Erschienen in:
24.11.2021 | MKG-Chirurgie | Nestoren der MKG-Chirurgie
Hans Pichler (1877–1949) – Begründer der MKG-Chirurgie und der zahnärztlichen Weiterbildung in Österreich
verfasst von:
Prof. Dr. Dr. Dr. Dominik Groß
Erschienen in:
Die MKG-Chirurgie
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Ausgabe 1/2022
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Zusammenfassung
Hans Pichler gilt als Nestor der Wiener Mund‑, Kiefer- und Gesichtschirurgie und als Namensgeber der „Pichler-Schule“. Doch auf welchen fachlichen Aktivitäten und Leistungen fußt diese Einordnung und wie war Pichlers politische Rolle im „Dritten Reich“? Besagten Fragen geht die vorliegende Studie auf der Grundlage zahlreicher archivalischer und gedruckter zeitgenössischer Schriften nach. Die Analyse zeigt, dass Pichler eine Reihe fachlicher Alleinstellungsmerkmale ausprägen konnte: Er etablierte nicht nur die erste „Kieferklinik“ Europas und erweiterte dort sukzessive das operative Spektrum, sondern er lieferte zudem wichtige Beiträge zur restaurativen Zahnheilkunde und bewies so eine ungewöhnliche fachliche Breite. Außerdem führte kein anderer zeitgenössischer Fachvertreter so viele akademische Schüler zu einer Karriere als ordentlicher Professor oder Klinikdirektor. Dennoch war Pichlers Laufbahn nicht ohne Makel. Er erreichte seine Professur trotz eines gescheiterten Habilitationsantrags und auch eine spezifische Lehrkanzel für Kieferchirurgie blieb ihm letztlich verwehrt. Pichlers Rolle im „Dritten Reich“ war die eines politischen Mitläufers. Er trat nach dem „Anschluss“ Österreichs der nationalsozialistischen Partei bei und zeigte sich regimetreu. Nach Kriegsende verlor er aufgrund seiner Parteimitgliedschaft die Anstellung an der Universität. In der Folgezeit beschönigte er seine Rolle im „Dritten Reich“ und erreichte so letztlich seine Streichung aus der „Liste der Nationalsozialisten“, wenngleich erst nach seinem unerwarteten Tod (1949).