Erschienen in:
23.01.2023 | Meningitis | Leitthema
Übertragungswege neuropathogener Erreger – mögliche Mechanismen der Neuroinvasion
verfasst von:
Dr. Dr. Eva Maria Craemer
Erschienen in:
Der Nervenarzt
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Ausgabe 4/2023
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Zusammenfassung
Trotz natürlicher Schutzbarrieren können viele humanpathogene Erreger in das Nervensystem eindringen. Krankheitserreger haben ausgefeilte Mechanismen entwickelt, um die privilegierte Immunstellung des Nervensystems auszuhebeln. Das Zentralnervensystem (ZNS) besitzt natürliche Barrieren und immunologische Schutzmechanismen, wie die Blut-Hirn- oder die Blut-Liquor-Schranke, die das Eindringen von Pathogenen verhindern. Bakterien gelangen bspw. durch transzelluläre Penetration, parazellulären Eintritt oder über infizierte Leukozyten aus dem peripheren Kreislauf in das ZNS. Viren können auf hämatogenen Wegen, durch direkte Infektion der Endothelzellen oder durch eine parazelluläre Passage zwischen gestörten Endothelialzellen (kribiforme Platte) in das ZNS gelangen. Aber auch „verstärkte Barrieren“ wie die Lamina cribrosa und zirkumventrikuläre Organe (CVO) können dem Virus als Eintritt dienen. Auch können Viren durch Infektion peripherer Nerven Zugang zum ZNS erhalten. Wichtig ist, dass die meisten erfolgreichen neurotropen Erreger nicht unbedingt auf ein ZNS-Eintrittsportal beschränkt sind. Ein Großteil viraler Erreger sind tierischen Ursprungs. Durch zum Teil ausgefeilte Immunmechanismen, bspw. in Fledermäusen, entstanden hochpathogene Krankheitserreger durch sog. artübergreifende Übertragung („cross-species transmission“). In den letzten 50 Jahren wurden verschiedene Viren wie u. a. West-Nile‑, Ebola‑, Marburg‑, Zika‑, Nipah‑, Hendra-Viren von Tieren auf Menschen übertragen. Zur Verhinderung, Eindämmung oder Prävention von ZNS-Infektionen ist die Kenntnis dieser biologischen Strategien von entscheidender Bedeutung.