Was dem Gesundheitswesen fehlt? Aktive Patienten!

Über Ressourcen – vor allem fehlende – wird im Gesundheitswesen gerne diskutiert. Eine wichtige Ressource wird dabei völlig vergessen: die Patienten selbst. Über Patientensouveränität wird gesprochen, über den Patienten als Kunden oder den informierten Patienten. Doch in all diesen Betrachtungsweisen ändert sich an einem nichts: Der Patient ist und bleibt jemand, der im Falle der Erkrankung die Verantwortung für seine Gesundung faktisch vollständig abgibt und in die Hand des behandelnden Arztes, von Pflegekräften etc. legt. Genau so ist unser Gesundheitswesen aufgebaut, genau so funktionieren unsere Krankenhäuser. Selbst ein Klinik-Patient, der längst wieder selbst aufstehen kann, bekommt das Krankenhaus-Essen in den allermeisten Fällen am Bett serviert – Ausnahmen bestätigen die Regel! Der Bürger oder Versicherte, wie er gerne auch genannt wird, bekommt die Verantwortung für seine Gesundheit erst wieder zurück, wenn er das Gesundheitssystem wieder verlässt. Daran sind alle gewöhnt – Ärzte, Pflegekräfte und auch die Patienten selbst. Doch muss das wirklich so sein? Zeigen uns chronisch Kranke nicht längst, dass auch der (schwer) Erkrankte ein gewisses Maß an Verantwortung für sich und seine Gesundheit übernehmen kann, ja sogar muss, um trotz chronischer Erkrankung ein weitgehend normales Leben führen zu können? Sind chronisch Kranke, deren Zahl in Zukunft zunehmen wird, nicht das Paradebeispiel dafür, dass nur der Erkrankte selbst die Möglichkeit hat, vorhandene Einschränkungen so weit wie möglich zu kompensieren und mit diesen Einschränkungen dennoch ein lebenswertes Leben zu führen? Die daraus entstehende Konsequenz ist klar beschreibbar: Der Patient selbst ist eine zentrale Ressource bei der Wiederherstellung und Erhaltung von Gesundheit beziehungsweise der Kompensation von Einschränkungen durch zum Beispiel chronische Erkrankungen! Doch diese Ressource wird in unserem hoch entwickelten Gesundheitssystem bisher so gut wie gar nicht systematisch genutzt. Im Gegenteil: Wir planen weiterhin ohne sie und versuchen statt dessen mit aller Macht, die schwindenden professionellen Ressourcen über Anreizsysteme auszugleichen oder sie aus anderen Ländern mit schlechterer Bezahlung abzuwerben! Doch wir werden scheitern, denn kein Gesundheitsminister der Welt wird innerhalb von 20 Jahren die Zahl der professionell Pflegenden verdoppeln und junge Ärztinnen und Ärzte allein über finanzielle Anreize dazu bewegen können, in Regionen tätig zu werden, in die sie partout nicht wollen! Damit aber der Patient als zentrale Ressource für seine eigene Gesundung und Gesundheit wirklich aktiviert werden kann, bedarf es eines grundlegenden Umdenkens – in der Gesundheitspolitik ebenso wie in den Professionen des Gesundheitswesen! Befähigung zur Verantwortung für die eigene Gesundheit muss gelernt werden. Wo bleiben die Ansätze hierfür? Dr. Uwe. K. Preusker Der Publizist ist seit über drei Jahrzehnten im Gesundheitswesen aktiv. Er gilt als einer der versiertesten Kenner der Gesundheitsbranche.

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