Therapie der Hepatitis C

Nachdem 2017 die beiden letzten Kombinationstherapien mit Sofosbuvir/Velpatasvir/Voxilaprevir und Glecaprevir/Pibrentasvir zugelassen worden sind, wurden auf dem aktuellen AASLD-Kongress keine neuen Therapieregime vorgestellt. Real-World-Daten und Therapievereinfachungen stellen daher aktuell den Schwerpunkt der Berichterstattung vom AASLD dar. Verkürzung der Therapiedauer APRI-Score ist ein valider Marker zur Entscheidung zu einer Therapieverkürzung Eine Therapieverkürzung ist generell nur für bestimmte Therapieregime bei Patienten ohne Leberzirrhose zugelassen. Da valide Bestimmungen des Fibrosestadiums eine Elastografie (Fibroscan) notwendig machen, ist der Ausschluss einer Leberzirrhose im klinischen Alltag häufig schwierig. In einer prospektiven Studie konnte jetzt gezeigt werden, dass der einfach zu erhebende APRI-Score, der den Quotienten aus der GOT (AST) und der Thrombozytenzahl bestimmt, geeignet ist, um einen Schwellenwert festzulegen, unter dem eine Therapieverkürzung auf 8 Wochen mit der Therapie aus Glecaprevir und Pibrentasvir möglich ist, ohne den Therapieerfolg zu gefährden [1]. 8 Wochen Therapiedauer bei Leberzirrhose mit Glecaprevir/Pibrentasvir Nach der Zulassung einer 8-wöchigen Therapie für nicht-zirrhotische Patienten mit Glecaprevir und Pibrentasvir liegt aktuell eine Studie vor, die jetzt Patienten mit kompensierter Leberzirrhose mit den Genotypen 1, 2, 4, 5 und 6 für 8 Wochen mit der Kombination aus Glecaprevir und Pibrentasvir behandelt. Die Ergebnisse dieser Studie belegen, dass Patienten mit kompensierter Leberzirrhose genauso wie Patienten ohne Leberzirrhose für 8 Wochen behandelt werden können, ohne dass die SVR geringer ausfällt. Allerdings ist diese Kombination nur bei Patienten mit kompensierter Leberzirrhose untersucht worden und für Patienten mit Genotyp 3 liegen noch keine Studiendaten vor [2]. Therapieverkürzung unter Elbasvir/Grazoprevir bei Genotyp 1b-Patienten möglich? Ziel der vorliegenden Untersuchung war es zu prüfen, ob bei günstigen prädiktiven Faktoren eine Therapieverkürzung bei der Genotyp 1b-Infektion, die mit Elbasvir und Grazoprevir behandelt wird, auf 8 Wochen möglich ist. Hierbei zeigt sich, dass bei geringer Leberfibrose auch eine 8-wöchige Therapiedauer zu einer Heilungsrate >95 % führt. Im Vergleich zur 12-wöchigen Therapiedauer fällt jedoch eine höhere Relapserate auf, sodass generell eine Therapieverkürzung auf 8 Wochen bei der Genotyp 1b-Infektion für Elbasvir/Grazoprevir noch nicht empfohlen werden kann [3]. Therapie der Genotyp 1-Infektion unter Real-World Bedingungen: Wie hoch ist die Heilungsrate (SVR) und erfolgt die Therapie gemäß der Fachinformation? Für die Kombinationstherapie aus Elbasvir und Grazoprevir bei der Genotyp 1-Infektion gilt, dass bei der Genotyp 1b-Infektion eine 12-wöchige Therapiedauer angezeigt ist. Für die Genotyp 1a-Infektion hängt die Therapiedauer und die zusätzliche Gabe von Ribavirin von der Viruslast und gegebenenfalls einer Resistenzprüfung vor Beginn der antiviralen Therapie ab. Das Ziel dieser Studie war es daher, zu prüfen, inwieweit im klinischen Alltag bei Patienten in Deutschland die Regeln der