Erschienen in:
01.08.2003 | Reproduktionsbiologie
Glukose, Glukosetransporter und Insulin
Bedeutung und Weichenstellungen in der frühen Embryonalentwicklung und für Wachstum und Entwicklung
verfasst von:
Prof. Dr. B. Fischer, A. Navarrete-Santos
Erschienen in:
Reproduktionsmedizin
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Ausgabe 4/2003
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Zusammenfassung
Ab dem Blastozystenstadium ist Glukose das Hauptenergiesubstrat für Embryonen der Säugetiere und des Menschen. Sie wird zur Energiegewinnung und für die Glykosylierung von embryonalen Proteinen, Lipiden und Nukleinsäuren benötigt. Die ATP-Synthese erfolgt sowohl über die Glykolyse als auch über den Zitratzyklus mit oxidativer Phosphorylierung in der Atmungskette. In den meisten Spezies scheint nur wenig Glukose über den Pentosephosphatzyklus verwertet zu werden. Der unter dem Aspekt der Energiegewinnung weniger effiziente anaerobe Abbau von Glukose zu Laktat soll für die Aufrechterhaltung des zytoplasmatischen Redoxpotenzials wichtig sein und stellt gleichzeitig eine Anpassung an die relativ niedrige Sauerstoffkonzentration im Uterussekret während der Blastozystenentwicklung dar. Die Glukosekonzentration im Uterussekret der Frau scheint in etwa der im Blut zu entsprechen. Hohe Glukosegehalte führen in vivo (in Diabetes mellitus-Tiermodellen) wie in vitro zu Entwicklungsretardierungen, einem Anstieg in der Apoptoserate und zu erhöhter embryonaler Mortalität. Ein völliger Entzug der Glukose ohne Substitution anderer Energieträger lässt eine Entwicklung über das Blastozystenstadium hinaus nicht zu.
Glukose wird über in der Zellmembran lokalisierte Glukosetransporterproteine (GLUT) energieunabhängig in die Zelle aufgenommen. Analysiert man die bei Präimplantationsembryonen vorkommenden GLUT-Isoformen, dann wird deutlich, dass fast alle derzeit bekannten Isoformen gebildet werden und dass das Expressionsmuster zell-, stadien- und speziesspezifisch variiert. Eine besondere Rolle für die blastozytäre Glukoseaufnahme kommt vermutlich dem Zusammenspiel der Isoformen GLUT3 und GLUT1 zu. Beide Isoformen werden von Blastozysten der bisher untersuchten Spezies (Maus, Ratte, Kaninchen, Rind) gebildet. Es stellt sich die Frage, warum neben diesen Isoformen, die die Glukoseaufnahme sichern können, noch mindestens 4 weitere Isoformen, davon 2 Glukosetransporter, die insulinabhängig reguliert werden (GLUT4, GLUT8), bei Blastozysten vorkommen. Unser derzeitiger Kenntnisstand zu dieser Frage lässt sich wie folgt zusammenfassen. An der Sicherstellung der Glukoseaufnahme bei Blastozysten können neben GLUT3/1 weitere Isoformen beteiligt sein. Es ist jedoch wahrscheinlich, dass die Glukosetransporter neben der Glukoseaufnahme weitere, derzeit noch nicht näher bekannte entwicklungsbiologische Funktionen ausüben.
Die insulinähnlichen Wachstumsfaktoren (Insulin, IGF-1, IGF-2) und ihre Rezeptoren sind wichtige Elemente der embryo-maternalen Kommunikation in der Frühschwangerschaft. Von einigen Spezies werden für Insulin zellspezifische Effekte mit einer vornehmlich auf die Embryoblastzellen gerichteten Wirkung berichtet. Da sich die Konzentration von Glukose und der insulinähnlichen Wachstumsfaktoren und die Expression der Glukosetransporter gegenseitig beeinflussen, kann es bei unphysiologischen Konzentrationen zu einer Störung der Blastozystenentwicklung und einer deletären Weichenstellung für die weitere Prä- und Postimplantationsentwicklung kommen. Insofern könnten sie als Einflussgröße bei der sog. Barker-Hypothese eine Rolle spielen.