Insgesamt umfasst das GeKoOrg-Schule-Konzept acht Standards, die als Leitlinien zu verstehen sind. Diese beschreiben unterschiedliche Bereiche bzw. Ebenen innerhalb der Schulorganisation, die zur Optimierung adressiert werden, um eine nachhaltige Stärkung der Gesundheitskompetenz im Setting Schule zu erreichen. Schulen sind aus System- und Organisationsperspektive komplexe, soziale Systeme [
34], die maßgeblichen Einfluss auf Personen nehmen können, die sich in der Schule befinden – auch beim Thema Gesundheit. Dafür ist es wichtig, bei der Organisationsentwicklung alle relevanten Ebenen zu berücksichtigen, um der Vielschichtigkeit der Schulorganisation gerecht zu werden und das gesundheitsförderliche Potenzial bestmöglich auszuschöpfen [
3,
32]. Eine entsprechende Definition der
gesundheitskompetenten Schule ist Infobox
2 zu entnehmen.
Die Ausrichtung einer Schule zur gesundheitskompetenten Organisation kann im Rahmen von Schulentwicklungsprozessen vollzogen werden. Auch in Schulentwicklungsprozessen gilt es, verschiedene Ebenen der Schulorganisation zu adressieren, da sie sich wechselseitig beeinflussen und so angestrebte Veränderungen umfassend und nachhaltig erzielt werden können. Relevante Ebenen gemäß dem Drei-Wege-Modell nach Rolff (2016) sind Organisation, Unterricht und Personal [
34]. Aufbauend wird von Okan et al. (2021; [
3]) und Dadaczynski et al. (2021; [
38]) auf die notwendige Berücksichtigung einer weiteren Ebene hingewiesen: die des außerschulischen Umfelds. Neben Schulen sind andere Bezugssysteme (z. B. Familie) wichtige und mitgestaltende Bestandteile der Lebenswelt. Entsprechend müssen in einem ganzheitlichen Ansatz diese außerschulischen Wirkfaktoren und -systeme mitgedacht werden. Die Standards des GeKoOrg-Schule-Konzepts berücksichtigen alle vier Ebenen, wodurch die Ansprüche ganzheitlicher Settingansätze erfüllt werden.
Standards des GeKoOrg-Schule-Konzepts
Einen Überblick über die entwickelten Standards liefert Tab.
1. Im Folgenden werden die acht Standards näher erläutert.
Tab. 1
Acht Standards der gesundheitskompetenten Schule (GeKoOrg-Schule-Konzept)
1 | Gesundheitskompetenz in das Leitbild der Schule aufnehmen | Standard 1 sieht vor, dass Schulleitung, Lehrkräfte und Schulpersonal die Stärkung der Gesundheitskompetenz in der Schule als wichtig erachten |
2 | Gesundheitskompetenz als Teil der Schulentwicklung | Standard 2 verortet Gesundheitskompetenz auf der Organisations- und Schulentwicklungsebene |
3 | Gesundheitskompetenz im Schulalltag stärken und fördern | Standard 3 stellt sicher, dass die Ausgestaltung des Schulalltags dazu beiträgt, Gesundheitskompetenz an der Schule zu fördern |
4 | Gesundheitskompetenz für Schüler:innen | Standard 4 widmet sich der konkreten Stärkung der Gesundheitskompetenz von Schüler:innen im Schul- und Unterrichtsalltag |
5 | Ein gesundheitskompetentes Schulteam | Standard 5 fokussiert die Stärkung der Gesundheitskompetenz von Schulleitungen, Lehrkräften und Schulpersonal |
6 | Gesundheitskompetente Kommunikation in der Schule | Standard 6 achtet auf einfaches, verständliches Kommunizieren als Prinzip einer gesundheitskompetenten Schule |
7 | Gesundheitskompetenz im Schulumfeld stärken | Standard 7 setzt Gesundheitskompetenz im Rahmen schulischer Gesundheitsförderung und Prävention für ein gesundes Schulumfeld ein |
8 | Vernetzen und Zusammenarbeiten | Standard 8 stellt die Beteiligung an Netzwerken, die Kooperation und den Austausch zum Thema Gesundheitskompetenz in den Vordergrund |
Standard 1 spricht für die Aufnahme von Gesundheitskompetenz in das schulische Leitbild bzw. die Schulphilosophie. Einhergehend gilt es, dass Schulleitungen, Lehrkräfte und weiteres Schulpersonal Gesundheitskompetenz und deren Stärkung in und durch Schule als bedeutsam erachten und als Ziel schulischer Gesundheitsförderung und Prävention anerkennen. Die Umsetzung von Standard 1 profitiert durch die Unterstützung seitens der Schulleitung einerseits, da diese eine Schlüsselfunktion in Veränderungsprozessen der Schule innehat. Andererseits ist auch die Zuwendung durch die Schulträger in Form von Ressourcen zuträglich.
Standard 2 schließt daran an und positioniert das Thema Gesundheitskompetenz auf der Schulentwicklungsebene. Es sollten Ansprechpersonen in der Schule für das Thema benannt, Maßnahmen zur Stärkung der Gesundheitskompetenz im und außerhalb des Unterrichts geplant, umgesetzt und weiterentwickelt werden sowie personelle, zeitliche und finanzielle Ressourcen zur Verfügung stehen.