Fachinformation bei Vorliegen einer Genotyp-1a-Infektion angewendet werden und wie hoch die Erfolgsrate ist. Insgesamt konnten in dieser Auswertung von Patienten, die im Rahmen des Deutschen Hepatitis C-Registers (DHC-R) behandelt worden sind, mehr als 97 % mit einer Genotyp 1a-Infektion geheilt werden. Mehr als 75 % der Patienten konnten mit einer Kombination aus Elbasvir und Grazoprevir für 12 Wochen behandelt werden. Nur bei 23,5 % der Patienten musste Ribavirin zusätzlich gegeben werden, was im Wesentlichen auf eine fehlende Resistenztestung zurückzuführen war. Auffällig war, dass der Prozentsatz der Patienten, die auf eine Resistenzmutation untersucht worden sind, bei einer Viruslast 800.000 U/ml aufwiesen. Insbesondere da bei Patienten mit einer Viruslast <800.000 U/ml eine Resistenztestung nicht vorgesehen ist. Insgesamt zeigt sich jedoch in der vorliegenden Auswertung aus dem Deutschen Hepatitis C-Register, dass auch Patienten mit einer Genotyp 1a-Infektion, die mit Elbasvir und Grazoprevir behandelt werden, sehr hohe Heilungschancen aufweisen [4]. Therapie bei aktiv Drogenabhängigen: ist ein Therapieerfolg möglich? Um eine Eradikation der Hepatitis C-Virusinfektion weltweit zu erreichen, ist es zwingend notwendig, Patientin aus Hochrisikogruppen zu behandeln, da diese die höchste Rate an Neuinfektionen aufweisen und nur eine Behandlung dieser Patienten die Inzidenz der Hepatitis C in der Hochrisikopopulation senken kann. In einer amerikanischen Studie wurden aktiv Drogen konsumierende Patienten, die mehrheitlich obdachlos waren, über 12 Wochen mit Sofosbuvir und Velpatasvir behandelt. Hierbei zeigte sich, dass trotz widriger Voraussetzungen hohe Heilungsraten erreicht werden können. Negativ prädiktive Faktoren für einen Therapieerfolg waren eine positive HCV-RNA größer 200 U/ml zu Therapiewoche 2 sowie eine kürzere Therapiedauer als 12 Wochen. Somit zeigt sich, dass auch bei Hochrisikopatienten trotz niedriger Adhärenz hohe Heilungsraten erreicht werden können [5]. Therapie bei Genotyp 3 und Zirrhose mit oder ohne Ribavirin Patienten mit einer Leberzirrhose weisen die höchste Dringlichkeit für eine antivirale Therapie auf. Patienten mit einer Genotyp 3-Infektion und einer Leberzirrhose weisen aktuell die geringsten Heilungsraten (ca. 95 %) bei der direkt antiviralen Therapie auf. In einer großen internationalen Kohortenauswertung konnte jetzt bei mehr als 700 Patienten, die mit Sofosbuvir, Velpatasvir +/- Ribavirin behandelt worden sind, gezeigt werden, dass die zusätzliche Gabe von Ribavirin nur bei Patienten mit dekompensierter Leberzirrhose oder dem Vorliegen von negativ prädiktiven Faktoren (hohe Steifigkeit im Fibroscan >20 KPa, niedrige Thrombozytenzahl <100/nl oder Albuminkonzentration <3,5 g/l) sinnvoll sein kann [6]. Rescue-Therapie bei Therapieversagen Re-Therapie mit Glecaprevir/Pibrentasvir Für die Re-Therapie nach einem Versagen einer DAA-Therapie steht derzeit nur die Kombination aus Sofosbuvir/Velpatasvir/Voxilaprevir zur Verfügung. In einer aktuellen Studie wurden Patienten, die mit Sofosbuvir und einem NS5a-Inhibitor bei einer Genotyp 1-Infektion erfolglos vorbehandelt worden waren, mit der