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Das Jahr 2018 hat vielen Anlegern herbe Verluste eingebracht. An langfristig guten Perspektiven am Aktienmarkt ändert das aber nichts, erläutert Klaus Niedermeier von der Deutschen Apotheker- und Ärztebank im Interview.

Klaus Niedermeier / apo-Bank © ÄrzteZeitung / ger​​​​​​​

Ärzte Zeitung: Herr Niedermeier, es hat schon bessere Anlegerjahre gegeben als 2018 – schwere Zeiten auch für Analysten. Wo konnten Anleger überhaupt noch Renditen erzielen?

Klaus Niedermeier: 2018 wird als eines der Jahre in die Kapitalmarktgeschichte eingehen, in dem mit kaum einer Anlageklasse Geld zu verdienen war. Nach vielen Jahren mit positiver Rendite mussten insbesondere die Aktionäre wieder Verluste verkraften.

Dabei ist das Jahr eigentlich gut gestartet. Aber danach ging es überwiegend abwärts. Gute Renditen konnte man so gut wie nirgendwo erzielen, es war kein „Highflyer“ dabei, der die Rückgänge hätte auffangen können.

Sie haben in den Vorjahren immer empfohlen, die Anlagen breit zu streuen. Hätte das geholfen?

Niedermeier: Diversifikation ist zwar wichtig, aber im vergangenen Jahr gab es auch bei dieser Strategie keine freudigen Gesichter. Nur Lateinamerika hat sich mit plus drei Prozent nach der Wahl in Brasilien auf Jahressicht leicht positiv entwickelt. Auch im Anleihebereich konnten nur in wenigen Teilsegmenten Kursgewinne erzielt werden.

Für einen Euro-Investor war dies beispielsweise – auch dank der Tatsache, dass der US-Dollar im Vergleich zum Euro leicht gestiegen ist – bei US-Staatsanleihen der Fall.

Was sind die Konsequenzen – jetzt wieder raus aus den Aktien?

Niedermeier: Sicher nicht! Aktien sind nach wie vor interessant. Die letzten fünf, sechs Jahre konnte man nur wenig falsch machen am Aktienmarkt, das konnte nicht immer so weiter gehen. Wir stehen in einer Spätphase des Konjunkturzyklus, da kommen an den Börsen schon einmal Bedenken auf, die sich dann in den Kursen niederschlagen. Man könnte diese Kursrücksetzer sogar als Einstiegschance begreifen.

Glauben Sie wirklich, die Entwicklung dreht 2019 wieder nach oben?

Niedermeier: Die Entwicklung in den kommenden Monaten ist sehr schwer zu prognostizieren. Wir haben den Handelskonflikt USA-China, zunehmende Konjunktursorgen, dazu die Verschuldung Italiens und natürlich den Brexit. Wir sehen in vielen Ländern einen klaren Trend weg von der Globalisierung, hin zu mehr Nationalinteressen; damit einhergehend glauben wir, dass die Staatsverschuldung zunehmen wird, denn viele Staaten legen derzeit ihren Sparwillen ad acta.

Aber gerade bei Aktien sollte der Anlagehorizont immer langfristig sein, und über längere Zeiträume hat diese Anlageklasse immer gute Renditen erzielt. Beispiel: Vor zehn Jahren fiel der Dax auf unter 4000 Punkte – und wo stehen wir jetzt?

Angenommen, Sie haben ein Depot, das einigermaßen ausgewogen alle Anlageklassen Aktien, Immobilien, Anleihen und Gold berücksichtigt. Wo würden Sie jetzt höher gewichten, wo reduzieren mit dem Engagement?

Niedermeier: Wenn ich einen Aktiensparplan hätte, würde ich den auf jeden Fall weiterlaufen lassen. Denn wenn die Kurse sinken, dann kaufe ich auch günstiger ein. Früher hätte ich in einem defensiv ausgerichteten Depot 80 Prozent Rentenpapiere und 20 Prozent Aktien gehabt, heute wäre das Verhältnis bei gleicher Ausrichtung 70 zu 30 oder sogar 60 zu 40.

