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Erschienen in:

30.08.2021 | Gynäkologie und Geburtshilfe | Medizinrecht

Das gynäkologische Gutachten für das Sozial- und das Landessozialgericht

Insbesondere zu Arbeitsunfähigkeit, Erwerbsminderung und Schwerbehindertenrecht

verfasst von: Katrin Griesbach, Sabine Schmidt, Dr. jur. Jörg Schnitzler, LL.M. Eur.

Erschienen in: Die Gynäkologie | Ausgabe 9/2021

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Auszug

Gynäkolog/innen werden nicht selten von Sozialgerichten und Landessozialgerichten um die Erstattung eines Sachverständigengutachtens gebeten. Der vorliegende interdisziplinäre Aufsatz erläutert die Hintergründe und erleichtert die Bearbeitung. Es wird dargestellt, was Sozial- und Landessozialgerichte sind, was Sozialrecht ist, welche Fragen sich stellen können und was bei der Erstattung solcher Gutachten zu bedenken ist. Drei praktisch besonders bedeutsame Bereiche werden vertieft: die Begutachtung der Arbeitsunfähigkeit, der Erwerbsminderung und die Feststellung des Grades der Behinderung. …
Fußnoten
1
Dass die Bürgerinnen und Bürger immer auf der Klägerseite und die Behörden immer auf der Beklagtenseite sind, hängt damit zusammen, dass die Behörden durch sog. Verwaltungsakte entscheiden, z. B. Ablehnungsbescheide. Wenn eine Bürgerin sich dagegen wehrt, ist sie natürlich auf der Klägerseite. Wenn eine Behörde etwas von einer Bürgerin will (z. B. die Rückzahlung von überzahlten Sozialleistungen), muss die Behörde nicht Klage gegen die Bürgerin erheben, sondern erlässt einen Verwaltungsakt (z. B. einen sog. Erstattungsbescheid). Wenn die Bürgerin sich dann dagegen wehrt, ist sie auf der Klägerseite, obwohl eigentlich die Verwaltung etwas von ihr möchte.
 
2
§ 51 Abs. 1 und 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG).
 
3
Vgl. zum Landessozialgericht: §§ 28 ff., 143 ff. SGG, zum Bundessozialgericht (BSG): §§ 38 ff., 160 ff. SGG. Das Bundessozialgericht ist nur für Revisionen zuständig, prüft daher nur Rechtsfragen und holt deshalb keine Sachverständigengutachten ein.
 
4
Die Vergütung erfolgt nach § 10 Justizvergütungs- und -entschädigungsgesetz (JVEG), sie beträgt i.d.R. ca. 20,00 €, in aufwändigen Fällen auch mehr.
 
5
Dazu näher sogleich.
 
6
Obwohl in der Gynäkologie vereinzelt auch Männer und nichtweibliche Individuen behandelt werden (Mammakarzinom, Gynäkomastie, Inter‑/Transsexualität), wird der Einfachheit halber im Folgenden für die Klägerinnen und Kläger (s. Fußnote 1) ausschließlich die weibliche Form benutzt.
 
7
§ 106 SGG (Sozialgerichtsgesetz) bzw. 109 SGG. Die den Klägern bzw. Klägerinnen eingeräumte Möglichkeit zur Auswahl des Arztes, der das Gutachten erstellt, ist eine Besonderheit des SGG.
 
8
§ 109 Abs. 1 S. 2 SGG. Obwohl nach dieser Vorschrift die Einholung des Gutachtens nicht immer und zwingend von einem Vorschuss abhängt („kann davon abhängig gemacht werden“), entspricht es der Praxis wohl aller Sozialgerichte, nur dann ein Gutachten nach dieser Vorschrift einzuholen, wenn ein Vorschuss in der vom Gericht geforderten Höhe gezahlt worden ist. Nach Verfahrensabschluss hat das Gericht auf Antrag der Klägerin darüber zu entscheiden, ob die Kosten von der Staatskasse übernommen werden.
 
9
In diesem Falle würde das Gericht von der Klägerin einen weiteren Vorschuss anfordern.
 
10
§ 407a Abs. 1, Abs. 4 Zivilprozessordnung, vgl. Becker, MedSach 2008, 90.
 