Kombination aus Glecaprevir und Pibrentasvir für 12 oder 16 Wochen behandelt. Insbesondere Patienten mit einer Genotyp 1b-Infektion wiesen bei dieser Re-Therapie hohe Heilungsraten auf. Patienten mit einer Genotyp 1a-Infektion hingegen zeigten eine höhere Durchbruch- oder Relapserate, die dann auch mit einer komplexen Resistenzsituation verbunden war. Sollte eine Kontraindikation für eine Sofosbuvir-basierte Re-Therapie vorliegen, kann im Einzelfall insbesondere bei der Genotyp 1b-Infektion eine Re-Therapie mit Glecaprevir/Pibrentasvir diskutiert werden [7]. Re-Therapie mit Sofosbuvir/Velpatasvir/Voxilaprevir Nach der Zulassung der Triple-Therapie zur Re-Therapie bei Patienten mit Versagen einer DAA-Therapie liegen jetzt erste Real-World-Daten vor. In der größten Kohorte der amerikanischen Veteranen konnten mit der Kombination 573 Patienten behandelt werden und mehr als 80 % der Patienten konnten geheilt werden. Lediglich Patienten, die mit der Kombination aus Sofosbuvir und Velpatasvir vorbehandelt waren, wiesen geringere Heilungsraten auf. Weitere Kohorten aus Europa konnten dies bisher nicht bestätigen. Insgesamt ist die Re-Therapie mit Sofosbuvir/Velpatasvir/Voxilaprevir bei Patienten mit allen Genotypen mit oder ohne Leberzirrhose erfolgreich [8]. Sofosbuvir bei Dialysepatienten Der Einsatz von Sofosbuvir bei Patienten mit fortgeschrittener Niereninsuffizienz oder Dialyse ist gemäß Fachinformation derzeit nicht zugelassen. In der vorliegenden Studie wurden 59 Patienten mit terminaler Niereninsuffizienz mit Sofosbuvir und Velpatasvir behandelt. Die Therapie wurde komplikationslos toleriert, die Akkumulation des Metaboliten von Sofosbuvir hat zu keiner erhöhten Toxizität geführt. Die Therapie war mit einer Heilungsrate über 95 % sehr erfolgreich. Es bleibt die Frage bestehen, inwieweit die Toxizität des Sofosbuvir bei Patienten mit eingeschränkter Nierenfunktion – aber noch nicht bestehender Dialysepflichtigkeit – zu einer Verschlechterung der Nierenfunktion führt. Bei Patienten unter Dialyse kann im Einzelfall bei Vorliegen von Kontraindikationen für die Gabe eines Proteaseinhibitors ein Sofosbuvir-basiertes Therapieregime diskutiert werden [9]. Praxisrelevanz & Fazit Patienten ohne Leberzirrhose können in der Praxis für 8 Wochen behandelt werden. In Deutschland ist neben Sofosbuvir/Ledipasvir (Genotyp 1 und Viruslast <6.000.000 IU/ml) die Kombination aus Glecaprevir/Pibrentasvir (alle Genotypen) zugelassen. Die Europäische Leitlinie empfiehlt aktuell darüber hinaus auch Elbasvir/Grazoprevir (Genotyp 1b; Fibrose F0–F2) bei Patienten für 8 Wochen anzuwenden. Die aktuelle Studie vom AASLD zeigt jetzt, dass eine Verkürzung der Therapiedauer auf 8 Wochen zu einer höheren Relapserate führt, sodass generell diese Therapieempfehlung für die Kombination aus Elbasvir/Grazoprevir nicht gegeben werden sollte. Darüber hinaus konnte aktuell gezeigt werden, dass auch Patienten mit einer kompensierten Leberzirrhose, die mit Glecaprevir/Pibrentasvir behandelt werden, gleich hohe Heilungsraten mit einer 8-wöchigen Therapiedauer aufweisen wie bei der Standardtherapie mit 12 Wochen. Eine Leberzirrhose auszuschließen ist im klinischen