Anleihen sind derzeit eher ein stabilisierender Faktor. Wir erwarten keine weiteren Zinserhöhungen in den USA und in Europa weiter niedrige Zinsen, das heißt, die Kurse der Anleihen gehen zumindest nicht weiter nach unten, auch wenn die Zinsen für die Papiere die Inflation weiter kaum ausgleichen.

Und andere Sachwerte oder Gold?

Niedermeier: Bei Gold erwarten wir in diesem Jahr eine Seitwärtsbewegung oder leicht fallende Kurse. Auch beim Öl sehen wir aktuell keinen Anlass, warum die Preise weiter steigen sollten. Insgesamt sind Rohstoffe gerade für Privatanleger generell keine Anlageklasse, in die einfach zu investieren ist.

Und bei Immobilien muss man in den Ballungsräumen schon sehr genau auf die Mikrolagen achten, um noch attraktive Objekte zu finden. Aber für ganz Deutschland sehen wir weiterhin keine Preisblase. In sogenannten B-Lagen haben wir sicher noch nicht das Ende der Fahnenstange erreicht.

Kommen wir etwas tiefer ins Detail: Gibt es bei Aktien besonders interessante Teilmärkte?

Niedermeier: Deutschland könnte als exportorientierte Nation unter dem Trend zu mehr Nationalismus leiden, das betrifft z. B. die Autoindustrie, auch deren Zulieferer. Zyklische Branchen wie Chemie könnten ebenfalls Probleme bekommen – BASF hat die Prognosen bereits gesenkt.

Interessanter könnten die defensiven Sektoren sein, etwa Unternehmen, die Produkte des täglichen Bedarfs herstellen, aber auch die Gesundheitsbranche. Regional empfehlen wir immer eine breite Streuung, zurzeit mit einer leichten Bevorzugung der Industrieländer USA, Europa und Japan im Vergleich zu den Emerging Markets.

Haben Sie es schon erlebt, dass in der Spätphase eines Zyklus die Zinsen so niedrig waren wie aktuell? Und was bedeutet das für Anleger?

Niedermeier: Nein, das ist neu. Wenn der Aufschwung in den USA noch bis zum Sommer anhält, wäre es die längste US-Wachstumsphase, die es jemals gegeben hat. Die – immer noch – niedrigen Zinsen haben sicher dazu beigetragen und könnten zudem eine möglicherweise bevorstehende Rezession milder ausfallen lassen.

Andererseits haben Notenbanken so weniger Möglichkeiten, gegenzusteuern, wenn die Zinsen schon niedrig sind. Immerhin: Die Industrie hat ihre Hausaufgaben gemacht und sich deutlich entschuldet. Eine Option für Anleger kann es sein, auf das höhere Zinsniveau in den USA zu setzen. Das Wechselkursrisiko über die Anlage in US-Dollar ist dann aber ebenfalls zu schultern.

Bleibt Gesundheit 2018 ein Thema für Anleger?

Niedermeier: Auf jeden Fall! In der Pharmabranche gibt es weiterhin viele große Übernahmen wie zuletzt Shire durch Takeda oder aktuell Celgene durch BMS. Für Anleger winken dann jeweils nette Prämien. Auch Biotech profitiert von vielen Übernahmen, da die großen Pharmafirmen sich neue Ansätze, Krankheiten zu bekämpfen, dazukaufen.

Für Medizintechnik-Unternehmen sind die Aussichten ebenfalls gut. Wenn Sie breit gestreut in diesen Markt gehen, etwa über Fonds, dann haben Sie gute Chancen auf konjunkturunabhängige Gewinne.

Kann es sich für Ärzte lohnen, Risikokapital für E-Health-Startups als Anlagekapital zu geben?

Niedermeier: Die apoBank ist seit mehr als drei Jahren über die Beteiligung am Startup-Bootcamp sehr nahe an dieser Szene dran, in einer Phase, die noch vor der ersten Beteiligungsrunde durch Private Equity kommt. Einige wenige Privatinvestoren sind bei solchen Startups teilweise mit dabei. Aber die Risiken sind hier natürlich sehr hoch.

Und wo legen Sie persönlich Ihre Jahresprämie für 2018 an?

Niedermeier (lacht): In meine Kinder. Das ist immer ein gutes Investment.

Quelle: ärztezeitung / Hauke Gerlof

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