11
Vgl. § 25 S. 1 (Muster‑)Berufsordnung für die in Deutschland tätigen Ärztinnen und Ärzte.
 
12
§ 407a Abs. 3 Zivilprozessordnung; etwas Anderes gilt nur bei Hilfsdiensten von untergeordneter Bedeutung.
 
13
Vgl. dazu: Schmidt/Schnitzler, MedR 2020, [1], S. 904 m.w.N. (mit weiteren Nachweisen).
 
14
Bundessozialgericht (BSG), Urt. v. 05.02.2008, B 2 U 8/07 R; BSGE 100, 25/27.
 
15
Näher und m.w.N.: Schmidt/Schnitzler, MedR 2020 [1, S. 904].
 
16
§ 406 Abs. 1 S. 1 Zivilprozessordnung.
 
17
Entscheidend ist nicht, ob die oder der Sachverständige tatsächlich voreingenommen ist, sondern vielmehr, ob bei unvoreingenommener Beurteilung der Eindruck entstehen konnte, dass Befangenheit besteht (s. § 60 SGG in Verbindung mit § 42 Abs. 2 Zivilprozessordnung, vgl. auch Keller, in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 13. Aufl. 2020, § 60 Rn. 7 [5].
 
18
§ 44 ff. SGB V.
 
19
§ 27 SGB V.
 
20
§ 31 SGB V. Zum Off-label-Use s. BSG, Urt. vom 13.08.2014, B 6 KA 38/13 R.
 
21
§ 43 SGB VI.
 
22
§ 8 SGB VII.
 
23
§ 9 SGB VII.
 
24
§ 44 Abs. 1 SGB V. Ein Anspruch auf Krankengeld besteht auch, wenn die Versicherte auf Kosten der Krankenkasse stationär behandelt wird; in solchen Fällen bedarf es aber i. d. R. keines Gutachtens.
 
25
Vgl. BSG, Urt. v. 22.03.2005, B 1 KR 22/04 R, BSGE 94, 247 = NZS 2006, 91.
 
26
Ausführlich: Schifferdecker, in: Kasseler Kommentar Sozialversicherungsrecht, § 44 Rn. 41 ff. (Stand: September 2020) [4].
 
27
BSG, Urt. v. 07.12.2004, B 1 KR 5/03 R, BSGE 94, 19.
 
28
Hintergrund ist, dass gem. §§ 192, 193 SGB V das auf der Beschäftigung beruhende Versicherungsverhältnis fortbesteht, s. dazu: Schifferdecker, in: Kasseler Kommentar, § 44 Rn. 48 f. (Stand: September 2020).
 
29
BSG, Urt. v. 04.04.2006, B 1 KR 21/05 R, BSGE 96, 182 = NZS 2007, 150.
 
30
BSG, Urt. v. 04.04.2006, B 1 KR 21/05 R, BSGE 96, 182 = NZS 2007, 150, Rn. 17.
 
31
Das Gericht wird daher z. B. fragen, welche Leistungseinschränkungen die Klägerin hat und ob sie in der Lage ist, z. B. leichte, mittelschwere oder schwere Tätigkeiten z. B. in Vollzeit zu verrichten.
 
32
§ 46 S. 1 Nr. SGB V.
 
33
§ 43 SGB VI; bis Dezember 2000 wurden die Renten noch Rente wegen Berufsunfähigkeit und Erwerbsunfähigkeit genannt.
 
34
§102 Abs. 2 SGB VI.
 
35
Steiner, in: Francke/Gagel/Bieresborn, Der Sachverständigenbeweis im Sozialrecht, 2. Aufl. 2017, § 3 A. 10. f), Rn. 130 [2].
 
36
BSG, Urt. v. 16.12.2014 - B 9 SB 2/13.
 
37
VMG Teil A, 2.a.
 
38
VMG Teil B 12.2.
 
39
VMG Teil B 17.10.
 
40
VMG Teil B 9.2.3.
 
41
VMG Teil B 3.11.
 
42
VMG Teil A, 2. f).
 
43
VMG Teil B 16.11.
 
44
vgl. Landessozialgericht für das Land Nordrhein-Westfalen, Urt. v. 03.09.2018, L 21 SB 102/16, juris; Landessozialgericht Sachsen-Anhalt, Urt. v. 19.02.2013, L 7 SB 19/11, juris.
 
