Diagnose und Ätiologie
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HRS Typ 1 mit einer raschen Verschlechterung der Nierenfunktion, definiert als Anstieg des Serumkreatinins auf das Doppelte des Ausgangswerts und > 2,5 mg/dl innerhalb von 2 Wochen;
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HRS Typ 2 mit einer langsamen Verschlechterung der Nierenfunktion und einem Serumkreatinin > 1,5 mg/dl. Dies geht meist parallel mit einer Verschlechterung der Leberzirrhose und einer portalen Dekompensation mit dem typischen Befund eines therapierefraktären Aszites einher.
Ausgangskreatinin (S.Kr.) | Ein Kreatininwert (S.Kr.), der in den letzten 3 Monaten erhoben wurde. Bei mehreren Erhebungen sollte der Wert herangezogen werden, der am nächsten zum S.Kr. am Aufnahmedatum liegt. Liegen keine früheren Werte vor, kann der Aufnahmewert herangezogen werden |
Definition des AKI bei Zirrhose | Zunahme des S.Kr. ≥ 0,3 mg/dl (≥ 26,5 μmol/l) innerhalb von 48 h oder ein prozentueller Anstieg des S.Kr. um ≥ 50 % des Ausgangs-S.Kr., das innerhalb der letzten 7 Tage gemessen wurde |
AKI-Stadien bei Patienten mit Zirrhose | Stadium 1: Zunahme des S.Kr. ≥ 0,3 mg/dl (26,5 umol/l) oder Zunahme des S.Kr. über das 1,5- bis 2‑Fache des Ausgangs-S.Kr. Stadium 2: Zunahme des S.Kr. um das > 2- bis 3‑Fache Stadium 3: Zunahme des S.Kr. um das > 3-Fache vom Ausgangswert oder S.Kr. ≥ 4 mg/dl (353 μmol/l) mit akutem Anstieg ≥ 0,3 mg/dl oder Durchführung einer extrakorporalen Therapie |
Progression | Verschlechterung Richtung höheres AKI-Stadium |
Regression | Verbesserung Richtung niedrigeres AKI-Stadium |
Therapieansprechen | Kein Ansprechen: keine Regression Teilweises Ansprechen: Regression des AKI-Stadiums mit einer Reduktion des S.Kr. um ≥ 0,3 mg/dl oberhalb des Ausgangswerts Komplettes Ansprechen: Normalisierung des S.Kr. in einen Bereich innerhalb von ± 0,3 mg/dl des Ausgangswerts |
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Diagnose einer Zirrhose mit Aszites
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Diagnose einer AKI gemäß den Kriterien des International Club of Ascites (ICA)
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Keine Besserung der Nierenfunktion nach 2 hintereinander folgenden Tagen, an denen die Diuretika abgesetzt worden sind und eine Volumenexpansion mit 1 g Albumin/kgKG erfolgt ist
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Fehlen eines Schocks
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Ausschluss einer Therapie mit nephrotoxischen Substanzen („non-steroidal anti-inflammatory drugs“, Aminoglykoside, Röntgenkontrastmittel etc.)