Alltag sehr wichtig. Die hierfür notwendige Elastografie steht jedoch nicht flächendeckend zur Verfügung. Eine erste Studie konnte jetzt prospektiv zeigen, dass die Bestimmung des APRI-Scores mit einem Cut-off von 1,0 eine Leberzirrhose sicher ausschließen kann und Patienten, die einen APRI-Score <1 aufweisen, damit einer 8-wöchigen Therapie mit Glecaprevir/Pibrentasvir zugeführt werden können, ohne dass die Heilungsrate dadurch negativ beeinflusst wird. Patienten mit einer Leberzirrhose profitieren von einer antiviralen Therapie. Der Einsatz von Ribavirin bei der Genotyp-3-Infektion unter Therapie mit Sofosbuvir und Velpatasvir scheint nur bei fortgeschrittener Leberzirrhose mit weiteren negativen prädiktiven Faktoren (geringe Albuminkonzentration, geringe Thrombozytenzahl, hohe Steifigkeit in der Elastografie) oder bei Therapieerfahrung des Patienten sinnvoll zu sein. Bei Versagen einer DAA-Therapie (mindestens 2 DAA) sind die Rescue-Therapieregime hochwirksam, wobei derzeit nur die Kombination aus Sofosbuvir/Velpatasvir und Voxilaprevir für eine Re-Therapie in Deutschland zugelassen ist. Bei der Genotyp 1b-Infektion scheint auch die Kombination aus Glecaprevir und Pibrentasvir erfolgsversprechend zu sein, wenn eine Vortherapie mit Sofosbuvir und einem NS5a-Inhibitor primär erfolglos war. Für die Elimination einer Hepatitis C ist es zwingend notwendig, die Inzidenz in der Population von Hochrisikopatienten zu senken. Hierzu ist es notwendig, diese Patienten zu behandeln. Patienten mit einem intravenösen Drogenkonsum weisen eine Hepatitis C-Prävalenz >50 % (teils bis 90 %) auf. In einer ersten prospektiven Studie konnte jetzt gezeigt werden, dass auch bei Patienten mit intravenösem Drogenkonsum, die Großteils obdachlos waren, trotz schlechter Adhärenz hohe Heilungsraten mit der 12-wöchigen Therapie aus Sofosbuvir und Velpatasvir erreicht werden können. basierend auf: AASLD – The Liver Meeting® 2018, 09.-13.11.2018, San Francisco, USA Literatur (1) Fontana RJ et al. Hepatology. 2018; 68(Suppl. 1): 388A (653). (2) Brown RS et al. Hepatology. 2018; 69(December): in press. (3) Abergel A et al. Hepatology. 2018; 69(December): in press. (4) Hinrichsen HM et al. Hepatology. 2018; 68(Suppl. 1): 408A (687). (5) Kattakuzhy S et al. Hepatology. 2018; 68(Suppl. 1): 12A (18). (6) Fagiuoli S et al. Hepatology. 2018; 68(Suppl. 1): 360A (606). (7) Sulkowski MS et al. Hepatology. 2018; 68(Suppl. 1): 141A (226). (8) Belperio PS et al. Hepatology. 2018; 68(Suppl. 1): 142A (227). (9) Borgia SM et al. Hepatology. 2018; 69(December): in press. Daten, Ergebnisse und Kommentare zu den genannten Quellen werden auf der Homepage der Hepatitis-Akademie unter AASLD 2018: Aktuelle Therapie der Hepatitis B ausführlich vorgestellt. Direktlink zur Internetseite der Hepatitis-Akademie: http://bit.ly/hep_aka Auf www.hepatitis-akademie.de finden Sie darüber hinaus weitere Beiträge der Hepatitis-Akademie zu anderen hepatologischen Themen von der AASLD 2018 und früheren Kongressen, teilweise auch als E-Book verfügbar. Alle Angebote sind kostenfrei. Quelle: Hepatitis-Akademie (Publiziert: 12/2018)

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