45
Landessozialgericht Sachsen-Anhalt, Urt. v. 11.12.2013, L 7 SB 50/12, juris; Landessozialgericht Sachsen-Anhalt, Urt. v. 10.07.2013, L 7 SB 17/11, juris.
 
46
VMG Teil B 14.1.
 
47
VMG Teil B 3.11.
 
48
VMG Teil B 3.11 und 18.13.
 
49
VMG Teil B 9.2.3.
 
50
VMG Teil A, 2 b.
 
51
Es stellt für sich genommen noch keine bei der Bildung des GdB zu berücksichtigende Behinderung dar, dass eine geschlechtsangleichende Operation nicht den körperlich anatomischen Zustand einer Frau erreicht, vgl. Landessozialgericht Baden-Württemberg, Urt. v. 23.07.2010, L 8 SB 3543/09, juris Rn. 27.
 
52
In „jüngerem Alter“ sind Frauen nach herrschender Meinung bis einschließlich 50 Jahre. Wendler/Schillings, Kommentar Versorgungsmedizinische Grundsätze, 10. Aufl. 2020, S. 304, Landessozialgericht Sachsen-Anhalt, Urt. v. 18.09.2013, L 7 SB 91/12, juris Rn. 28.
 
53
Wendler/Schillings, Kommentar Versorgungsmedizinische Grundsätze, 10. Aufl. 2020, S. 304 [3].
 
54
Landessozialgericht Berlin-Brandenburg, Urt. v. 26.09.2019, L 13 SB 233/18, juris Rn. 28.
 
55
Landessozialgericht Rheinland-Pfalz, Urt. v. 22.08.2007, L 4 SB 73/07, juris Rn. 31.
 
56
Wendler/Schillings, Kommentar Versorgungsmedizinische Grundsätze, 10. Aufl. 2020, S. 304.
 
57
z. B. Verlust der Brust‑, Segment- oder Quadrantenresektion der Brust GdB 0 bis 20.
 
58
VMG Teil B 1 a).
 
59
VMG Teil A 3. a) bis d); Wendler/Schillings, Kommentar Versorgungsmedizinische Grundsätze, 10. Aufl. 2020, S. 34 ff.
 
60
Siehe i.E. Anlage 1 zum JVEG.
 
Literatur
2.
Zurück zum Zitat Francke J, Gagel A, Bieresborn D (2017) Der Sachverständigenbeweis im Sozialrecht, 2. Aufl. Francke J, Gagel A, Bieresborn D (2017) Der Sachverständigenbeweis im Sozialrecht, 2. Aufl.
3.
Zurück zum Zitat Wendler U, Schillings M (2020) Kommentar Versorgungsmedizinische Grundsätze, 10. Aufl. Wendler U, Schillings M (2020) Kommentar Versorgungsmedizinische Grundsätze, 10. Aufl.
4.
Zurück zum Zitat Körner A et al (Hrsg.) Kasseler Kommentar Sozialversicherungsrecht (Stand: September 2020) Körner A et al (Hrsg.) Kasseler Kommentar Sozialversicherungsrecht (Stand: September 2020)
5.
Zurück zum Zitat Meyer-Ladewig J, Keller W, Leitherer S (2020) SGG, 13. Aufl. Meyer-Ladewig J, Keller W, Leitherer S (2020) SGG, 13. Aufl.
Metadaten
Titel
Das gynäkologische Gutachten für das Sozial- und das Landessozialgericht
Insbesondere zu Arbeitsunfähigkeit, Erwerbsminderung und Schwerbehindertenrecht
verfasst von
Katrin Griesbach
Sabine Schmidt
Dr. jur. Jörg Schnitzler, LL.M. Eur.
Publikationsdatum
30.08.2021
Verlag
Springer Medizin
Erschienen in
Die Gynäkologie / Ausgabe 9/2021
Print ISSN: 2731-7102
Elektronische ISSN: 2731-7110
DOI
https://doi.org/10.1007/s00129-021-04846-w

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