Standard 3 widmet sich der Ausgestaltung des Schulalltages, die dazu beitragen soll, Schüler:innen darin zu unterstützen, Gesundheitskompetenz zu entwickeln und zu erproben. Die Ausgestaltung beinhaltet unterschiedliche Maßnahmen, wie beispielsweise die Anpassung bestehender Unterrichtsinhalte und -methoden, zugängliche Informationsangebote zur Gesundheit, die lebensweltnah, altersgerecht und diversitätssensibel sind, oder gesundheitskompetentes Vorbildhandeln des Schulteams.
Standard 4 und 5 knüpfen hier an und fokussieren die Stärkung der individuellen Gesundheitskompetenz unterschiedlicher Adressat:innen in der Schule: Standard 4 richtet sich an die Schüler:innen. Zur Stärkung ihrer individuellen Gesundheitskompetenz sollen im Schul- und Unterrichtsalltag Lernangebote geschaffen werden: Es soll Unterrichtsmaterialien und -inhalte geben, mithilfe derer sich Schüler:innen Gesundheitswissen und Kompetenzen erarbeiten können, um Gesundheitsinformation unterschiedlicher Quellen verstehen, kritisch hinterfragen und anwenden zu können. Dabei ist bei der Auswahl und Gestaltung der gesundheitsbezogenen Inhalte darauf zu achten, dass diese den Interessen, Wünschen und Bedarfen der Schüler:innen entsprechen. Das Thema Gesundheitskompetenz lässt sich an unterschiedlichen Stellen im Rahmen der schulischen Gesundheitsförderung und Prävention und als Querschnittsthema z. B. im Rahmen der digitalen Bildung oder Medienbildung aufgreifen. In Standard 5 wird das Schulteam, bestehend aus Schulleitungen, Lehrkräften und weiterem Schulpersonal, adressiert. Es gilt, Fort- und Weiterbildungsmöglichkeiten bereitzustellen und in Anspruch zu nehmen, die zur Stärkung der individuellen Gesundheitskompetenz beitragen. Zudem ist es ein wichtiges Anliegen, die Gesundheit des Schulteams zu adressieren und durch Maßnahmen und Verbesserungen der schulischen Rahmenbedingungen zu fördern.
Standard 6 stellt einfache, verständliche Kommunikation als Prinzip gesundheitskompetenter Schulen vor. Gespräche im Schulkontext zu und über gesundheitsbezogene Themen sollten so gestaltet werden, dass sie für alle einfach und verständlich sind (Schüler:innen, Eltern bzw. Erziehungsberechtigte etc.). Es gilt, für die Bedeutsamkeit von Kommunikation über gesundheitliche Themen (körperliche sowie psychische Gesundheit) zu sensibilisieren. Gleichzeitig sollten notwendige Fähigkeiten in Unterricht und Schulalltag vermittelt werden, dazu gehören z. B. das kritische Hinterfragen oder verständnisförderndes Kommunizieren. Da dafür auch Kenntnisse aufseiten der Vermittler:innen (z. B. Lehrkräfte) vonnöten sind, sollten hier Fort- und Weiterbildungsangebote anschließen, die Kommunikationsmethoden zur Vermittlung von gesundheitlichen Themen beinhalten.
Standard 7 und 8 beziehen sich auf das engere und weitere Schulumfeld: Standard 7 beschreibt einerseits, dass für ein gesundes Schulumfeld Gesundheitskompetenz in schulische Gesundheitsförderung und Prävention integriert werden sollte und genutzt werden kann, um Ziele schulischer Gesundheitsförderung zu erreichen. Andererseits soll hier auf Kooperation mit schulischen und außerschulischen Unterstützungs- und Gesundheitsdiensten gesetzt werden, damit Schule als (Erst)Anlaufstelle eine vermittelnde Rolle bei gesundheitsrelevanten Anliegen der Schüler:innen einnehmen kann. Auch gilt es, bei schulischen Gesundheitsthemen Eltern bzw. Erziehungsberechtigte als wichtige Bezugspersonen anzuerkennen und zu involvieren. Standard 8 setzt ebenfalls auf Vernetzung, Kooperation und (Erfahrungs‑)Austausch zum Thema Gesundheitskompetenz, allerdings liegt hier der Fokus explizit auf dem außerschulischen Umfeld und regionalen schul- sowie gesundheitsrelevanten Akteur:innen.
Die kurz umfassten Inhalte und Ziele der Standards werden in je sechs Indikatoren ausformuliert. Diese werden in einem Fragebogen abgebildet, mit dessen Hilfe die organisationale Gesundheitskompetenz gemäß dem GeKoOrg-Schule-Konzept erfasst werden kann [
39]. Schulen können den Fragebogen beispielweise im Rahmen von Schulentwicklungsprozessen zur Bestandsaufnahme anwenden. Die mit dem Fragebogen vorgenommene Selbsteinschätzung kann dabei helfen, die Schulorganisation hinsichtlich ihrer
Gesundheitskompetenzfreundlichkeit zu überprüfen: Welche Strukturen, Rahmenbedingungen, Abläufe usw. im Schulalltag stärken die Gesundheitskompetenz? Auf welcher Ebene bzw. in welchem Bereich befinden sich Leerstellen und zugleich Anknüpfungspunkte für die Planung und Realisierung von Veränderungen und Maßnahmen, um die Schule zu einer gesundheitskompetenten Schule weiterzuentwickeln? Der Fragebogen ist also ein Instrument, das Entwicklungsbereiche und Bezugspunkte innerhalb der Schulorganisation für eine Weiterentwicklung aufzeigen kann.