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Keine makroskopischen Zeichen einer strukturellen Nierenschädigunga definiert durch:
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Fehlen einer Proteinurie (< 500 mg/Tag)
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Fehlen einer Makrohämaturie (< 50 Erythrozyten/pro Gesichtsfeld)
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Normaler Nierenultraschallbefund
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Infektionen | Spontan bakterielle Peritonitis |
Harnwegsinfekte | |
Pneumonie | |
Hautinfekte | |
Andere Infekte | |
Hypovolämie | Gastrointestinale Blutung |
Diuretikainduziert | |
Erbrechen und Diarrhö | |
Medikamente | „Non-steroidal anti-inflammatory drugs“ |
Antihypertensiva | |
Aminoglykoside | |
Röntgenkontrastmittel | |
Nierenerkrankungen bei viraler Hepatitis | |
Chronische Niereninsuffizienz bei Diabetes, Hypertonie etc. |
Therapie
Allgemeine Maßnahmen
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Absetzen nichtsteroidaler Antirheumatika bei dekompensierter Leberzirrhose
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Frühzeitiges rasches und adäquates Vorgehen bei Hypovolämie
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Vermeidung einer Hypovolämie – Vermeidung einer Diuretikaüberdosierung im Rahmen einer Aszitestherapie (maximaler Gewichtsverlust von 0,5 kg pro Tag)
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Albuminsubstitution bei spontan bakterieller Peritonitis und bei großvolumiger Parazentese
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Absetzen von β‑Blockern bei schwer beherrschbarem Aszites
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Antibiotikaprophylaxe bei Patienten mit einer erhöhtem Risiko einer spontan bakterieller Peritonitis
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NaCl-Hydrierung (oder NaHCO3?) bei Kontrastmittelgabe
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Aszitespunktion bei gespanntem Aszites
Therapie bei Zirrhose und akuter Niereninsuffizienz
Vasokonstriktor | Verabreichung |
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Terlipressin
| 0,5 mg–1,0 mg aller 4–6 h i.v., Dosissteigerung auf maximal 2 mg alle 4 h bis zur Erzielung einer normalen Nierenfunktion (S.Kr. < 1,3 mg/dl). Alternative: kontinuierliche Infusion von Terlipressin 4 bis maximal 12 mg/Tag i. v., Dosissteigerung bis zum Anstieg des mittleren arteriellen Blutdrucks ≥ 10 mmHg Maximale Therapiedauer 15 Tage in Kombination mit Humanalbumin |
Noradrenalin
| 0,5–3 mg/h als kontinuierliche Infusion (= 5 mg Arterenol®, Sanofi-Aventis, Frankfurt am Main, Deutschland, ad 50 ml NaCl in Perfusorspritze 0,1–0,6 μg/kgKG und Minute). Zielgröße: Anhebung des Blutdrucks um 10 mmHg. Therapiedauer bis zu einer Normalisierung der Nierenfunktion (S.Kr. < 1,3 mg/dl) in Kombination mit Humanalbumin |
Midodrin
| 7,5 mg p. o. 3‑mal täglich zusammen mit Octreotid 100 µg s. c. 3‑mal täglich bis zu einer maximalen Dosis von 200 µg s. c. 3‑mal täglich in Kombination mit Humanalbumin |
Humanalbumin
| 1 g Humanalbumin/kgKG am Tag 1 gefolgt von 20–40 g in den folgenden Tagen in Kombination mit dem Vasokonstriktor |
Fazit für die Praxis
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Bei Patienten mit fortgeschrittener chronischer Lebererkrankung besteht die erhöhte Gefahr einer Niereninsuffizienz.
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Bereits eine geringgradige Verschlechterung der Nierenfunktion führt zu einer Verschlechterung der Prognose.
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Eine Hypovolämie, induziert durch Parazentese bzw. gastrointestinale Blutungen, sowie Infekte und die Röntgenkontrastmittelgabe sind die häufigsten Auslöser einer Niereninsuffizienz.
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Das HRS ist eine besonders schwere Form einer Niereninsuffizienz (AKI 2 oder 3). Sie ist durch eine Umverteilung des Blutflusses in das Splanchnikusgebiet bedingt und geht mit einer renalen Vasokonstriktion einher. Eine Verschlechterung der Herzauswurfleistung bedingt durch hepatische Ursachen (verminderte Albuminfunktion) sowie die Gabe von β‑Blocker können über eine Verminderung der kardialen Reserve das Entstehen der Niereninsuffizienz begünstigen.
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Die derzeit effektivste Therapie des HRS ist die Gabe von Terlipressin plus Albumin. Damit kann bei bis zu 50 % der Patienten einen Normalisierung der Nierenfunktion erzielt werden.